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Der Kiltgang war ein heimliches Stelldichein und nächtlicher Besuch eines jungen Burschen bei einem Mädchen. Diese besondere Art der Brautwerbung war in weiten Teilen Mittel- und Nordeuropas bekannt; insbesondere aus dem alpinen und voralpinen Raum sind vielfältige Formen und Bezeichnungen – etwa Fensterln – belegt.
Das Wort Kilt geht auf das germanischekwelda- zurück, das die Zeit des Sonnenuntergangs bezeichnete. Die Tätigkeit des Kiltgangs wurde auch mit dem Verbum kilten und der Bursche als Kilter bezeichnet.
Obwohl von der reformierten Kirche bekämpft, erfreute sich der Kiltgang, bei dem es gelegentlich auch zum Geschlechtsverkehr kam, großer Beliebtheit. Voreheliche Schwangerschaften gaben den Verlobten die im bäuerlichen Umfeld kaum überschätzbare Gewissheit, dass sie Kinder bekommen konnten, und wurden deshalb relativ nachsichtig behandelt. Freilich riskierten die Frauen damit auch die Schande einer nichtehelichen Geburt.
Der Kiltgang (nächtlicher Besuch der Burschen bei den Mädchen) ist eine eingewurzelte und unvertilgbare Sitte im Canton Bern. Die Jünglinge besuchen nämlich die Mädchen Nachts, bald einzeln, bald in Gesellschaft. Der Weg geht durchs Fenster; vorher aber werden Zärtlichkeitsreden gehalten, die meist drollig genug sind; und auf diese folgt eine Art Capitulation. Endlich auf dem Gade (obere Stube) angelangt, werden sie von den Mädchen mit Kirschwasser – erfrischt. Alles weitere geht dann (wie man sagt) in der grössten Zucht und Ehrbarkeit zu! Ich mag das gerne glauben, obschon mir's nicht in den Kopf will: wie ein rüstiger Aelpler zum platonisieren kommen soll? und ob er blos dafür einen rauhen Bergweg von drey bis vier Stunden, oft bey Regen und Wind, machen würde, wie es manchmal der Fall ist. Zu dem gibt es oft Symptome, die nicht weniger als platonisch aussehen und zum Glücke meistens nach der Kirche führen.
Eine literarische Verarbeitung findet der Kiltgang im so genannten Kiltlied.
Schweizerisches Idiotikon, Band III, Spalten 242–246, Artikel Chilt mit Ableitungen (Digitalisat). [Kulturgeschichtlicher Einblick aus der Sicht des ausgehenden 19. Jahrhunderts.]
Der Kiltgang. Ein ernstes Freundeswort an christliche Aeltern und Hausväter. Jenni, Bern 1822. Digitalisat
Friedrich Jakob Beck: Ist das Nachtschwärmen und Kiltgehen eine unschuldige ländliche Sitte, oder aber eine wahre Landes- und Volkspest. Freimuthig beantwortet [usw.]. Aarau 1824.