Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vom Nationalsozialismus unbelastete Mitarbeiter für den Rundfunk gesucht.[2] US-Kontrolloffizier und Zensor Golo Mann, verantwortlich für die Personalauswahl und Programmgestaltung bei Radio Frankfurt, stieß auf Klee-Helmdach. Ab März 1946 war die 43-jährige für den Kinderfunk des im Vorjahr von den US-Amerikanern gegründeten Senders und des 1948/49 daraus entstandenen Hessischen Rundfunks tätig, den sie für 22 Jahre bis 1968 leitete. Zunächst in dem nach Zerstörung durch Bombardement notdürftig wiederhergestellten alten Funkhaus in der Eschersheimer Landstraße angesiedelt, zog sie ab 1. Juni 1951 mit in das neue Funkhaus am Dornbusch an der Bertramstraße bzw. Bertramswiese. Die Kinderfunk-Sendungen wurden in den Studios des umgewidmeten so genannten Rundbaus produziert, der ursprünglich als Sitz des Deutschen Bundestages vorgesehen war, wäre Frankfurt am Main Bundeshauptstadt geworden. Zeitgleich mit der Einführung seines zweiten Hörfunkprogramms (heute: hr2) am 15. Oktober 1950 erhielt dort der Kinderfunk tägliche Sendezeit, immer fünf Minuten vor den 19-Uhr-Nachrichten.[3]
Klee-Helmdach erlebte mit, als Eberhard Beckmann am 1. Juni 1946 von den US-Amerikanern zum ersten deutschen Nachkriegsintendanten von Radio Frankfurt ernannt wurde. Sie war ebenfalls dabei, als Beckmann am 18. Januar 1949 aus den Händen von General Lucius D. Clay die Sendelizenz für den Hessischen Rundfunk erhielt und als der US-Kontrolloffizier Robert H. Lochner am 24. Mai 1949 verabschiedet wurde. Ein wichtiger Meilenstein war auch die am 11. November 1950 beschlossene und per 1. Januar 1952 realisierte Einrichtung des Lautarchivs des Deutschen Rundfunks (heute: Deutsches Rundfunkarchiv), das beim Hessischen Rundfunk auf dem Gelände des Funkhauses am Dornbusch in Frankfurt angesiedelt wurde.[4][5] Dieses ermöglichte es durch Zustiftungen anderer Sender, bei Kinderhörspielen mehr und mehr auf Ton- und Geräuschaufnahmen zurückgreifen zu können, ohne diese in jedem einzelnen Fall durch einen versierten Geräuschemacher relativ aufwendig nachahmen lassen zu müssen.
Vom Office of Military Government for Germany (U.S.) (OMGUS) anfänglich als Instrument der Reeducation betrachtet, wurden der hessische Kinderfunk und Klee-Helmdach insbesondere durch die wöchentliche Sendung „Tante Jo und ihre kleine Bande“, jeweils sonntags um 14:00 Uhr, an der sie als „Tante Jo“ stets mit einer Gruppe von wechselnden Kindern nebst „Onkel Wullewatz“ maßgeblich mitwirkte, über viele Jahre und für sehr viele Kinder von Frankfurt am Main, in Hessen und angrenzenden Empfangsgebieten zu einer Institution, an die sich die Nachkriegsgeneration noch heute lebhaft erinnert.[6][7][8]
„Heiter sind wir, immer froh, wir und uns’re Tante Jo! – Wer Radio hört im Hessenlande, der kennt auch uns, die kleine Bande. –Hat's euch gefallen, liebe Kinderlein, dann schaltet nächsten Sonntag wieder ein!“
– O-Ton Radio Frankfurt bzw. Hessischer Rundfunk
In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre war der Rundfunk das wichtigste Informations- und Unterhaltungsmedium der deutschen Bevölkerung, auch der Kinder und Jugendlichen. Bis etwa zum Alter von 14 Jahren lauschten die Hörer, sowie auch viele Erwachsene, den Sendungen, in denen „Tante Jo“ ihre „kleine Bande“ belehrte. In den 1950er Jahren avancierte der Rundfunk (gemeint: der Hörfunk) zum Kultmedium, jedes zweite Kind unter 14 Jahren hörte fast täglich Kindersendungen.[8]
So erklären sich Klee-Helmdachs Bedeutung und Bekanntheitsgrad. „Tante Jo und ihre kleine Bande“ war zu dieser Zeit das Gegenstück zu Berlins „Onkel Tobias“ vom RIAS (Fritz Genschow) oder zu „Onkel Eduard“ vom NWDR bzw. dem späteren NDR (Eduard Marks). Die Hochphase des Hörfunks dauerte bis in die 1960er Jahre an, als das Fernsehen zunehmend Verbreitung fand und viele Funktionen übernahm.
Im Kollegenkreis erfreute sich Klee-Helmdach eines guten Rufes. Die Leiterin des Frauenfunks von Radio Frankfurt, die dort ebenfalls 1946 anfing, Dr. med. Gabriele Strecker, bezeichnete sie als „die immer liebenswürdige Leiterin des Kinderfunks, viel zu beschäftigt... “[9]
Klee-Helmdach war außerhalb des Funkhauses an zahlreichen Veranstaltungen beteiligt, teils mit ihrer „kleinen Bande“, beispielsweise vor Kindervorführungen in Frankfurter Filmtheatern (u. a. im Metro im Schwan im Steinweg) oder mit dem Kinderchor des hr.[10]
Bei einer Reihe von Hörfunkproduktionen und Hörspielen führte sie Regie.[11] Für den hr übernahm sie 1961 die Regie der Hörspielfassung des Kinderbuchs „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler.[12]
Nach ihrer Zeit beim Kinderfunk war Klee-Helmdach an weiteren Hörspielproduktionen, Theateraufführungen und bei Fernsehsendungen und -serien beteiligt.
Auch im hohen Alter war Josefine Klee-Helmdach noch vollständig über die aktuellen Interessen und Themen von Kindern und Jugendlichen orientiert und konnte mit dieser Altersgruppe in einer Weise kommunizieren, die den seit ihrer Zeit beim hr-Kinderfunk noch größer gewordenen Altersunterschied kaum spürbar werden ließ.[16]
Sie verstarb 91-jährig in der Medizinisch-Geriatrischen Klinik des Diakonissen-Krankenhauses im Frankfurter Stadtteil Nordend und wurde auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt.[17]
Hörfunk (Auszug)
Tante Jo und ihre kleine Bande
Zauberei auf dem Sender von Hans Flesch, als Märchentante, u. a. mit Fred Metzler – Hessischer Rundfunk, 1962 (Wiederaufnahme des verschollenen Original-Hörspiels von Radio Frankfurt aus dem Jahr 1924)
Die Geschichte einer Reise von Deutschland nach Deutschland – Hessischer Rundfunk, 1966
Der Struwwelpeter. Beliebte Kinderlieder zum Mitsingen. Polyband 7035
Struwwelpeter-Kantate für Kinder. Musik Kurt Hessenberg. Polyband CS 1255-6
Die kleine Bande im Hessischen Rundfunk. hrMedia. Frankfurt am Main 1999
Freundeskreis ehemaliger Funkkinder
1983, aus Anlass des 80. Geburtstages von Josefine Klee-Helmdach, hatte sich die Funkkinder- und Purzelgruppe zusammengefunden, um sich auch im Erwachsenenalter an die Zeit ihrer gemeinsamen Auftritte beim Kinderfunk zu erinnern. Diese Treffen fanden auch danach regelmäßig statt.[20]
Literatur
Herbert A. Frenzel, Hans Joachim Moser (Hrsg.): Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Schauspiel, Oper, Film, Rundfunk. Deutschland, Österreich, Schweiz. De Gruyter, Berlin 1956, DNB010075518, S. 358.
Gabriele Strecker: Überleben ist nicht genug: Frauen 1945–1950. Herder, Freiburg im Breisgau 1981. ISBN 3-4510-7915-1.
Horst Heidtmann: Zur Geschichte des Kinderradios in der Bundesrepublik. In: Alle mal herhören: Kinder wollen Radio. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (Hrsg.). Bielefeld 2002.
Sabine Hock: Liesel Christ. Volksschauspielerin. Eine Biographie. Verlag Waldemar Kramer. Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-782-90546-6.
Helga Schwuchow: Wir Kinder der 40er & 50er Jahre. Aufgewachsen in Frankfurt. Wartberg-Verlag. Gudensberg 2008. ISBN 978-3-8313-1834-6.
↑Anmerkungen zum Interview mit Josefine Klee-Helmdach von Hans-Peter Hess (hr), 1984
↑Für Kinder war sie „Tante Jo“. Josefine Klee-Helmdach ist im Alter von 91 Jahren gestorben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Oktober 1994, Nr. 231, S. 46
↑Jovan Evermann, Thomas Hruska: Der neue Serien-Guide. Das Lexikon aller Serien im deutschen Fernsehen von den Anfängen bis heute. Band 1. Schwarzkopf & Schwarzkopf 2004. ISBN 3896025139