Nach ihrer Pensionierung 1974 entschloss sich Thieme im Jahre 1976 im Alter von 67 Jahren zu einer Geschlechtsangleichung und nahm den weiblichen Vornamen Kerstin an.
Kerstin Thieme lebte bis zu ihrem Tod 2001 als Frau. Ihre Tätigkeit als Komponistin setzte sie bis 1989 fort. Sie starb 2001 und wurde auf dem Ostfilderfriedhof in Stuttgart-Sillenbuch beigesetzt.
Musikalisches Werk
Erste Kompositionserfolge erzielte Thieme bereits in der Leipziger Zeit. Hierzu zählt 1934 die Uraufführung der „Variationen über ein Thema von Hindemith“ für großes Orchester im Leipziger Gewandhaus.[1] Schwerpunkte von Thiemes Kompositionstätigkeit bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem die Vokalmusik und Orchesterwerke. In den Kompositionen mit Texten tritt die menschliche Solo-Stimme zugunsten des Einsatzes von Chören häufig stark zurück. Thiemes Werken, die sich oft durch kühne Harmonien auszeichnen, fehlt es jedoch nie an Sanglichkeit und Textdeutlichkeit.[2]
Zu Thiemes wichtigen Arbeiten gehören unter anderem „Canticum Hoffnung“, ein Triptychon für Sopran solo und gemischten Chor (1973)[3] nach Texten von Nelly Sachs und das „Requiem“, dessen Uraufführung 1998 in Nürnberg erfolgte.[4] Zahlreiche Werke schrieb Thieme auch für Uraufführungen im Rahmen der seit 1951 stattfindenden Internationalen Orgelwoche (ION) in Nürnberg. Enge Verbindungen pflegte Thieme zu den in Nürnberg ansässigen Chören und Chorvereinigungen, wie dem Hans-Sachs-Chor[5] oder dem Bachchor St. Lorenz[6], die auch mehrfach Thiemes Kompositionen zur Uraufführung brachten.
Thieme erhielt für ihre Kompositionen mehrfach Preise, unter anderem 1989 beim von Elke Mascha Blankenburg mit ins Leben gerufenen Fanny-Mendelssohn-Wettbewerb für Komposition der Stadt Unna.[7] Bei mehreren Musikwettbewerben war Thieme als Jurorin tätig.
Literatur
Antje Olivier, Sevgi Braun: Komponistinnen aus 800 Jahren. 1. Aufl., Orig.-Ausg., Sequentia, Kamen 1996, ISBN 3-931984-00-1, S. 412.
Brunhilde Sonntag u. a. (Hrsg.): Annäherung III: an sieben Komponistinnen mit Berichten, Interviews und Selbstdarstellungen. Furore-Verl., Kassel 1987 (= Furore-Edition; 821), ISBN 3-9801326-5-X. (Bd. III behandelt Kerstin Thieme)