Er war der Sohn des Landwirts und Schullehrers Jakob Baeyer (* 3. Mai 1769 in Müggelheim; † 7. Januar 1828 ebenda) und dessen Ehefrau Elisabeth Margarete, geborene Tisch (* 25. August 1768 in Müggelheim; † 20. Dezember 1822 ebenda).
Baeyer besuchte die Müggelheimer Dorfschule und erhielt, gefördert durch den Köpenicker Pfarrer Gronau, 1810 eine Freistelle am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin.
Er trat am 26. Februar 1813 als freiwilliger Jäger in das 3. Ostpreußische Infanterie-Regiment Nr. 4 ein und machte die Feldzüge von 1813, 1814 und 1815 mit. Während des Befreiungskrieges avancierte er zum Offizier und als die Mobilmachung des Jahres 1815 begann, wurde er zum Sekondeleutnant befördert und nach Aachen gesandt, um bei der Aufstellung der rheinischenLandwehr mitzuwirken. Nach längerer Zeit im nördlichen Frankreich ohne Kampfhandlungen entschloss er sich, Soldat zu bleiben und besuchte danach die von Gneisenau in Koblenz neu errichtete Kriegsschule, wo er sich besonders mit topographischen Arbeiten beschäftigte. General Karl von Müffling beauftragte Baeyer – erst in Koblenz, dann in Erfurt – mit topographischen Arbeiten. 1821 erfolgte die Abkommandierung zur Trigonometrischen Abteilung des preußischen Generalstabs. Ab 1826 hielt Baeyer an der Kriegsschule Vorlesungen.
1826 verheiratete er sich mit Eugenie Hitzig (1807–1843), der Tochter von Julius Eduard Hitzig. Mit ihr hatte er die vier Töchter Clara (* 1826), Emma (* 1831), Johanna (Jeanette) (* 1839), Adelaide (*/† 1843) sowie die drei Söhne Georg (* 1829), Eduard (* 1832) und Adolf (1835–1917).
Während seiner Offizierszeit als Kommissar des Generalstabs führte er wichtige Vermessungsarbeiten durch, unter anderem die ostpreußische Gradmessung mit dem Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel von 1831 bis 1836 zur Verbindung der preußischen und russischen Triangulierung, Küstenvermessungen an der Ostseeküste im Zeitraum 1837–1847, weitere Messungen zwischen der Odermündung und Berlin sowie an der Nordseeküste. Die Ergebnisse publizierte Baeyer in verschiedenen Büchern.
In der Zwischenzeit wurde Baeyer zum Chef der trigonometrischen Abteilung des Generalstabs ernannt, avancierte 1832 zum Major und wurde 1835 Mitglied der Studienkommission. Von 1835 bis zu seiner Verabschiedung aus der Armee als Generalleutnant 1857 leitete er zahlreiche wichtige Landvermessungen in Preußen. Im Jahre 1848 übernahm Baeyer für einige Monate das Amt des Königlich Preußischen Telegraphendirektors, nachdem der bisherige Telegraphendirektor Franz August O’Etzel aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig aus dem Amt schied. 1858 wurde er als Generalleutnant zur Disposition gestellt und mit der Ausführung des von Preußen übernommenen Anteils einer europäischen Längengradmessung unter dem 52. Parallelkreis betraut. Nach Ausscheiden aus dem preußischen Generalstab 1857 veröffentlichte Baeyer mehrere wissenschaftliche Arbeiten zur „Begründung der mitteleuropäischen Gradmessung“, die die Vermessung Mitteleuropas nach Längen- und Breitengraden und die Untersuchung lokaler Verhältnisse unter anderem des Schwerefeldes und der Erdkrümmung sowie die internationale Zusammenarbeit zum Ziel hatten.
Als er 1861 den Vorschlag einer mitteleuropäischen Gradmessung machte, vereinigten sich alle mitteleuropäischen Staaten zu gemeinsamer Ausführung dieses Unternehmens, das durch den Beitritt auch der übrigen europäischen Staaten (außer England) sich zu einer europäischen Gradmessung erweiterte. Die praktischen Arbeiten zur mitteleuropäischen Gradmessung begannen mit Beratungen im Jahre 1862 in Berlin. Für die Zwecke derselben wurde 1864 in Berlin ein unter Baeyers Leitung stehendes so genanntes „Zentralbüro der Europäischen Gradmessung“ errichtet. Auf Baeyers Antrag wurde 1869 das Geodätische Institut in Berlin gegründet, dessen Leitung er bis zu seinem Tode innehatte. 1886 zog das Institut nach Potsdam auf den Telegrafenberg. Das permanente Geodätische Institut kümmerte sich insbesondere um die Arbeiten zur mitteleuropäischen Gradmessung. Baeyer erwarb sich große Verdienste bei den organisatorischen Arbeiten zur internationalen Koordinierung der europäischen Vermessung. Die „Europäische Gradmessung“ war die erste und bis zum Ersten Weltkrieg die bedeutendste internationale geodätische Vereinigung. Die Konferenz von 1862 wird heute von der Internationalen Assoziation für Geodäsie als ihre Gründungskonferenz und Johann Jacob Baeyer als ihr Begründer angesehen.
Mit der Gründung wurde Baeyer am 1. Januar 1870 zum Leiter des Geodätischen Instituts Berlin berufen, das jährlich einen „Generalbericht über die europäische Gradmessung“, die Verhandlungen der Konferenzen der Kommissare und „Publikationen“ in einzelnen Heften veröffentlichte.
Baeyer lernte auch Alexander von Humboldt kennen, der ihn auf eine Forschungsreise mitnehmen wollte, Baeyer konnte aber krankheitshalber nicht daran teilnehmen. Er eignete sich bei der Reisevorbereitung chemische und mineralogische Kenntnisse an, die er auch seinem Sohn vermittelte, dem späteren Chemie-NobelpreisträgerAdolf von Baeyer (1835–1917). Baeyer widmete sein Werk Über die Größe und Figur der Erde mit einem huldigenden Vorwort Alexander von Humboldt.
Baeyer und die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin
Zum 100. Jahrestag des Bestehens der Internationalen Erdmessung im Jahre 1962 ehrte ihn sein Geburtsort Müggelheim gemeinsam mit dem Geodätischen Institut Potsdam mit einem Gedenkstein am östlichen Ende des Dorfangers, in nächster Nähe zu seinem im Zweiten Weltkrieg zerstörten Elternhaus. Der Gedenkstein ist eine Stele mit einem Bronze-Tondo des Baeyer-Kopfes im Profil. Sie krönt ein bronzener Globus, dem ein Gradnetz eingraviert wurde. Die Bronzearbeiten wurden von der Bronzegießerei Füssel aus Berlin ausgeführt. Die Inschrift lautet:
Dem Begründer der Internationalen Erdmessung 1794–1885 Johann Jacob Baeyer aus Müggelheim anläßlich des 100-jährigen Bestehens der internationalen Erdmessung im Jahre 1962
Gradmessung in Ostpreußen und ihre Verbindung mit Preußischen und Russischen Dreiecksketten. Ausgeführt von F.W.Bessel, Director der Königsberger Sternwarte, Baeyer, Major im Generalstabe. Berlin 1838 (der Text stammt von Bessel), urn:nbn:de:bvb:12-bsb10000711-6
Wissenschaftliche Begründung der Rechnungsmethode des Zentralbüreaus der europäischen Gradmessung. Berlin 1869–1871, 3 Hefte
Vergleichung einiger Hauptdreiecksketten der königlichen Landestriangulation mit der Besselschen Methode. Berlin 1879
Über die Nivellementsarbeiten im preußischen Staat und die Darstellung ihrer Resultate in richtigen Meereshöhen. Berlin 1881
Unter Baeyers Leitung veröffentlicht das Geodätische Institut seit 1863 jährlich einen „Generalbericht über die europäische Gradmessung“, die Verhandlungen der Konferenzen der Kommissare und „Publikationen“ in einzelnen Heften, so z. B.
Das Rheinische Dreiecksnetz II. Heft, Berlin 1878[6]
Verwandte Themen
Basis Bonn – Drei Vermessungspunkte nahe Bonn, die Baeyer 1847 für weitere Vermessungen anlegte.
Ernst Buschmann: Aus Leben und Werk von Johann Jacob Baeyer. In: Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen, Band 112, 1994, Institut für Angewandte Geodäsie, Berlin.
Karl Reicheneder: Gedenkstein für J.J.Baeyer. In: Zeitschrift für Vermessungswesen (zfv), Nr. 11/1962, S. 456.
Wolfgang Dick: Zur Vorgeschichte der Mitteleuropäischen Gradmessung. Beiträge zum J.J. Baeyer-Symposium, Berlin-Köpenick, 5.–6. November 1994, Deutsche Geodätische Kommission, Reihe E, Band 25, 1996, Frankfurt a. M.
Herbert Pieper: Johann Jacob Baeyer. Beiträge zum J.J. Baeyer-Symposium, Berlin-Köpenick, 5.–6. November 1994. Deutsche Geodätische Kommission, Reihe E, Band 25, 1996, Frankfurt a. M.
Joachim Höpfner: Johann Jacob Baeyer – ein hervorragender Geodät des 19. Jahrhunderts. (PDF; 6,5 MB). Vortrag auf der Tagung zu Fragen der wissenschaftlichen Geodäsie anlässlich des Beginns der Arbeiten zur „Mitteleuropäischen Gradmessung“ vor 150 Jahren; Berlin, 14. September 2012.
Th. Albrecht: Todes-Anzeige. In: Astronomische Nachrichten, Band 112, 1885, S. 377. (Nachruf auf J. J. Baeyer) bibcode:1885AN....112..377.
↑August Woldt: Die Gesellschaft für Erdkunde in Berlin. In: Die Gartenlaube. Heft 18, 1878, S.294–296 (mit Abbildung von Baeyer).
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 30.