Jack Teagarden and His Orchestra war eine mit Unterbrechungen zwischen 1939 und 1946 bestehende Bigband, geleitet von Jack Teagarden. „Sieben Jahre Pech“, kommentierte der Teagarden-Biograf George Hoefer diesen Abschnitt, der zwar „musikalisch erfolgreich, aber mit dem Ergebnis eines unüberschaubaren Schuldenbergs“ ausging. 1947 musste Teagarden seine Band auf Combo-Format reduzieren.[1]
Der Posaunist und Sänger Jack Teagarden hatte zehn Jahre bei Ben Pollack und 1936 bis 1938 bei Paul Whiteman and His Orchestra gearbeitet. Nachdem sein Vertrag mit Whiteman zum Jahresende 1938 ausgelaufen war, gründete er Anfang 1939 seine eigene Bigband. Eine ihrer ersten Auftritte hatte das Orchester im New Yorker Roseland Ballroom. Der damalige Musikkritiker George T. Simon notierte kritisch: „Tonal [gemeint ist „klanglich“ und keine Orientierung an „Tonalität“] ist sie wunderbar. Rhythmisch kann man zu ihr bestens tanzen. Geistig bietet sie wenig Inspiration.“[2]
„Jack hatte die Band in einer Quasipartnerschaft mit Charlie Spivak aufgestellt, der eine herrliche Leadtrompete spielte“, schrieb Simon über das Entstehen des Orchesters. „Es waren noch weitere gute Musiker dabei, der Saxophonist Ernie Caceres, der JazztrompeterLee Castaldo, der Gitarrist Allan Reuss sowie ein exzellenter junger Klarinettist namens Clint Garvin.“[2] Am 20. Februar 1939 hatte Teagarden Gelegenheit, im New Yorker Paramount-Studio mit seinem neuen Orchester den Sänger Hoagy Carmichael in einem „Soundie“ (Regie Leslie Roush) zu begleiten.[3][4] Hoagy Carmichael sang u. a. seine Hits „Two Sleepy People“, „Washboard Blues“, „Rockin’ Chair“, „Star Dust“ und „Lazy Bones“; weitere Nummern präsentierte die Sängerin Meredith Blake.[5]
Am 14. April 1939 folgte in New York für Brunswick Records in ähnlicher Besetzung die erste Aufnahmesession des neuen Orchesters, bei der die Titel „Persian Rug“ (arrangiert von Red Bone) und die beiden Gesangsnummern „The Sheik of Araby“ (mit Teagarden/Meredith Blake, Gesang) und „Class Will Tell“ entstanden. Bei den folgenden Studioterminen in New York („I Gotta Right to Sing the Blues“) und Chicago wechselte Teagarden Musiker und Sängerinnen aus; hinzu kam der Trompeter Lee Castle (Castaldo); die Gesangsparts hatten Jean Arnold („That's Right - I'm Wrong“) und Linda Keene in „White Sails (Beneath a Yellow Moon)“, „featuring 16 men and a girl“, hieß er auf dem Etikett der Platte. „White Sails“ schaffte es auf #2 in der wöchentlichen Rundfunksendung Your Hit Parade.[5]
Am 4. Juni 1939 trat Jack Teagarden mit seinem Orchester in der Rundfunksendung Fitch Summer Bandwagon Show auf; am 23. Juni und am 19. Juli folgten weitere Aufnahmen für Brunswick in Chicago; Arrangeur war diesmal Fred Van Eps. Dabei entstanden Titel wie „Especially for You“, „Puttin’ and Takin’“ oder „Aunt Hagar’s Blues“, einen Titel von W. C. Handy, den Teagarden bereits ein Jahr zuvor mit Paul Whiteman and His Swing Wing (Decca 2145) eingespielt hatte. Am 22. und 23. August gastierte die Gruppe im Club Frank Dailey’s Meadowbrook in Cedar Grove, New Jersey; der Auftritt – u. a. mit den Standards „Three Little Words“, „Stairway to the Stars“ und der populären Basie-Nummer „One O’Clock Jump“ im Programm – wurde im Rundfunk übertragen. Mit dabei (wie auch beim Studiotermin für Columbia am 23. und 25. August in New York) war als Neuzugang die junge Sängerin Kitty Kallen, zu hören in „I'm Takin’ My Time with You“, „I Wanna Hat with Cherries“, „I’ll Remember“ und „Hawaii Sang Me to Sleep“. Ein weiterer Neuzugang war die Sängerin Dolores O’Neil, die ebenfalls in Cedar Grove auftrat („Especially for You“),[5] aber Teagardens Band schon bald wieder verließ.[2]
Im September 1939, bei einem weiteren Konzert in Frank Dailey’s Meadowbrook wechselte Dave Tough für Jacks jüngeren Bruder Clois „Cubby“ Teagarden[6] in die Band;[5] der Pianist Jack Russin (der Bruder von Babe Russin) kam für John Anderson beim nächsten Studiotermin am 25. September 1939 („Stop Kicking My Heart Around“).[5] „Teagarden, immer ein großzügiger Mensch,“ schrieb George T. Simon, „bezahlte [seine Musiker] gut – tatsächlich zu gut, denn bevor noch ein Jahr vergangen war, hatte seine finanzielle Großzügigkeit ihre Grenzen erreicht, und er war gezwungen, die Band mit billigeren Musikern neu zu besetzen.“[2] Dennoch soll Teagarden am Ende des ersten Jahrs des Bestehens seiner Bigband 50.000 $ Schulden gehabt haben.[7]
Im Oktober 1939 nahm Teagarden neben einer weiteren Gesangsnummer mit Kitty Kallen („So Many Times“) die Titel „Red Wing“, „Muddy River Blues“, „United We Swing“ und „Wolverine Blues“ auf. Bei der nächsten Session am 1. November (bei der „Beale Street Blues“, „Somewhere a Voice Is Calling“ und „Swingin' on the Teagarden Gate“ entstanden) kam Frank Ryerson für den ausscheidenden Charlie Spivak; Benny Pottle (Bass) ersetzte Art Miller.[5] Bei der CBS-Rundfunksendung Young Man With a Band im November spielte das Orchester die Andy-Razaf-Nummer „On Revival Day“ ein; gekoppelt mit „Wolverine Blues“ erschien sie als V-Disc.
Mit einer „runderneuerte[n] Teagarden-Gruppe“ ging der Bandleader am 5. und 8. Februar 1940 in ein Aufnahmestudio; für Varsity, ein 1939 gegründetes Sublabel der United States Record Corporation,[8] nahm das
Jack Teagarden Orchestra drei weitere Titel auf, „Can't We Talk It Over?“ „My Melancholy Baby“ und „If I Could Be With You (One Hour Tonight)“; letzteren hatte Teagarden bereits 1930 bei Ben Pollack aufgenommen. In Teagardens Orchester spielten nun John Fallstitch, Tom Gonsoulin (tp), Sid Feller (tp, arr), Jose Gutierrez, Seymour Goldfinger, Joe Ferrall (trb), Art St. John (as, bar), Jack Goldie, Tony Antonelli, Joe Ferdinando (as), Larry Walsh (ts), Nat Jaffe (p), Danny Perri (git), Arnold Fishkin (kb) und Paul Collins (dr), Arrangeur war der junge Pianist Phil Moore (1918–1987), der später selbst als Bandleader erfolgreich sein sollte. Irving Szathmary arrangierte die von Kitty Kallen gesungenen Titel dieser Session, „Love for Sale“, „You, You Darlin’“, „The Moon and the Willow Tree“ und „Wham [Re-bop-boom-bam]“, eine Nummer von Eddie Durham und Taps Miller.[9]
Bei der nächsten (und vorletzten) Varsity-Session am 15. April 1940 kam die Sängerin Marianne Dunn hinzu, zu hören in „Devil May Care“, „I Hear Bluebirds“ und in „Night on the Shalimar“; die Melodie basierte auf einem Teil der Polowetzer Tänze aus Alexander Borodins Oper Fürst Igor von 1888. In der orientalisch eingeleiteten Swingnummer „Fatima’s Drummer Boy“ war Jack Teagarden der Vokalist. Am 4. Juli holte Jack Teagarden seine Musiker vorerst ein letztes Mal ins Plattenstudio, wieder in veränderter Besetzung: Der Holzbläser Danny Polo ersetzte Benny Lagasse; neuer Bandvokalist war David Allyn: Eingespielt wurden die von Phil Moore arrangierten Gesangsnummern „Now I Lay Me Down to Dream“, „Wait Till I Catch You in My Dream“ und „River Home“ mit Allyn sowie „And So Do I“ mit Marianne Dunn.[5]
Ohne in den nächsten Monaten Schallplatten aufnehmen zu können, trat Jack Teagarden und sein Orchester weiterhin auf, so etwa am 11. Dezember 1940 im Arcadia Ballroom in New York;[5] als Rundfunkmitschnitte blieben die Titel „Dark Eyes [Otchitchornyia]“, „Blue Mist“ und „Frenesi“ erhalten. George Simon schrieb über diese Phase der Band: „Die weniger gut bezahlten Musiker arbeiteten hart und im letzten Quartal 1940 leitete Jack wieder eine Band, auf die er stolz sein konnte. Stilistisch reflektierte sie viele gute Eigenschaften ihres Leaders: Sie klang voluminös, erdig und männlich.“[2]
1941–1944
Am 6. Januar 1941 spielte Teagardens Orchester im New Yorker Decca-Studio vier weitere Titel ein, die Balladen „It All Comes Back to Me Now“„Here's My Heart“ mit David Allyn, ferner den Instrumentaltitel „Frenesi“ und „Accident’ly on Purpose“, ein Lied mit der Vokalistin Lynne Clark. Am 11. Januar folgte eine Jazzversion von Rachmaninoffs „Prélude cis-Moll“, außerdem „Chicks Is Wonderful“ und „Blues to the Lonely“ (eigentlich „Lonely Blues“), mit Pokey Carriere (tp), Teagarden (Gesang), Danny Polo (reeds), Ernie Hughes (p), Botkin, Arnold Fishkind (kb) und Paul Collins (dr) in kleinerer Besetzung.[10] Im Mai 1941 begleitete Teagarden mit seinem Orchester den Sänger Bing Crosby in dem Paramount-Musikfilm Birth of the Blues unter der Regie von Victor Schertzinger.[11] Crosby stellte in dem Film neben dem Titelstück (geschrieben von Ray Henderson, Buddy DeSylva und Lew Brown) „St. James Infirmary“, „My Melancholy Baby“ und „By the Light of the Silvery Moon“ vor, im Duo mit Mary Martin sang er „Wait till the Sun Shines Nellie“ und zusammen mit Teagarden und Martin „The Waiter and the Porter and the Upstairs Maid“.[5]
Am 7. Juli fand die letzte Decca-Session statt; Jack Teagarden holte Art Gold (tp) als Ersatz für John Fallstitch, Fred Keller (trb) für Seymour Goldfinger und Myron Shapler (Bass) für Arnold Fishkin in die Band. Eingespielt wurden vier Titel; Phil Moore steuerte die Instrumentalnummern „A Rhythm Hymn“ und „Prelude to the Blues“ bei, hinzu kamen „The Blues Have Got Me“ (ein Titel von Charlie LeVere) und „Nobody Knows the Trouble I’ve Seen“, mit dem Bandleader als Vokalisten.[5] In diesem Jahr kam es zu keinen weiteren Plattensessions, lediglich zwei sogenannte Transcription Sessions für den Standard Transcription Service am 21. bis 23. Oktober 1941 und am 17. Dezember 1941, mit Kitty Kallen („Has Anybody Here Seen Jackson“) und David Allyn („No Need to be Sorry“) als Vokalisten. Im November und Dezember ’41 entstanden außerdem noch Rundfunkmitschnitte aus dem Sherman Hotel in Chicago; zu hören ist Teagarden als Sänger in „Mr. Jessie“ und „One Hundred Years from Today“, ein Song von Victor Young und Ned Washington.[5] Wenig später musste Teagarden sein Orchester aus finanziellen Gründen auflösen.
Im November 1942 trat Teagarden mit seinem reaktivieren Orchester im Shangri-La in Philadelphia auf;[12] im August und September 1943 – es war die Phase des Recording ban – wurden Auftritte der von Teagarden erneut zusammengestellten Bigband aus Militärbasen in Wichita Falls in Texas, und Shreveport in Louisiana mitgeschnitten; Bandvokalistin war inzwischen Phyllis Lane, zu hören in Nummern wie „I Never Mention Your Name“ (ein Song, der 1943 durch Dick Haymes & The Song Spinners populär war), „People Will Say We're in Love“ (aus dem Musical Oklahoma!) oder „All or Nothing at All“, eine Nummer von Arthur Altman und Jack Lawrence. Am 5. November 1943 gastierte die Band in der Rundfunksendung AFRS Spotlight Bands, übertragen aus dem Militärcamp Blythe in Kalifornien; Jack Teagarden sang dabei eines seiner bekanntesten Titel seines Repertoires, „Baby, Won’t You Please Come Home“.[5]
Als Jack Teagarden's Chicagoans stellte Teagarden im November ’43 für Plattenaufnahmen für Capitol Records in Los Angeles ein Oktett mit Billy May (tp), Heinie Beau (cl), Dave Matthews (ts), Joe Sullivan (p), Dave Barbour (git), Artie Shapiro (kb) und Zutty Singleton (dr) zusammen („Stars Fell on Alabama“).[5] Anfang 1944 meldete der Billboard: „Jack Teagarden entschied sich für einen festen Wohnsitz in Los Angeles und wird von dort aus alle seine Bandaktivitäten fortsetzen.“[13]
Im August 1944 hatte Jack Teagarden mit einem neu zusammengestellten Orchester[14] ein Engagement im Trianon Ballroom in Los Angeles; Bandvokalistin war erneut Phyllis Lane. Es folgten wieder Auftritte in Armeestützpunkten, wie in Camp Blanding, Jacksonville, in Fort Briggs, North Carolina, und schließlich am 19. Dezember im Charleston Air Field, South Carolina. Ende 1944 löste Teagarden diese Band, in dem zeitweise auch Jimmy McPartland und sein Bruder Charlie Teagarden spielten, wieder auf.[2]
Der Chronist und Zeitgenosse George T. Simon resümierte: „Jacks Karriere als Bigband-Leader war nur kurz und relativ unspektakulär, doch sie war immer musikalisch und oft sehr inspirierend.“[2] Nach Ansicht von Digby Fairweather war Teagardens Band „spät dran - seine erste wurde vier Jahre nach der Krönung von Benny Goodman zum King of Swing gegründet – und er fand sich oft der Gnade unehrlicher Agenten ausgeliefert, den Einberufungen [zum Militar] und schlicht seiner eigenen Unfähigkeit, in geschäftlichen Belangen schnell genug zu denken.“[16]
Für Richard Cook & Brian Morton tendieren die frühen Aufnahmen des Orchesters von 1939/40 zu „anspruchslosem, kommerziellem Swing“; es dominierten die Titel mit der Vokalistin Kitty Kallen. Bei den (wenigen) Instrumentalnummern seien „Wolverine Blues“ und „The Blues“ hervorhebenswert. die drei Decca-Sessions seien ein hervorragendes Vehikel für Teagarden; er spiele „mit souveräner Autorität“ Titel wie „Blue River“, „Black and Blue“, „The Blues Have Got Me“ und vor allem „Nobody Knows the Trouble I've Seen“.[17]
Für George Simon zeichnen sich die Aufnahmen der ersten Formation des Orchesters „durch Jacks warmes Spiel und seinen Gesang sowie durch Spivaks brilliante Trompete [aus; sie] machte einige exzellente Aufnahmen von Standards wie ‚The Sheik of Araby‘, ‚I Gotta Right to Sing the Blues‘ (seine Erkennungsmelodie), ‚Aunt Hagar’s Blues‘, ‚Peg O’ My Heart’, ‚Sometimes a Voice Is Calling‘ und natürlich die bekannteste seiner Aufnahmen, ein swingendes Arrangement von ‚Red Wing‘.“[2]
Diskographie (Schellack)
Titel (A) Autor(en)
Titel (B) Autor(en)
VÖ
Labelnummer
Bemerkungen
White Sails (Beneath A Yellow Moon) Charles Kenny, Harry Archer
Die Produktionen des Philharmonic Label wurden zwischen 1939 und 1944 produziert und waren für den Verkauf bei Händlern der Firestone Tire & Rubber Company bestimmt.[18]
↑Der Titel wurde auch von Lucius Antoine Tyson (1911–1972) alias Doctor Sausage & Five Pork Chops aufgenommen (Decca 7736; Tyson war zehn Jahre später als Doc Sausage And His Mad Lads mit Rag Mop erfolgreich.), außerdem von Jimmie Lunceford und Teddy Wilson gecovert.
↑The American Dance Band Discography 1917–1942: Arthur Lange to Bob Zurke. hrsg. von Brian Rust. Arlington House Publ., New Rochelle 1975.
↑Jack Teagarden and His Orchestra, 1944, mit Clair Jones, Val Salata, Tex Williamson, Bob McLaughlin, Charlie Teagarden (tp), Jack Teagarden (tb, vcl), Wally Wells, Ray Olsen (trb), Dale Stoddard, Gish Gilbertson, Vic Rosi, Ken Harpster, Clark Crandall (reeds), Don Seidel (p), Don Tosti (kb), Frank Horrington (dr), Phyllis Lane (vcl)
↑Jack Teagarden and His Orchestra, mit Jerry Redmond, Andy Marchese, Tex Williamson, Nyles Davis (tp), Jack Teagarden (tb, vcl), Wally Wells, Chuck Smith, Kenny Martin (trb), Weyman Hunt (fhr) Ray Skieraski, Johnny McDonald, Leon Radcliffe, Art Lyons, Ray Tucci (saxes), Bob Carter (p), Eddie Critchlow (git), Jim Hearne (kb), Bobby Fischer (dr).