Das Kaisergebirge ist eine Gebirgsgruppe der Nördlichen Kalkalpen in den Ostalpen. Es befindet sich in Österreich im Bundesland Tirol zwischen Kufstein und St. Johann in Tirol. Das Kaisergebirge besteht aus zwei markanten Gebirgszügen, dem Wilden Kaiser und dem Zahmen Kaiser mit dem südöstlich vorgelagerten Niederkaiser. Es zählt zu den bekanntesten Gebirgsgruppen der Ostalpen und hat sowohl für Kletterer und Bergsteiger als auch für Wanderer eine große Bedeutung. Der größte Teil des Kaisergebirges ist Naturschutzgebiet und weder durch Straßen noch durch Seilbahnen erschlossen.
Das Kaisergebirge gliedert sich in den überwiegend aus blankem Kalkfels bestehenden Wilden Kaiser sowie den davon nordseitig gelegenen und südseitig überwiegend mit Bergkiefern (Latschen) bewachsenen Zahmen Kaiser. Beide Bergketten sind durch das 1580 m hohe Stripsenjoch miteinander verbunden und werden im Westen durch das Kaisertal, im Osten durch das Kaiserbachtal voneinander getrennt. Im Südosten wird das Kaisergebirge durch den deutlich niedrigeren und alpinistisch weniger bedeutenden Niederkaiser, welcher dem östlichen Teil des Wilden Kaisers vorgelagert ist, abgeschlossen.
Bereits in den 1920er Jahren forderten einzelne Naturliebhaber, darunter auch der „Kaiserpapst“ Franz Nieberl, einen stärkeren Schutz des einzigartigen Naturraumes des Kaisergebirges. Primäres Ziel dieses Schutzes sollte es sein, eine Übererschließung des Kaisergebirges durch Seilbahnen und Straßen zu verhindern. In der damaligen Zeit war solchen Überlegungen noch kein Erfolg beschieden. 1961 wurde dann nach einer Volksbefragung beschlossen, ein Naturschutzgebiet einzurichten, das am 19. April 1963 offiziell eröffnet wurde.[1]
Das Naturschutzgebiet Kaisergebirge,[2][3][4] das sämtliche Gipfel des Wilden und des Zahmen Kaisers umfasst, hat eine Größe von 102 km² und liegt auf den Flächen der Gemeinden Kufstein, St. Johann in Tirol, Ebbs, Ellmau, Going, Kirchdorf in Tirol, Scheffau und Walchsee und erstreckt sich von einer Höhe von 480 m bis zu einer Höhe von 2344 m an der Ellmauer Halt. Als einzige künstliche Aufstiegshilfe existiert im Naturschutzgebiet ein Sessellift zum Brentenjoch (Kaiserlift Kufstein), der zwischen August 2014 und April 2015 umfassend saniert wurde und am 1. Mai 2015 seinen Betrieb wieder aufgenommen hat.[5] Weitere Liftprojekte wurden wegen des Naturschutzgebietes nicht realisiert. Lange wurde auch der Bau einer Straße in das Kaisertal sehr kontrovers diskutiert, das Kaisertal war das einzige bewohnte Tal in Österreich ohne Straßenanbindung. Die Kaisertalstraße, welche jetzt von Ebbs aus durch den Annatunnel (Länge 813 m) ins Kaisertal führt, wurde am 31. Mai 2008 eröffnet. Sie wurde von der Gemeinde Ebbs als Privatstraße errichtet und darf nur von einem sehr engen Kreis von Berechtigten – wie Bewohnern, Bewirtschaftern, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – benutzt werden.
Die Flora und Fauna des Naturschutzgebietes ist sehr reichhaltig.
Der Kaiser gehört zu den nördlichen Kalkalpen und besteht vor allem aus Wettersteinkalk und Dolomit. Der Wettersteinkalk hat eine maximale Dicke von etwa 1000 m, was der Maximalhöhe der Felsabbrüche des Kaisergebirges entspricht. Die jüngeren Dolomite sind vor allem in den Mulden der Täler zu finden. Als Überbleibsel der Würmeiszeit finden sich ausgedehnte Moränenfelder. Entwässert wird das Kaisergebirge im Westen durch den Sparchenbach, der das Kaisertal durchfließt und später im Inn mündet, im Osten durch den Kaiserbach, der durch das Kaiserbachtal fließt und über den Kohlenbach in die Großache im Leukental mündet, und damit später in den Chiemsee fließt, sowie im Norden durch den Weissenbach und im Süden der Bereich westlich des sogenannten „Ellmauer-Tores“ von der Weißache, die ebenfalls in den Inn mündet, und östlich des „Ellmauer-Tores“ (Wasserscheide Ellmauer Tor) durch den Goinger Hausbach, bzw. den Rettenbach, welche beide in die Reither Ache, und damit später in die Großache und in der Folge in den Chiemsee münden. Zwischen Fleischbank und dem Totenkirchl befindet sich ein kleiner Kargletscher „Schneeloch“, der bei weiter steigenden Durchschnittstemperaturen bald verschwunden sein dürfte. Ganz im Westen des Gebirges befindet sich der als Badesee genutzte Hintersteiner See.
Geschichte
Die ersten Funde menschlicher Besiedlung im Kaisergebirge reichen 4000 bis 5000 Jahre zurück. Hierbei handelt es sich um bronzezeitliche Keramik in der Tischofer Höhle. Früher wurde die Höhle schon von steinzeitlichen Jägern besucht. Das beweisen Funde von Lautscher Spitzen, die ein Alter von etwa 27.000 bis 28.000 Jahren aufweisen. Damit stellt die Tischofer Höhle die bislang älteste, nachgewiesene Fundstelle menschlicher Erzeugnisse in Tirol dar.
Urkundliche Belege für eine Besiedlung des Kaisertals im Mittelalter reichen mindestens bis ins Jahr 1430 zurück. Aus diesem Jahr datiert ein Kaufvertrag für einen Bauernhof namens „Hinterkaiser“. Der Name „Kaiser“ für das Gebiet ist älter und findet sich schon im Jahre 1240 in einem Kitzbüheler Güterverzeichnis, wo von einer „Gamsgiayt an dem Chaiser“ die Rede ist. 1611 findet sich in den Landkarten Matthias Burgklehners die Bildbeischrift „Es ist in der Herrschaft Khueffstein der Kayser, ein sehr hoches Gepürg, so einer kaiserlichen Cron gleich ist, seiner vilfeltigen Zinggen halber, dann auch, dass er in der Heche vil Meils Wegs weit, als ob er rund und gekrönt ware, gesehen wird.“
Die touristische Erschließung beginnt im Kaisergebirge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf diese Zeit bis um die Jahrhundertwende entfallen auch die meisten dokumentierten Erstbesteigungen von Gipfeln. Es ist aber anzunehmen, dass die meisten Gipfel schon vorher sporadisch von Einheimischen bestiegen wurden, ohne dass dies je dokumentiert worden wäre.
Vor allem in der Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg waren die Kalkwände des Wilden Kaisers die Wiege der Münchner Kletterszene, in denen bekannte Kletterpioniere wie Hans Dülfer damals völlig neuartige Klettertechniken und -stile entwickelten. Die im Wesentlichen vor dem Ersten Weltkrieg entwickelten, teilweise ausgesprochen technikfixierten Kletterstile und -techniken prägten das Klettern im Kaiser bis in die 1960er Jahre hinein. 1977 wurde mit der Freibegehung der „Pumprisse“ durch Reinhard Karl und Helmut Kiene an der Fleischbank der VII. Grad eingeführt. In den 1970er und 1980er Jahren wurden eine ganze Reihe teilweise extrem schwieriger Sportkletterrouten im Kaisergebirge eröffnet. Die höchsten Schwierigkeiten erreicht derzeit die Route „Des Kaisers neue Kleider“ von Stefan Glowacz mit X+ am Fleischbankpfeiler. Der Geschichte der Erschließung des Kaisergebirges ist ein Ausstellungsschwerpunkt im Museum St. Johann in Tirol gewidmet.
Von West nach Ost gibt es folgende wichtige Übergänge im Wilden Kaiser, um vom Sölllandl ins Kaisertal bzw. Kaiserbachtal zu gelangen bzw. umgekehrt:
Sattel am Scheffauer (etwa 2040 m ü. A.), er verbindet die Steiner Hochalm (1257 m ü. A., Südseite) mit der Steinbergalm (Kaindlhütte) (1293 m ü. A., Nordseite) über den Südsteig zum Scheffauer und den Widauersteig (Klettersteig)
Sonneck (Direkter Übergang auf etwa 2210 m ü. A.), es verbindet die Kaiser Hochalm (1425 m ü. A., Südseite) mit dem Anton-Karg-Haus (Hinterbärenbad) (829 m ü. A., Nordseite) über den Südsteig zum Sonneck und den Güttlersteig und Bettlersteig
Kopftörl (2058 m ü. A.m), es verbindet die Gruttenhütte (1620 m ü. A., Südseite) mit dem Hans-Berger-Haus (Kaisertalhaus) (940 m ü. A., Nordseite) über den Südsteig und die markierte Route durch den Hohen Winkel
Ellmauer Tor (1997 m ü. A.), es verbindet die Gaudeamushütte (1270 m ü. A., Südseite) mit dem Stripsenjochhaus (1577 m ü. A., Nordseite) über den Steig durch das Kübelkar und die Steinerne Rinne sowie den Eggersteig.
Ackerlspitze (Direkter Übergang auf etwa 2315 m ü. A.), sie verbindet die Ackerlhütte (1455 m ü. A., Südseite) mit der Fritz-Pflaum-Hütte (1865 m ü. A., Nordseite) über die südliche Route via Niedersessel und Hochsessel und den Nordsteig.
Von West nach Ost gibt es folgende wichtige Übergänge im Zahmen Kaiser, um vom Kaisertal ins Inntal, Aschenbachtal bzw. Weißenbachtal oder Kaiserbachtal zu gelangen bzw. umgekehrt:
Ritzaualm (1161 m ü. A.), sie verbindet den Pfandlhof (793 m ü. A., Südseite) mit dem Gasthof Schanz (471 m ü. A., Nordseite) über den Ritzaualm-Steig und den Nordsteig (Schanzerwände).
Vogelbad (1860 m ü. A.), es verbindet die Hinterkaiserfeldenalm (1480 m ü. A., Südseite) mit der Aschinger Alm (955 m ü. A., Nordseite) über den Steig durch die Steingrube und das Eggersgrinn.
Pyramidenspitze (1997 m ü. A.), sie verbindet das Anton-Karg-Haus (829 m ü. A., Südseite) mit der Winkelalm (1193 m ü. A., Nordseite) über den Steig durch das Ochselweidkar und den Winkelkarsteig (Klettersteig)
Feldalmsattel (1433 m ü. A.), es verbindet das Anton-Karg-Haus (829 m ü. A., Westseite) mit der Feldalm (1302 m ü. A., Ostseite) über den Steig Richtung Ropanzen und den Steig zur Feldalm.
Stripsenjoch (1577 m ü. A.), es verbindet das Hans-Berger-Haus (940 m ü. A., Westseite) mit der Griesner Alm (1024 m ü. A., Ostseite) über den Steig via Neustadler-Wiese und den Steig über das Wildanger und die Russnleiten.
Fotos
Wilder Kaiser, Südseite (Ackerlspitze und Maukspitze)
Wilder Kaiser, Ostseite
Zahmer und Wilder Kaiser von Westen gesehen
Wilder und Zahmer Kaiser von Kössen/Nord-Ost gesehen
Markus Stadler, Andrea und Andreas Strauß: Bildband Kaisergebirge. 1. Auflage. Bergverlag Rother, 2009, ISBN 978-3-7633-7050-4.
Gebhard Bendler: Wilder Kaiser. Von Sommerfrischlern, Kletterlegenden, Skipionieren und dem Bergdoktor. 200 Jahre Alpingeschichte und Reisekultur. Tyrolia, Innsbruck-Wien 2016, ISBN 978-3-7022-3547-5.