einigen von Indigenen regierten Gemeinden Ecuadors auf kommunaler Ebene (neben Spanisch, z. B. in Otavalo), laut Verfassung Ecuadors von 2008 „Amtssprache für interkulturelle Beziehungen“
Die Bezeichnung rührt daher, dass der uvularePlosiv [q] in den nördlichen Quechua-Varianten (Chinchay) zu einem velaren Plosiv [k] (entsprechend dem deutschen k) geworden ist, auf Grund dessen der Laut [i] niemals wie [e], [u] dagegen niemals wie [o] gesprochen wird. Das Quechua-Wort qichwa (sprich: „ketschua“ mit uvularem k, d. h. weit hinten im Rachen) wird deshalb im Norden kichwa („kitschua“) ausgesprochen. Qichwa bedeutet eigentlich „Tal“ bzw. bezeichnet eine Höhenzone der Anden und deren Bewohner, die größtenteils Quechua sprechen bzw. sprachen. Auf Kichwa lautet die Selbstbezeichnung der Sprache Runashimi („Menschenwort“, auf Süd-Quechua Runasimi).
Entwicklung der Sprache in Ecuador
Im heutigen Ecuador (und Kolumbien, wo es aber nur einige Tausend Sprecher gibt) wurde das Quechua erst relativ spät Muttersprache der Bevölkerung. Spätestens mit der Eroberung durch die Inka wurde eine auf dem südlichen Quechua basierende Form jedoch als Lingua franca(Lengua general) unter den sprachlich sehr unterschiedlichen Völkern Ecuadors verbreitet. Infolge der Umsiedlungen und damit verbundenen Durchmischung von Menschen unterschiedlicher Herkunftssprache zunächst unter den Inka, später unter den Spaniern entwickelte sich das Kichwa als eine Kreol-Form der Quechua-Sprache. Während der Wortschatz des Quechua fast ganz übernommen wurde, gab es eine starke Umgestaltung in der Phonologie und Grammatik. Diese Veränderungen haben sowohl im ecuadorianischen Hochland als auch im Tiefland Ecuadors und in Kolumbien (Inga-Kichwa) stattgefunden.
Verdrängung und Verteidigung der Kichwa-Sprache
Seit der spanischen Eroberung, besonders aber seit Anfang des 20. Jahrhunderts, wird die Sprache zunehmend vom Spanischen verdrängt. Mit ihrem Aufstieg seit den siebziger Jahren haben indigene Organisationen in Ecuador, darunter ECUARUNARI als Repräsentation der Kichwa-Ethnien, die Verteidigung der Sprachen zum politischen Thema gemacht und erreichten die Verankerung der so genannten interkulturellen zweisprachigen Erziehung in der Verfassung von 1998, wenn auch Spanisch weiterhin die einzige verfassungsmäßige Amtssprache blieb. Seitdem wurden in eigener Verantwortung von Kichwa-Gemeinden zahlreiche zweisprachige Schulen eröffnet, ohne jedoch bisher eine flächendeckende Versorgung zu erreichen. In welchem Maße der Sprachverlust aufgehalten und umgekehrt werden kann, ist noch nicht abzusehen.
Auch 2008 scheiterte ein Antrag im Parlament, Kichwa als landesweite gleichberechtigte Amtssprache neben dem Spanischen in die neue Verfassung aufzunehmen. Stattdessen ist laut Artikel 2, Absatz 2 das Spanische Amtssprache Ecuadors; Kichwa und Shuar sind Amtssprachen für „interkulturelle Beziehungen“, die übrigen indigenen Sprachen für den „amtlichen Gebrauch der [jeweiligen] indigenen Völker“.[1][2]
Sprecherzahl
Die Angaben über die Sprecherzahl in Ecuador schwanken stark und werden meist zwischen 750.000 und 2 Millionen angegeben. In Kolumbien dürfte es einige Tausend, im peruanischen Amazonien einige Zehntausend Sprecher geben.
Bei der Volkszählung von 2001 wurden nur etwa 500.000 Sprecher in ganz Ecuador festgestellt[3]. Die Glaubwürdigkeit dieser Zahl ist jedoch umstritten.
Orthographie
Seit den neunziger Jahren gibt es für Ecuador eine einheitliche Orthographie (Quichua unificado, Shukllachishka Kichwa), die die vorherigen dialektbezogenen, aber ganz am Spanischen orientierten Schreibweisen abgelöst hat. Sie orientiert sich am peruanischen amtlichen Alphabet (Alfabeto oficial) für Quechua und wird in der Schule wie auch von anderen staatlichen Einrichtungen benutzt. Die christlichen Kirchen halten überwiegend noch an der spanischen Schreibweise fest, wie sie auch in den Bibelübersetzungen in verschiedene Quichua-Varianten zu finden ist,[4] jedoch hat Radio HCJB inzwischen eine Kichwa-Seite in der offiziellen Rechtschreibung.[5]
Wichtigste Unterschiede zum südlichen Quechua
Als südliches Quechua werden die Varianten von Süd-Peru (Chanka, Qusqu-Qullaw: Dialekte ab Huancavelica südwärts), Bolivien und Argentinien bezeichnet. Hier werden die Unterschiede des Kichwa von Ecuador im Vergleich dargestellt.
Verlust der Possessiv-Suffixe
Besitz- und Zugehörigkeitsverhältnisse werden ausschließlich durch Voranstellen des entsprechenden Substantivs oder Pronomens des Besitzenden, dem noch ein -pak angehängt werden kann, vor das Substantiv des Besitzes ausgedrückt.
Ein Überbleibsel der Possessiv-Endungen ist der Ausdruck für „Gott“, Apunchik (eigentlich „unser Herr“), was zeigt, dass bei der Missionierung noch eine ursprüngliche Stufe des Quechua mit Possessiv-Suffixen verwendet wurde.
Verlust der objektivischen Konjugation (Transition)
Das Objekt wird bei der Transition ausschließlich durch das Personalpronomen (bzw. Substantiv), meist durch Anhängen von -ta, ausgedrückt (wie im Spanischen oder Deutschen).
Das Pronomen für exklusives „wir“, ñuqayku (ñuqakuna), und die entsprechenden Verbalendungen (-niku/-yku/-ni llapa) sind verloren gegangen. Das vormals (und südlich von Ecuador nach wie vor) ausschließlich inklusive ñukanchik und die zugehörige Verbalendung -nchik drücken „wir“ allgemein (inklusiv wie exklusiv) aus.
Das progressive Infix -chka- ist verloren gegangen; seine Rolle wird vom ursprünglich reflexiven-ku- übernommen. Die Bedeutung von -ku- übernimmt das vormals inchoative-ri-.
Übernahme der Funktion von -pti- durch -kpi, -shkapi und -shkawan
Das Infix -pti- zur Bildung von Nebensatz-Äquivalenten ist verloren gegangen; seine Rolle wird von den Suffixen -kpi, -shkapi und -shkawan übernommen (entstanden aus -q bzw. -šqa und -pi bzw. -wan).
Verlust des Evidentialsuffixes -sh/-shi, Generalisierung von -mi
Das Evidentialsuffix-shi bzw. -sh ist in vielen ecuadorianischen Kichwa-Mundarten verloren gegangen. Stattdessen wird zum Ausdrücken von Information aus zweiter Hand nin oder ninmi angehängt. Das Suffix -mi wird oft selbst bei Informationen aus zweiter Hand angehängt, verliert also seine ursprüngliche Funktion (Wissen aus eigener Erfahrung).
Beispiele:
Deutsch
Qusqu-Qullaw
Kichwa
Unser Vater! (Vaterunser)
Yayayku! (Taytayku!)
Ñukanchik Tayta!
Ich liebe dich.
Munaykim.
Kanta munanimi.
Liebst du mich?
Munawankichu?
Ñukata munankichu?
Der Inka war der Sohn der Sonne.
Inkaqa intip churin kasqa.
Inkaka intipak churi kashka.
Das ist mein Haus.
Chayqa wasiymi.
Chayka ñuka(pak) wasimi.
Ist das dein Haus?
Wasiykichu chay?
Kan(pak) wasichu chay?
Ich arbeite (gerade).
Llamk'achkani.
Llankakuni.
Er kämmte sich.
Ñaqch'akurqan.
Ñakcharirka.
Als ich kam, arbeitete er (gerade).
Hamuptiy, llamk'achkarqanmi.
Ñukaka shamukpi, llankakurkami.
Einst pflegten die Tiere zu sprechen.
Ñawpa pacha uywakunaqa rimaqsi kasqa.
Ñawpa pacha wiwakunaka rimak kashka ninmi.
Aussprache
In der Aussprache gibt es ebenfalls Unterschiede zum südlichen Quechua. Neben der Angleichung des ursprünglichen [q] an das [k] sind zu nennen: „ll“ wird wie in Argentinien ausgesprochen (j in französisch Journal), „mp“ wie [mb], „nt“ wie [nd] und „nk“ wie [ng]. In manchen Dialekten gibt es auch ein „f“, wo sonst ein „p“ auftritt. Die stimmhaften Plosive b, d, g sowie das f sind jedoch nicht phonemisch und werden deshalb – auch in Angleichung an andere Quechua-Varianten – in der neuen Orthographie als p, t, k bzw. p wiedergegeben. Das „ch“ fällt vor „n“ durch Assimilation in der Aussprache mit dem „ll“ zusammen. Anders als in den südlichen Dialekten hat sich das ursprüngliche „sh“ (wie deutsch: sch) erhalten und hat phonemischen Charakter (z. B. pushak = „Führer“; pusak = „acht“).
Wortschatz
Der Wortschatz entspricht überwiegend dem südlichen Quechua, es gibt jedoch als Ausnahmen einige wichtige Wörter, die Kichwa nur mit dem zentralperuanischen (Ancash, Huánuco, Junín) und nordperuanischen Quechua gemein hat. Die beiden häufigsten sind chusku statt tawa für „vier“ und tamya statt para für „Regen“. Dazu kommen Entlehnungen aus anderen indigenen Sprachen Ecuadors.
Varianten des Kichwa
Regionale Varianten des Kichwa von Ecuador
Laut SIL International gibt es neun „Quichua-Sprachen“ in Ecuador, während die evangelische FEDEPI acht Varianten angibt (Kañar- und Saraguro-Kichwa zusammengefasst). Die lautlichen Unterschiede sind anhand eines Beispielsatzes verdeutlicht („Die Männer werden in nur zwei Tagen kommen“), dazu zum Vergleich in „Einheits-Kichwa“ sowie Südlichem Quechua:
(Quelle: FEDEPI – http://quichua.net/Q/Ec/Ecuador/E-QSC.html [mit Karte], erweitert. Abgerufen am 16. Sep. 2006, nicht mehr verfügbar)
Kichwa im peruanischen Amazonien
Das Kichwa von Nordperu in den Sprachinseln von San Martín (Lamas-Quechua) und Loreto entspricht in der Aussprache weitgehend den Kichwa-Mundarten Ecuadors und Kolumbiens, es hat aber überhaupt nicht die grammatische Umgestaltung bzw. Kreolisierung mitgemacht (so gibt es dort z. B. weiterhin zwei „wir“-Formen).