Oates’ erster Roman erschien im Jahr 1963. Seitdem hat sie mehr als 40 Romane sowie eine Reihe Theaterstücke, Novellen sowie mehrere Sammlungen von Kurzgeschichten, Lyrik, Essays und Biographisches veröffentlicht. In ihrem Werk finden sich sowohl realistisch-sozialkritische Themen (Jene, Foxfire) als auch Fantastisches (Bellefleur, Die Schwestern von Bloodsmoor). Ihre Jugendbücher wie Unter Verdacht und Sexy handeln zumeist vom Erwachsenwerden und den Schwierigkeiten, eine eigene Identität zu finden und sie gegenüber der Umwelt zu verteidigen. Oates gilt als eine der vielseitigsten und bedeutendsten Autorinnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur und wird seit Jahren zu den Anwärtern auf den Nobelpreis für Literatur gerechnet.
Zu den Auszeichnungen, die sie bislang in ihrem Leben erhalten hat, gehört der National Book Award für den Roman them (dt. Titel: Jene, 1970), zwei Mal der O. Henry Award und die National Humanities Medal. Sie war mehrfach für den Pulitzer-Preis nominiert: 1992 für Blackwater (dt. Titel: Schwarzes Wasser), 1994 für What I lived For (dt. Titel: Wofür ich gelebt habe) und 2000 für Blonde (dt. Titel: Blond).
Joyce Carol Oates ist das älteste Kind von drei Geschwistern. Ihre Mutter Carolina, geb. Bush, eine Tochter ungarischer Einwanderer, war Hausfrau. Ihr Vater Frederic James Oates arbeitete als Werkzeugmacher in einer Fabrik.[1][2] Joyce wurde katholisch erzogen, ordnet sich heute aber als Atheistin ein.[3] Ihr Bruder Fred Jr. kam 1943 zur Welt, ihre Schwester Lynn Ann, die autistisch ist, wurde 1956 geboren.[4] Sie wuchs in Millersport auf, einer von Arbeitern und Landwirten geprägten Gemeinde im US-Bundesstaat New York.[5] Sie selber sagte über ihre Kindheit, dass sie angesichts der Zeit, des Orts und der ökonomischen Verhältnisse das Glück gehabt habe, in einer glücklichen, eng zusammenstehenden und ansonsten ganz gewöhnlichen Familie aufgewachsen zu sein.[4]
Von großem Einfluss in ihrer Kindheit war ihre Großmutter väterlicherseits Blanche Woodside, die bei der Familie lebte.[5] Oates begann sehr früh sehr viel zu lesen und erhielt von Blanche unter anderem Lewis CarrollsAlice im Wunderland geschenkt. Oates selbst bezeichnet diese Erzählung als den größten Schatz meiner Kindheit und das literarische Werk mit dem größten Einfluss auf mich. Es war Liebe auf den ersten Blick!.[6] Bereits als junger Teenager begann sie Werke von William Faulkner, Fjodor Dostojewski, Henry David Thoreau, Ernest Hemingway, Charlotte Brontë und Emily Brontë zu lesen, von denen sie behauptet, dass ihr Einfluss bis heute nachwirke.[7] Oates begann im Alter von vierzehn Jahren zu schreiben –, die Schreibmaschine, die sie dafür nutzte, war ein Geschenk ihrer Großmutter Blanche.[5] Erst nach Blanches Tod erfuhr Oates, dass sich Blanches Vater das Leben genommen hatte und dass Blanche danach ihre jüdische Abstammung leugnete. Oates hat Einzelheiten aus dem Leben ihrer Großmutter in dem 2007 erstveröffentlichten Roman The Gravedigger’s Daughter (dt. Titel: Geheimnisse) verarbeitet.[5] Ihren Highschool-Abschluss machte Oates 1956, und sie war die Erste in ihrer Familie, die einen solchen Schulabschluss besaß.[4]
1956 erhielt Oates ein Stipendium und studierte in Syracuse[8] und an der University of Wisconsin Englisch und Philosophie. Sie erwarb 1960 den Bachelor of Arts und 1961 den Master of Arts. Bereits während ihres Studiums an der Syracuse University begann sie, sich intensiv dem Schreiben zu widmen, indem sie Roman um Roman verfasste und die Manuskripte wegwarf, sobald sie fertig waren.[9] Ihren eigenen Horizont begann sie zu erweitern, indem sie Erzählungen von D. H. Lawrence, Flannery O’Connor, Thomas Mann und Franz Kafka zu lesen begann. Unverändert billigt sie diesen Autoren einen Einfluss auf ihr eigenes Werk zu.[7] Im Alter von neunzehn Jahren gewann sie den College Short Story-Wettbewerb, der von dem amerikanischen Frauenmagazin Mademoiselle gesponsert wird. Evelyn Shrifte, Leiterin von Vanguard Press, lernte Oates kennen, kurz nachdem sie ihren Master gemacht hatte. 1963 erschien Oates’ erste Kurzgeschichtensammlung bei diesem Verlag.[10]
Ab 1961 war Joyce Carol Oates mit Raymond J. Smith (1930–2008) verheiratet, der als Professor für Literaturgeschichte in Princeton lehrte. Das Paar hatte keine Kinder. Gemeinsam gaben sie die „Ontario Review of Books“ heraus. Im März 2009 heirateten Joyce Carol Oates und der Neurowissenschaftler Charles G. Gross (1936–2019). Seit 2019 ist Oates verwitwet.
Preise und Auszeichnungen
1959: Mademoiselle College Fiction Award für In the Old World
1967: O.-Henry-Preis für die Kurzgeschichte In the Region of Ice
1968: Rosenthal Award, National Institute of Arts and Letters für A Garden of Earthly Delights
High Crime Area: Tales of Darkness and Dread (2014)
Lovely, Dark, Deep (2014)
The Doll-Master and Other Tales of Terror (2016)
Dis Mem Ber and Other Stories of Mystery and Suspense (2017)
Beautiful Days (2018)
Night-Gaunts and Other Tales of Suspense (2018)
Deutsche Zusammenstellung:
Die Lästigen : Eine amerikanische Chronik in Erzählungen. Ausgewählt von Gabriela Jaskulla. Eichborn (Reihe Die Andere Bibliothek), Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-8218-6237-8.
Deutsch: Bad Girls: Stories. Übersetzt von Birgitt Kollmann. dtv, München 2004, ISBN 3-423-62187-7.
Freaky Green Eyes (2003)
Deutsch: Mit offenen Augen: die Geschichte von Freaky Green Eyes. Übersetzt von Birgitt Kollmann. Hanser, München/Wien 2005, ISBN 3-446-20605-1.
Sexy (2004)
Deutsch: Sexy. Übersetzt von Birgitt Kollmann. Hanser, München/Wien 2006, ISBN 3-446-20792-9.
After the Wreck, I Picked Myself Up, Spread My Wings, and Flew Away (2006)
Deutsch: Nach dem Unglück schwang ich mich auf, breitete meine Flügel aus und flog davon. Übersetzt von Birgitt Kollmann. Hanser, München 2008, ISBN 978-3-446-20986-2.
Two or Three Things I Forgot to Tell You (2012)
Deutsch: Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe. Übersetzt von Brigitte Jakobeit. Hanser, München 2014, ISBN 978-3-446-24632-4.
Gavin Cologne-Brookes: Dark Eyes On America : The Novels Of Joyce Carol Oates. Louisian State University Press, Baton Rouge 2005, ISBN 0-8071-2985-2.
Joanne V. Creighton: Joyce Carol Oates. Twayne, Boston 1979.
Joanne V. Creighton: Joyce Carol Oates : Novels of the Middle Years. Twayne, Boston 1992.
Brenda Daly: Lavish Self-Divisions : The Novels of Joyce Carol Oates. University Press of Mississippi, Jackson 1996.
Ellen G. Friedman: Joyce Carol Oates. Ungar, New York 1980.
Mary Kathryn Grant: The Tragic Vision of Joyce Carol Oates. Duke University Press, Durham, NC 1978.
Greg Johnson: Invisible Writer : A Biography of Joyce Carol Oates. Dutton, New York 1998.
Greg Johnson: Joyce Carol Oates : A Study of the Short Fiction. Twayne, Boston 1994.
Greg Johnson: Understanding Joyce Carol Oates. University of South Carolina Press, Columbia, SC 1987.
Francine Lercangée: Joyce Carol Oates : An Annotated Bibliography. Vorwort und Anmerkungen von Bruce F. Michelson. Garland, New York 1986.
Monica Loeb: Literary Marriages : A Study of Intertextuality in a Series of Short Stories by Joyce Carol Oates. Peter Lang, Bern 2002.
Lee Milazzo (Hrsg.): Conversations with Joyce Carol Oates. University Press of Mississippi, Jackson 1989.
Torborg Norman: Isolation and Contact : A Study of Character Relationships in Joyce Carol Oates’s Short Stories, 1963–1980. Acta Universitatis Gothoburgensis, Göteborg 1984.
Hermann Severin: The Image of the Intellectual in the Short Stories of Joyce Carol Oates. Peter Lang, Frankfurt 1986.
P. Sreelakshmi: Elective Affinities : A Study of the Sources and Intertexts of Joyce Carol Oates’s Short Fiction. T. R. Publications, Madras 1996.
Linda W. Wagner (Hrsg.): Critical Essays on Joyce Carol Oates. G. K. Hall, Boston 1979.
G. F. Waller: Dreaming America : Obsession and Transcendence in the Fiction of Joyce Carol Oates. Louisiana State University Press, Baton Rouge 1979.
Nancy Ann Watanabe: Love Eclipsed : Joyce Carol Oates’s Faustian Moral Vision. University Press of America, Lanham, MD 1998.
Marilyn C. Wesley: Refusal and Transgression in Joyce Carol Oates’s Fiction. Greenwood Press, Westport, CT 1993.
Dokumentation
Joyce Carol Oates, die Frau der 100 Bücher. Regie: Stig Björkman, ARTE F, Schweden, 53 Minuten, 2023
Maile Chapman: Oates, Joyce Carol – Artikel zum Leben und Werk von Joyce Carol Oates in den Oxford Research Encyclopedias – Literature vom Juli 2017 (englisch)
↑Oates (2003), The Faith of a Writer. S. 14. Im Original lautet das Zitat: … the great treasure of my childhood, and the most profound literary influence of my life. This was love at first sight!
↑ abMilazzo, Lee, ed. Conversations with Joyce Carol Oates. University Press of Mississippi, 1989, S. 143.