Eine jüdische Synagogengemeinde existierte bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts in Oldenburg, der dazugehörige jüdische Friedhof Oldenburg wurde 1814 eröffnet.[1] 1827 wurde in der Residenzstadt unter GroßherzogPeter Friedrich Ludwig das erste Landesrabbinat im Herzogtum Oldenburg eingerichtet; der erste Landesrabbiner wurde der damals erst 25-jährige Nathan Marcus Adler.[2] Die erste bekannte Synagoge befand sich von 1829 bis 1854 in einem Privathaus an der Mühlenstraße, wo auch der Rabbiner seinen Wohnsitz hatte.[3] Den Grundstein für eine neue Synagoge mit Schulhaus an der Peterstraße legte 1854 Großherzog Nikolaus Friedrich Peter.[4] 1905 wurde sie nach erheblichem Aus- und Umbau erneut eingeweiht. Diese Synagoge wurde im November 1938 zerstört; gleichzeitig wurde der damalige Landesrabbiner Leo Trepp[5] zusammen mit weiteren jüdischen Männern in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Ihre Frauen und Kinder ereilte einige Zeit später das gleiche Schicksal.[6] Den jüdischen Friedhof an der Dedestraße gibt es heute noch, jedoch gilt er als ein historischer Friedhof, auf dem keine Beerdigungen mehr stattfinden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde die Gemeinde neu gegründet. Unter Vorsitz von Adolf de Beer wurde zunächst ein Gebetsraum in der Cäcilienstraße eingerichtet, später wurde das Gemeindezentrum in die Lambertistraße verlegt. Die Gemeinde löste sich jedoch mangels Mitgliedern Ende 1960 wieder auf. Zwar gab es noch Juden in Oldenburg zu dieser Zeit, sie mussten allerdings bis nach Hannover fahren, um an einem Gottesdienst teilnehmen zu können.
Gründung der heutigen Gemeinde
Die Geschichte der Neugründung der jüdischen Gemeinde zu Oldenburg geht bis in das Jahr 1983 zurück. Die Initiative zur Neugründung ging von einer dreiköpfigen Gruppe aus: Renee van Vugt, eine in Oldenburg wohnende Israelin, sowie Uta Preiss Ihle und Björn Ihle (Mutter und Sohn) aus Oldenburg, die sich aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln entschieden, Hebräisch lernen zu wollen. Neben dem Hebräisch-Unterricht wurde auch über das Judentum gesprochen und nach einiger Zeit begann man, die jüdischen Feiertage gemeinsam zu begehen. Mit der Zeit begann man, weitere Menschen mit jüdischem Hintergrund aus Oldenburg und Umgebung zu suchen und zu den gemeinsamen Treffen einzuladen. So wurde die Gruppe größer und es kamen Menschen aus allen Bereichen hinzu, so auch die spätere langjährige Vorsitzende der Gemeinde Sara-Ruth Schumann.
Man begann, sich in einem größeren privaten Raum zu treffen, es wurde Ende der 1980er Jahre die „Jüdische Gruppe zu Oldenburg“ gegründet. Die Gruppe wandte sich an den damaligen Oberrabbiner von Niedersachsen Henry G. Brandt mit der Bitte, betreut zu werden. Er kam einmal im Monat nach Oldenburg und betreute und unterrichtete die Gruppe, bis 1992 die Gemeinde offiziell erneut gegründet wurde. Ausschlaggebend war der Wunsch nach einem Ort, an dem jüdische Traditionen wieder gelebt werden konnten. 16 Teilnehmer unterschrieben das Gründungsprotokoll der Gemeinde am 6. August 1992.[7] Dies war nach der Shoa der zweite Versuch, in Oldenburg jüdisches Leben zu integrieren.
Wieder fanden die Gottesdienste zunächst in Privaträumen statt, bis die Stadt Oldenburg der Jüdischen Gemeinde die denkmalgeschützte ehemalige Baptistenkapelle[8] in der Wilhelmsstraße (seit 2013: Leo-Trepp-Straße[9]) zur Verfügung stellte. Nach umfangreichen Umbauten durch die Stadt wurde das Gebäude im März 1995 als neue Synagoge eingeweiht.[10] Das Haus aus dem Jahr 1868 diente zunächst dem Guttemplerorden als Logenhaus und wurde ab 1916 vom benachbarten Peter Friedrich Ludwigs Hospital vorübergehend als Infektionshaus genutzt; später war hier bis 1984 das Institut für Labormedizin untergebracht.[11] Bei der Sanierung wurde der wiederaufgefundene Schmuckstein der ersten Synagoge über das Portal des neuen Gotteshauses eingebaut.[12] Zu dieser Zeit war die Gemeinde bereits aufgrund von Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion erheblich angewachsen. Zur Einweihung der neuen Synagoge 1995 war unter anderen auch der frühere Landesrabbiner Leo Trepp anwesend.[13] Im Jahr 2000 wurden das Gemeindehaus neben der Synagoge und die Mikwe fertiggestellt sowie ein neuer jüdischer Friedhof in Kreyenbrück eingeweiht.
Heute zählt die Gemeinde wieder mehr als 300 Mitglieder.[14]
Ende November 2013 wurde der jüdische Friedhof an der Dedestraße schwer geschändet und mit Hakenkreuzen und Graffiti beschmiert. Auf dem Friedhof, der im Jahr 2000 geschlossen wurde, befinden sich ca. 300 Grabstätten aus den Jahren 1814 bis 2014.[15]
Am 5. April 2024 wurde in den Mittagsstunden von Unbekannten ein Brandsatz gegen eine Eingangstür der Synagoge der jüdischen Gemeinde geworfen. Zeugen entdeckten das Feuer und löschten es.[16] Bei dem Brandanschlag entstand Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt.[17] Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. Da die Tathintergründe unklar sind, ermittelt sie in alle Richtungen. Es komme auch ein antisemitisches Motiv in Betracht. Die Polizei Oldenburg richtete zur Aufklärung der Tat eine Ermittlungsgruppe unter Leitung des polizeilichen Staatsschutzes ein.[18] Noch am Tag des Anschlags versammelten sich über 300 Menschen zu einer Mahnwache vor der Synagoge.[19] Zwei Tage nach dem Anschlag kam es in Oldenburg zu einer Demonstration gegen Antisemitismus mit rund 500 Teilnehmern, darunter die Landtagspräsidentin Hanna Naber und der Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann.[20]
Werner Meiners: Oldenburg. In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Band II, Göttingen 2005, Seite 1172–1196, ISBN 3-89244-753-5.
Ekkehard Seeber (Hrsg.): Die neue Synagoge und das Jüdische Kulturzentrum, Wilhelmstraße 17, in Oldenburg (Oldb). Dokumentation der feierlichen Übergabe durch die Stadt Oldenburg am 5. März 1995 an die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg. Isensee, Oldenburg 1995, ISBN 3-89598-360-8.
Johannes-Fritz Töllner (Bearb.): Oldenburg. In: Die jüdischen Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine. Holzberg, Oldenburg 1983, Seite 356–487, ISBN 3-87358-181-7.
Martin J. Schmid: Bet Olam – Haus der Ewigkeit. Der alte jüdische Friedhof zu Oldenburg. Isensee Verlag, Oldenburg 2021, ISBN 978-3-7308-1823-7.
↑P. Tornow: 150 Jahre Peter Friedrich Ludwigs-Hospital. Die Geschichte der Städtischen Kliniken seit 1784. Holzberg-Verlag, Oldenburg 1991, ISBN 3-87358-367-4.
↑Die neue Synagoge und das jüdische Kulturzentrum, Wilhelmstraße 17 in Oldenburg (Oldb). Isensee, Oldenburg 1996, S. 55.
↑Jüdische Gemeinde zu Oldenburg 1992–2002. Isensee, Oldenburg 2002, S. 16.