KZ-Kommandant, auch Lagerkommandant, war die oberste befehlende Dienststellung innerhalb eines Konzentrationslagers der SS.
Allgemeines
Die Grundlagen der Dienstregeln für einen Lagerkommandanten ergeben sich aus einer Anordnung der SS Aufgabengebiete in einem Konzentrationslager. Der Status eines Lagerkommandanten wurde wie folgt bezeichnet:
„Der Kommandant eines Konzentrations-Lagers ist in allen, die einzelnen Abteilungen betreffenden dienstlichen Angelegenheiten, die höchste Instanz in personeller und sachlicher Hinsicht.“
Folgerichtig verfügte der Lagerkommandant in seiner Befehlsgewalt über alle disziplinarischen Angelegenheiten, die das SS-Personal der KZ betrafen (im Schriftverkehr der SS wurde Konzentrationslager mit KL angegeben). Dem Lagerkommandanten war ein Adjutant zugeordnet, der für die unmittelbare, vollständige und genaue Ausführung der Kommandanturbefehle verantwortlich war. Weiterhin war der Adjutant für den Schriftverkehr zuständig und hatte die dienstlichen Personalangelegenheiten (Führerangelegenheiten bei der SS genannt) für den Lagerkommandanten vorzubereiten. Auch der Besucherverkehr zu persönlichen Gesprächen des SS-Personals mit dem Lagerkommandanten wurde vom Adjutant vereinbart.
Die einzelnen Abteilungen im KZ unterstanden ihrerseits der Inspektion der Konzentrationslager (IKL), aber es gab Ausnahmeregelungen.[1] Eine direkte Unterstellung unter die IKL bestand für die Abteilungen der Wachtruppe, der Adjutantur und des Schutzhaftlagers.
Hierarchien
Der Dienstgrad der Lagerkommandanten richtete sich nach der Größe der KZ. Kleinere Lager und Außenkommandos unterstanden oft einem SS-Scharführer, große Lager (Hauptlager) führte ein SS-Hauptsturmführer oder SS-Obersturmbannführer.
Anzahl und Struktur der Abteilungen richteten sich ebenfalls nach der Größe der KZ. Beispiel:
- Abteilung I: Kommandantur-Stab
- Lagerkommandant
- Adjutant
- Gerichtsoffizier
- Fahrbereitschaft
- Schreibstuben
- Fernschreibstelle
- Ausweisstelle
- SS-Arrest
- Poststelle
- Abteilung II: Politische Abteilung (auch: Lager-Gestapo)
- Leiter der Abteilung
- Aufnahmestelle der Häftlinge
- Häftlingsangelegenheiten
- Erkennungsdienst
- Ermittlungen und Vernehmungen
- Standesamt
- Abteilung III: Schutzhaftlager (auch: Häftlingslager)
- Schutzhaftlagerführer
- Rapportführer
- Blockführer
- Arbeitsdienstführer
- Kommandoführer
- Abteilung III3a (im KZ Auschwitz): Arbeitseinsatz
- Arbeitseinsatzführer
- Arbeitsdienstführer
- Abteilung IV: Standortverwaltung
- Verwaltungsführer (Leiter der Standortverwaltung)
- Lager-Ingenieur
- Gefangenen-Eigentumsverwaltung
- Verpflegung
- Bekleidung
- Geräte
- Gebäude
- Effekten
- Abteilung V: Sanitätswesen
- Standortarzt
- Truppenärzte
- Lagerärzte
- SS-Krankenrevier
- Apotheke
- Häftlingskrankenbauten
- Abteilung VI: Truppenbetreuung und Schulung
- Leiter der Truppenbetreuung
Übersicht von KZ-Kommandanten (Auswahl)
Literatur
- Friedrich Karl Kaul, Joachim Noak (Hrsg.): Angeklagter Nr. 6 – Eine Auschwitzdokumentation. Akademie-Verlag, Berlin 1966.
- Martin Weinmann (Hrsg.): Das nationalsozialistische Lagersystem (CCP). Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1990.
- Wolfgang Sofsky: Die Ordnung des Terrors. Das Konzentrationslager. S. Fischer, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-10-072704-5.
- Karin Orth: Die Konzentrationslager-SS. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2004, ISBN 3-423-34085-1.
- Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Pendo-Verlag, Zürich 2002, ISBN 3-85842-450-1.
- Peter Neitzke (Hrsg.): Konzentrationslager Dokument F 321 für den Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2005, S. 334.
- Tom Segev: Die Soldaten des Bösen. Zur Geschichte der KZ-Kommandanten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1995, ISBN 3-499-18826-0.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0.
- Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Alber, München 1946, zuletzt: Heyne, München 1995, ISBN 3-453-02978-X.
Fußnoten
- ↑ Die doppelte Struktur der Befehlslinien der Unterstellung des SS-Personals im KZ nennt Wolfgang Sofsky Mehrliniensystem.
- ↑ Franziska Jahn: Riga-Kaiserwald, Warschau, Vaivara, Kauen (Kaunas), Płaszów, Kulmhof. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Band 8. C. H. Beck, München 2005, ISBN 978-3-406-57237-1, S. 26 ff.