Bereits zu den Unterhauswahlen im Jahr 1956 sowie den Oberhauswahlen im Jahr 1959 kandidierten einige Anhänger der Sōka Gakkai. Im Jahr 1962 erreichte die Gruppierung unter dem Namen Kōmei Seiji Renmei (公明政治連盟; „Bund für saubere Politik“) Fraktionsstärke.[8] Im Jahr 1964 formierte sich daraus die Kōmeitō. Sie gilt als politischer Arm der buddhistisch geprägten neuen religiösen Bewegung Sōka Gakkai (Gesellschaft zur Schaffung von Werten).[9] Programmatischer Inhalt der Partei war der humanitäre Sozialismus mit einer strikten Abgrenzung gegenüber den Kommunisten. Im Dezember 1994 wurde die Kōmeitō aufgelöst, nachdem die Allianz zwischen Sozialdemokraten und Liberaldemokraten sie in die Opposition zwang. Ehemalige Parteimitglieder gründeten sogleich zwei Parteien: die Kōmei (公明), die aus einigen Oberhausmitgliedern bestand, und die Kōmei New Party (公明新党), die vor allem aus Unterhausmitgliedern bestand. Letztere schloss sich sofort der Shinshintō an, einem Vorläufer der späteren Demokratischen Partei, deren größte Gemeinsamkeit in der Opposition zur LDP bestand. Die Kōmei bestand mit mäßigem Wahlerfolg eigenständig weiter. Ende 1997 löste sich die Shinshintō auf und ehemalige Kōmeitō-Mitglieder (organisiert im Reimei Club (黎明クラブ), reimei kurabu, „Morgendämmerungsklub“), die Kōmei sowie die rechte SplitterparteiHeiwa Kaikaku (平和・改革, „Friede und Reform“) – selbst eine Fusion aus der Shintō Heiwa (新党平和, „Neuen Partei Frieden“) und dem Kaikaku Club (改革クラブ, kaikaku kurabu, „Reform-Klub“) – schlossen sich 1998 zur Neuen Kōmeitō zusammen (sie bezeichnet sich selbst inzwischen auf Japanisch wieder als Kōmeitō, im Englischen aber bis 2014 als New Komeito).[10]
Neue Kōmeitō
Die neue Partei ist in der Formulierung ihres politischen Programms weniger eindeutig, auch um die neuen Mitglieder zu berücksichtigen, und ist in ihren Positionen näher an die Liberaldemokratische Partei (LDP) gerückt. Ab 1999 (damals unter der Regierung von Keizō Obuchi) arbeitete sie mit der LDP in einer Koalitionsregierung zusammen, nachdem die Vorgängerparteien lediglich in den Jahren 1993–1994 an der Regierung beteiligt waren, als die LDP in die Opposition gezwungen wurde. Außerdem legt die Partei Wert auf die Feststellung, dass sie finanziell und organisatorisch unabhängig von Sōka Gakkai ist, auch wenn sie von der Organisation unterstützt wird und die Stammwählerschaft von Politikwissenschaftlern weiterhin bei den Mitgliedern der Sōka Gakkai angesiedelt wird.[11] Die überwiegende Mehrheit der Parteimitglieder sind auch Mitglied der Sōka Gakkai.
Unter Premierminister Jun’ichirō Koizumi trug die Kōmeitō dessen innenpolitische Reformen zur Finanzmarktderegulierung und der Privatisierung der Staatspost mit, wandte sich aber gegen seine Besuche im Yasukuni-Schrein. Koizumis Versuche, den pazifistischen Artikel 9 der Nachkriegsverfassung zu ändern, stießen in der Partei auf Ablehnung: Während einige Mitglieder eine explizite Erwähnung der Selbstverteidigungsstreitkräfte unterstützten, lehnt die Partei eine Änderung der Kriegsverbotsklausel mehrheitlich ab. Dem Irak-Einsatz der Selbstverteidigungsstreitkräfte stimmte die Partei zu, betonte aber den humanitären Charakter des Einsatzes.[12]
Bei der Unterhauswahl 2009 wurde die zehn Jahre währende Koalition zwischen der LDP und Kōmeitō durch den japanischen Wähler abgewählt. Die Kōmeitō musste mit einem Verlust von 10 Sitzen auf nun 21 eine herbe Wahlniederlage hinnehmen und verlor alle ihre Wahlkreismandate, darunter das ihres Vorsitzenden Akihiro Ōta, der nicht über die Verhältniswahlliste abgesichert war. Folglich trat er von seinem Posten zurück und wurde von Natsuo Yamaguchi ersetzt.[13] Im Oberhaus verfügte die Partei nach der Wahl 2010 über 19 Abgeordnete.
Beobachter unterstellen der Partei, politischer Arm der Soka Gakkai zu sein. Diesen Umstand sehen Kritiker als einen Verstoß gegen Artikel 20 der japanischen Verfassung an, der eine Trennung von Religion und Politik vorsieht.[17][18] Ihren pazifistischen Kurs hat die Partei in den letzten Jahren zunehmend verlassen.[19][20]
Parteigremien
Nominell höchstes Entscheidungsorgan ist der Landesparteitag (zenkoku taikai), der regulär alle zwei Jahre zusammenkommt. Er bestimmt den Parteivorsitzenden (daihyō) und auf dessen Vorschlag die übrigen Mitglieder des „Zentralvorstands“ (中央幹事会, chūō kanjikai; 2014 umbenannt und umstrukturiert) der Kōmeitō. In der Zeit zwischen den Parteitagen wird die kleinere „Landesdelegiertenkonferenz“ (全国代表者会議, zenkoku daihyōsha kaigi) einberufen, die bei vorzeitigen Wahlen auch über die Besetzung des Vorstands entscheidet.
Parteivorsitzender ist seit 2009 Natsuo Yamaguchi, Generalsekretär ist Keiichi Ishii. Zum Parteivorstand gehören außerdem fünf Vizevorsitzende. Zusammen mit Akihiro Ōta als Vorsitzendem der „Landesdelegiertenkonferenz“ und 19 weiteren Mitgliedern bilden sie den „Zentralvorstand“ (chūōkanjikai), der in seiner Funktion in etwa dem Exekutivrat bei anderen Parteien entspricht. Vorsitzender des Politikforschungsrats (seimuchōsakai), der mit Ministerien und Parlamentsausschüssen an Gesetzentwürfen arbeitet, ist Yuzuru Takeuchi, Vorsitzender des Komitees für Parlamentsangelegenheiten Yōsuke Takagi.
In der „alten“ Kōmeitō vor 1994 hieß der Vorstand chūō shikkō iinkai (中央執行委員会, „Zentralexekutivkomitee“) und der Parteivorsitzende entsprechend chūō shikkō iinkai iinchō.
Am 1. Februar 2021 trat der ehemalige stellvertretende Generalsekretär der Partei, Kiyohiko Tōyama, aufgrund von Hostess-Besuchen und dem damit einhergehenden Verstoßes gegen Corona-Auflagen von seinen Ämtern zurück.[21][22][23]
Bisherige Parteivorsitzende
1964–1994 als 公明党中央執行委員会委員長Kōmeitō chūō shikkō iinkai iinchō, „Vorsitzende des Zentralexekutivkomitees der Kōmeitō“
Vorsitzende der rekonstituierten Kōmeitō seit 1998, zunächst als Vorsitzende des Zentralvorstands der Kōmeitō (公明党中央幹事会代表Kōmeitō chūō kanjikai daihyō), seit 2014 als 公明党常任役員会代表Kōmeitō jōnin yakuinkai daihyō, etwa „Vorsitzender des ständigen Vorstands[gremiums] der Kōmeitō“
George Ehrhardt, Axel Klein, Levi McLaughlin, Steven R. Reed (Hrsg.): Kōmeitō – Politics and Religion in Japan. Institute of East Asian Studies, University of California, Berkeley, 2014.
Sybille Höhe: Religion, Staat und Politik in Japan. Geschichte und zeitgeschichtliche Bedeutung von Sōka Gakkai, Kōmeitō und Neuer Kōmeitō. Iudicium Verlag 2011.
Ronald Hrebenar: The Komeito: Party of ‘Buddhist’ Democracy. In: Peter Berton, Ronald Hrebenar (Hrsg.): The Japanese Party System: From One-party Rule To Coalition Government. Westview Press, Boulder 1986, S. 147–180.
Ronald J. Hrebenar: The Komeito Returns: The Party of ‘Buddhist Democracy’. In: ders. (Hrsg.): Japan’s New Party System. Westview Press, Boulder 2000, S. 167–200.
S. Noma (Hrsg.): Kōmeitō. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993, ISBN 4-06-205938-X, S. 821.
Manfred Pohl: Die politischen Parteien. In: Manfred Pohl, Hans Jürgen Mayer (Hrsg.): Länderbericht Japan. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, 1998, S. 86 ff.: „Buddhistische Politik“? Eine Religionsgemeinschaft und ihre Partei: Sōka Gakkai und Kōmeitō
James W. White: The Sokagakkai and Mass Society. Stanford University Press 1970.
Okuyama Michiaki: Soka Gakkai as a challenge to japanese society and politics. (pdf; 132 kB) In: Religion and Politics on Present Day Japan. 7. Juni 2010, S. 83–96; abgerufen am 17. August 2022 (englisch, wiedergegeben auf politicsandreligionjournal.com).
↑党概要. In: komei.or.jp. Archiviert vom Original am 7. Dezember 2017; abgerufen am 13. Januar 2018 (japanisch).
↑Paul Kevenhöster: Das politische System Japans, Vs Verlag für Sozialwissenschaften, 1969, S. 100, ISBN 978-3-322-97895-0
↑George Ehrhardt: Rethinking the Komeito Voter. In: Japanese Journal of Political Science. Vol. 10. Cambridge University Press, 2009, S.1–20, doi:10.1017/S1468109908003344.