Im deutschen Sprachraum wurde Didion vor allem durch ihr autobiografisches Buch The Year of Magical Thinking (2005) bekannt, in dem sie den Tod ihres Ehemannes und die lebensbedrohliche Krankheit ihrer Adoptivtochter Quintana Roo Dunne verarbeitete.
Didion wuchs an verschiedenen Orten der USA auf. 1956 erhielt sie einen Abschluss (B.A. in Literatur) an der University of California, Berkeley. Ihre publizistischen Anfänge führten Joan Didion 1955 nach New York[2], wo sie, wie zuvor etwa auch die angehende Schriftstellerin Sylvia Plath, bei der Zeitschrift Mademoiselle arbeitete. Danach schrieb Didion für das Modemagazin Vogue und war dort „junior editor“.[3]
Am 30. Januar 1964 wurden Didion und John Gregory Dunne in San Juan Bautista in San Benito County (Kalifornien) getraut. In der Folge arbeiteten sie eng bei der Erstellung von Drehbüchern für Fernsehfilme, Theaterstücke und Filme, wie z. B. The Panic in Needle Park (1971), A Star Is Born (1976) und True Confessions (1981) sowie einer Adaption von Novellen zusammen, die Dunne geschrieben hatte. In der Branche galten die beiden als das Vorzeigeehepaar, das sich gemeinsam zuarbeitete. Während ihre Stärke die Recherche und Essays waren, galt er als der bessere Romanautor und Analytiker menschlichen Verhaltens.
Didion verfasste fünf Romane und viele nicht-fiktionale Bücher. In Didions Werken geht es oft um Kalifornien, speziell in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Ihre Schilderungen von Verschwörungstheoretikern, Paranoikern und Soziopathen (dazu zählt auch Charles Manson) gelten heute als fester Bestandteil amerikanischer Literatur. Ihre Essaysammlungen Slouching Towards Bethlehem (1968) und The White Album (1979) – ein Buch, das immer wieder als Hilfsmittel zur Definition Kaliforniens als „weltweite Hauptstadt der Paranoia“ beschrieben wurde[4] – machten sie als Beobachterin der amerikanischen Politik und Kultur nachhaltig bekannt und in weiten Kreisen anerkannt: Greta Gerwig etwa – die Joan Didion als ihre „patron saint“ bezeichnet – reiht The White Album unter die zehn für sie wichtigsten Bücher: „This collection of essays helped me understand the world I was not around for but that still shaped my life. Her [=Joan Didions] truths are tiny knives, piercing the surface and bleeding out the illusions of life, especially life in California.“[5] Auch außerhalb der USA erwarb sich Joan Didion einen nachhaltigen Ruf als „arch chronicler of Californian and American life“[6].
In einem ausgeprägten Reportagestil verband sie persönliche Erfahrungen mit sozialen Analysen. Dadurch wird sie oft mit Vertretern des Neuen Journalismus wie Tom Wolfe und Hunter S. Thompson in Zusammenhang gebracht, obwohl diese Verbindung von ihr selbst nie als besonders eng gewertet wurde. „Her language is a marvel: elegant, precise, and straightforward. In person, as on the page, she says exactly what she thinks, and in exactly the number of words required. Hemingway was a formative inspiration“[7], so Maud Newton in der Laudatio auf Joan Didion anlässlich der Verleihung der National Humanities Medal 2012, und sie zitiert Didion: „‘Writing is the only way I’ve found that I can be aggressive,’ she once said. ‘I’m totally in control of this tiny, tiny world.’“
Didions Buch Where I Was From (2003) gilt als das Werk mit den stärksten biografischen Zügen. Es enthält sowohl gesammelte als auch neue Essays, Reflexionen und Mythen rund um Kalifornien. Ihr Buch ist eine Abrechnung mit dem Mythos vom erfolgreichen Individualismus; den Eigennutz der Kalifornier auf Staatskosten beleuchtet sie in allen Facetten.[9] Indirekt wirkt das Buch als Nachsinnen über den Mythos um die amerikanische Außengrenze, den wurzellosen, konsumorientierten Lifestyle, den Kalifornien mit vorangetrieben hat. Außerdem geht sie auf das schwierige Verhältnis zu ihrem Geburtsort und ihrer Mutter ein.
In dem autobiografischen Buch The Year of Magical Thinking aus dem Jahr 2005 verarbeitete Joan Didion den plötzlichen Tod ihres Ehemannes John Dunne und die lebensbedrohliche Krankheit ihrer Adoptivtochter Quintana Roo Dunne. Der Roman wurde in den USA ein Bestseller, gewann den National Book Award[10] und wurde für den Broadway umgesetzt.[11]Vanessa Redgrave, die das Ein-Frau-Stück auf der Bühne darstellte, sprach auch eine Hörbuchfassung des Textes.[12] Im deutschen Sprachraum ist das „Trauerprotokoll“ heute das bekannteste Werk von Joan Didion[13]. Kurz vor Erscheinen des Buchs starb Didions Adoptivtochter mit 39 Jahren. Ihre Hoffnungslosigkeit nach dem Verlust auch ihrer Tochter beschrieb Didion in dem Buch Blue Nights aus dem Jahr 2011.[14][15]
2015 erschien die erste Biographie über Joan Didion. Der Verfasser Tracy Dougherty, zuvor schon Biograph von Donald Barthelme und Joseph Heller, stand bei der Arbeit an seinem Buch nicht in persönlichem Kontakt mit Didion.[16]
Griffin Dunne, ein Neffe von Joan Didion, drehte den Dokumentarfilm Joan Didion. The Center Will Not Hold (USA 2017)[17].
Über Joan Didions Zusammenstellung von Essays Let Me Tell You What I Mean (2021) schrieb Maia Silber in Anspielung auf den Buchtitel, Didion schildere nicht, „zumindest nicht immer“, das, was sie meine, vielmehr zeige sie es. Nicht zuletzt sei sie eine scharfsinnige Beobachterin und Kritikerin des US-Pressewesens ab der Mitte des 20. Jahrhunderts.[18]
Didion hatte von Mitte der 1960er Jahre bis 1988 in Kalifornien gelebt und zog dann zurück nach New York City.[19] Dort starb Joan Didion im Dezember 2021 im Alter von 87 Jahren in ihrem Haus in Manhattan an den Folgen der Parkinson-Krankheit.[20]
Tracey Daugherty: The Last Love Song: A Biography of Joan Didion. St. Martin’s Press, New York 2015, ISBN 978-1-250-01002-5.
Sharon Felton (Hrsg.): The Critical Response to Joan Didion. Greenwood Press, Wesatport, Conn. 1994, ISBN 0-313-28534-9.
Ellen G. Friedman (Hrsg.): Joan Didion: Essays and Conversations. Ontario Review Press, Princeton, N.J. 1984, ISBN 0-86538-035-X.
Lynn Marie Houston und William V. Lombardi: Reading Joan Didion. Greenwood Press, Santa Barbara 2009, ISBN 978-0-313-36403-7.
Michelle C. Loris: Innocence, Loss and Recovery in the Art of Joan Didion. Peter Lang, New York 1989, ISBN 0-8204-0661-9.
Evelyn McDonnell: Joan Didion und wie sie die Welt sah, aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Schmittmann, Hamburg : HarperCollins, 2024, ISBN 978-3-365-00620-7
Mark Z. Muggli: The Poetics of Joan Didion’s Journalism. In: American Literature. Band 59, Nr. 3, 1987, S. 402–421.
Mark Royden Winchell: Joan Didion. (= Twayne’s United States Authors Series. 370). 2., revidierte Ausgabe. Twayne, Boston 1980, ISBN 0-8057-7535-8.