Isabel Oyarzábal

Isabel Oyarzábal

Isabel Oyarzábal Smith (* 12. Juni 1878 in Málaga; † 28. Mai 1974 in Mexiko-Stadt) war eine spanische Übersetzerin, Journalistin, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin und Diplomatin.[1][2]

Leben

Sie war die dritte Tochter aus der Ehe zwischen Juan Oyarzábal Bucelli (1835–1903) aus Málaga, baskischer Herkunft, und Ana Smith-Guthrie (1846–1930) aus Schottland, die insgesamt vier Töchter und drei Söhne hatten. Sie stammte aus einer bürgerlichen Familie, was ihr ein wohlhabendes Leben und eine gründliche intellektuelle Ausbildung ermöglichte. Sie begann ihre Ausbildung am Colegio la Asunción und wurde katholisch erzogen.[3]

Im Jahr 1905 verließ sie Málaga und zog nach Madrid, um als Theaterschauspielerin unter der Leitung von María Tubau und Ceferino Palencia zu arbeiten. Unter dem Künstlernamen „Isabel Aranguren“ debütierte sie in Palencias Repertoirestück Pepita Tudó und gehörte bis Ende 1906 zum Ensemble.[2]

Dank dieser Arbeit lernte sie Palencias Sohn Ceferino Palencia Álvarez-Tubau kennen, einen Rechtsanwalt, Maler und Diplomaten, den sie am 6. Juli 1909 heiratete und mit dem sie zwei Kinder hatte: Ceferino (1910) und María Isabel (1914).

Ihre Zweisprachigkeit ermöglichte es Oyarzábal, als Spanischlehrerin in Sussex, England, zu arbeiten, als Korrespondentin für englische Zeitschriften wie das Laffan News Bureau und die Zeitung The Standard tätig zu sein, literarische Werke wie Silas Marner von George Eliot zu übersetzen und als Dolmetscherin für Organisationen wie das International Statistical Institute zu arbeiten.

1907 gründete sie zusammen mit ihrer Schwester Ana und ihrer Freundin Raimunda Avecilla die erste reine Frauenzeitschrift in Spanien: La Dama y La Vida Ilustrada, die vier Jahre lang Bestand hatte.[4] Nach dieser ersten Erfahrung begann Oyarzábal eine journalistische Laufbahn und arbeitete für diverse Zeitschriften und Zeitungen der nationalen Presse,[5] wie Blanco y Negro, El Heraldo, Nuevo Mundo, La Esfera, El Sol,[6] La Voz de Madrid und Cosmópolis, um nur einige zu nennen. Ihre Artikel befassten sich mit zahlreichen Themen, vor allem mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft, der Durchsetzung ihrer Rechte (insbesondere des Wahlrechts) und sozialen Fragen wie dem Zustand des spanischen Gesundheits- und Bildungswesens. Sie unterzeichnete ihre Werke gewöhnlich mit den Pseudonymen „Beatriz Galindo“ oder als „Isabel de Palencia“ oder „Isabel O. de Palencia“.[7]

Von 1918 bis 1920 schrieb sie Theaterkritiken in der Zeitung El Sol. In einem Kammertheater unter der Leitung von Cipriano Rivas Cherif wurde am Abend des 20. März 1926 das von Oyarzábal geschriebenes Stück Diálogo con el dolor („Dialog mit dem Schmerz“) uraufgeführt.[2]

Sie hielt zahlreiche Vorträge in Spanien und im Ausland, die zwei grundlegenden Themen gewidmet waren: der spanischen Kultur und deren Verbesserung sowie der Verteidigung der Rechte der Frauen und der Unterprivilegierten.

Auf politischer Ebene bekleidete sie verschiedene Ämter in der Zweiten Spanischen Republik.[8]

Seit 1931 gehörte sie der PSOE und der UGT an und kandidierte 1933 als sozialistische Kandidatin für die verfassungsgebenden Cortes, errang jedoch keinen Sitz. Im selben Jahr wurde sie die erste Arbeitsinspektorin in Spanien. Luis Araquistaín, Botschafter der Republik, schlug sie als technische Beraterin der Regierungsdelegation bei der 15. und 16. Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vor, die 1931 und 1932 in Genf stattfand.[9]

Sie war Vertreterin des Landes beim Völkerbund (1933), wo sie als einzige Frau in der Kommission zur Umsetzung des Sklavereiabkommens saß,[10] und spanische Botschafterin in Schweden und später in Finnland (1936–1939), als erste spanische Botschafterin.[9]

1935 wurde sie Mitglied des Ateneo de Madrid, in dessen Register sie als Schriftstellerin geführt wird.[11] Im selben Jahr wurde sie als Delegierte der UGT zur Teilnahme an der XIX. internationalen Konferenz der IAO ernannt. Sie nahm als „Arbeiterdelegierte“ teil, weil sie gegen die konservative Regierung der Confederación Española de Derechas Autónomas (CEDA) war.[2]

Bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs absolvierte sie eine 53-tägige Vortragsreise durch 42 Städte in den Vereinigten Staaten und Kanada, um für die Republik zu werben. In New York City lockte sie um die 25.000 Menschen in den Madison Square Garden. Nach dem Ende des Bürgerkriegs ging sie 1939 mit ihrer Familie ins Exil nach Mexiko, wo sie bis zu ihrem Tod 1974 in Mexiko-Stadt lebte und weiter schrieb.[1]

Ihr literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, volkstümliche Bücher, Biografien, Theaterstücke und Romane. Darüber hinaus gelangten dank ihrer Arbeit als Übersetzerin zahlreiche englischsprachige Werke nach Spanien, neben Eliot unter anderem von Henry Irving, Jane Austen und Conan Doyle. 1940 veröffentlichte ein amerikanischer Verlag ihre in englischer Sprache verfassten Memoiren. Auf Spanisch erschienen sie unter dem Titel Hambre de libertad. Memorias de una embajadora republicana erst 2011.[12][13]

Engagement für Frauen und Soziales

Oyarzábals Einsatz für die Rechte von Frauen wurde sicher durch den Kontakt mit britischen Feministinnen wie Eunice Murray und Charlotte Despard geprägt. Sie setzte sich dafür ein, dass die Gesellschaft die Rolle der Frau, ihre Rechte und Freiheiten, ihre Intelligenz und ihre Arbeitsfähigkeit anerkenne.

Oyarzábal war Mitglied in diversen Vereinigungen wie der Asociación Nacional de Mujeres Españolas (ANME), deren Vorsitzende sie schließlich wurde, dem Consejo Supremo Feminista de España, der Liga Femenina Española por la Paz y la Libertad, der Agrupación Femenina Socialista oder im nationalen Komitee der Asociación de Mujeres Antifascistas.

1926 war Oyarzábal mit vielen anderen spanischen Feministinnen wie María de Maeztu, Victoria Kent oder Zenobia Camprubí, Mitbegründerin und Vizepräsidentin des Lyceum Club Femenino. Der Lyceum Club Femenino sollte den kollektiven Geist von Frauen fördern und auch verheirateten Frauen offen stehen. Er wurde mit hundertfünfzig Mitgliedern aller Richtungen gegründet. Nach internationalem Vorbild gab es Abteilungen für Literatur, Wissenschaft, bildende und industrielle Kunst, Soziales, Musik und Internationales. Maeztu organisierte Kurse, Vorträge, Konzerte und Ausstellungen von Intellektuellen, Wissenschaftlern und in- und ausländischen Künstlern.[14]

Zusammen mit anderen wie Clara Campoamor, María de Maeztu, Carmen de Burgos und Margarita Nelken war sie eine glühende Verfechterin des Frauenwahlrechts. Mit weiteren Mitgliedern der ANME wie Julia Peguero Sanz und Benita Asas forderte sie 1923 von Miguel Primo de Rivera persönlich das Frauenwahlrecht ein.[15]

Nachleben

Oyarzábal, als Karikatur auf einem Wandgemälde von Ángel Idígoras in Málaga, zusammen mit anderen Persönlichkeiten aus der Geschichte der Stadt

Im Jahr 2013 verlieh das Seminar für Frauenstudien der Universität Málaga den XXIII. Victoria-Kent-Forschungspreis für die Biografie über Oyarzábal mit dem Titel Isabel de Palencia. Diplomacia, periodismo y militancia al servicio de la República, verfasst von Matilde Eiroa San Francisco.[16]

2017 brachte die Theaterregisseurin Blanca Baltés das Stück Beatriz Galindo en Estocolmo auf die Bühne des Theaters María Guerrero, in dem Oyarzábal als Repräsentantin eines goldenen Zeitalters der weiblichen Intellektualität Spaniens in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts darstellte.[17]

Im Juli 2018 brachten der Verein Herstóricas. Historia, Mujeres y Género und das Kollektiv Autoras de Cómic im Rahmen eines Kultur- und Bildungsprojekts, um den historischen Beitrag von Frauen in der Gesellschaft sichtbar zu machen und über ihre Nichtbeachtung zu reflektieren, ein Kartenspiel heraus, in dem eine der Karten Oyarzábal gewidmet ist.[18]

Im Jahr 2023 schuf der Künstler Ángel Idígoras in Málaga ein Wandgemälde, das siebenunddreißig berühmten Malagueños gewidmet ist, darunter Oyarzábal.[19]

Werke (Auswahl)

  • El alma del niño. Ensayos de psicología infantil, V. H. Sanz Calleja, Madrid 1921.
  • El sembrador sembró la semilla, Rivadeneyra, Madrid 1923.
  • El traje regional en España. Su importancia como expresión primitiva de los ideales estéticos del país, Voluntad, Madrid 1926.
  • I must have liberty, Longmans, Green & Co., New York City 1940.
  • Juan, son of the fisherman, Longmans, Green & Co., New York City 1940.
  • Saint Anthony´s pig, Longmans, Green & Co., New York City 1940.
  • Diálogos con el dolor. Ensayos dramáticos y un cuento, Editorial Leyenda, Colección Atalaya, Mexiko-Stadt 1944.
  • Smouldering Freedom: The Story of Spanish Republicans in Exile, Longmans, Green & Co., New York City 1945.
  • Alexandra Kollontay: Ambassadress from Russia, Longmans, Green & Co., New York City 1947.
  • Del diario comer. Cocina hogareña, Editorial Patria Mexiko-Stadt 1951.
  • En mi hambre mando yo, Libro Mex Editores Mexiko-Stadt 1959.
Übersetzungen

Oyarzábal hinterließ zudem eine Vielzahl nicht edierter Werke und Entwürfe.

Einzelnachweise

  1. a b Amparo Quiles Faz: Isabel Oyarzábal Smith. In: Diccionario Biográfico electrónico. Real Academia de la Historia (rah.es).
  2. a b c d Amparo Quiles Faz: Isabel Oyarzábal Smith. Biblioteca Virtual Miguel de Cervantes, abgerufen am 16. Dezember 2023.
  3. Amparo Quiles Faz: Isabel Oyarzábal Smith. In: C. Cuevas García (Hrsg.): Diccionario de escritores de Málaga y su provincia. Castalia, Madrid 2002, S. 683–687.
  4. Concepción Bados Ciria: Isabel Oyarzábal, editora y redactora: La Dama y la Vida Ilustrada. In: Ivana Rota und Margherita Bernard (Hrsg.): Escritoras y periodistas en España (1900–1939). Sestante, Bérgamo 2010, ISBN 978-88-96333-65-5, S. 15–44.
  5. Concepción Bados Ciria: Isabel Oyarzábal de Palencia (1878–1974). In: Escritoras españolas en la prensa (1868–1936). Universidad Autónoma de Madrid, 2013, archiviert vom Original am 21. Januar 2022; abgerufen am 18. Dezember 2023.
  6. Isaac Gómez Laguna: Amparo Quiles Faz: «Isabel Oyarzábal. Mujer, voto y libertad». In: Tropelias: Revista de teoría de la literatura y literatura comparada. Nr. 25, 2016, S. 376–378 (unirioja.es).
  7. Amparo Quiles Faz: Mujer, voto y libertad: textos periodísticos de Isabel Oyarzábal Smith. Renacimiento, Sevilla 2013, ISBN 978-84-8472-822-1.
  8. Oyarzábal Smith, Isabel. In: Diccionario Biográfico. Fundación Pablo Iglesias, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  9. a b Olga Paz Torres: Isabel Oyarzábal Smith (1878–1974) : una intelectual en la Segunda República española : del reto del discurso a los surcos del exilio. Consejo Económico y Social de Andalucía, 2010, ISBN 978-84-692-9722-3.
  10. Olga Paz Torres: Isabel Oyarzábal Smith and her role in the league of nations committe of expertos slavery (1934–1938). US Nations. Revue des fonctionnaires internationaux de l´Onug, 678, Genf November 2008.
  11. Letra O. Listado de socios anteriores a 1 de abril de 1939. Archivo del Ateneo de Madrid, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  12. Rescatadas las memorias de la diplomática Isabel Oyarzábal. El Mundo, 8. Juni 2011, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  13. Isabel Oyarzábal: Hambre de libertad: memorias de una embajadora republicana. Ediciones del Genal, Madrid 2022, ISBN 978-84-17974-81-7.
  14. Shirley Mangini: El Lyceum Club de Madrid, un refugio feminista en una capital hostil. In: Revista Asparkia. Nr. 17, 2006, S. 125–140 (archive.org [PDF]).
  15. Isabel Valdés: La burguesita indecorosa que se sentó en la ONU y fue embajadora en Finlandia. El País, 27. Januar 2018, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  16. sabel de Palencia. Diplomacia, periodismo y militancia al servicio de la República. In: Foro por la Memoria. Federación Estatal de Foros por la Memoria, 18. März 2014, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  17. Blanca Baltés: Beatriz Galindo en Estocolmo (= Autores en el Centro. Band 50). Centro Dramático Nacional, Madrid 2018, ISBN 978-84-9041-294-7.
  18. Susana Pérez: Paseos urbanos con historia y mirada feminista. Madridiario, 8. März 2019, abgerufen am 22. Dezember 2022.
  19. Francisco Griñán: 200.000 años de la historia de Málaga, en un mural con personajes de Idígoras. Diario Sur, 1. Juni 2023, archiviert vom Original am 7. Juni 2023; abgerufen am 18. Dezember 2023.