Die Internetprotokollfamilie ist eine Familie von rund 500 Netzwerkprotokollen, die die Basis und die Standards für die Netzkommunikation im Internet bilden. Häufig wird auch die Bezeichnung TCP/IP-Protokollfamilie verwendet.
Ende der 1960er Jahre begann die Entwicklung mit einer Studie der DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), die dem Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten (DoD) untersteht, zur Entwicklung von Protokollen zur Datenkommunikation. Dabei entstand das DoD-Schichtenmodell, in dem die Aufgaben in vier Schichten unterteilt wurden. Dieses Modell ist Grundlage der Internetprotokollfamilie.[1]
Kommunikation wird in Rechnernetzen durch Netzwerkprotokolle umgesetzt und in der Praxis in funktionale Schichten (layer) unterteilt. Für das Internet und die Internetprotokollfamilie ist dabei die Gliederung nach dem sogenannten TCP/IP-Referenzmodell, welches 4 aufeinander aufbauende Schichten beschreibt, maßgebend. Dieses ist auf die Internet-Protokolle zugeschnitten, die den Datenaustausch über die Grenzen lokaler Netze hinaus ermöglichen (dies sind vor allem TCP und IP). Hier werden weder der Zugriff auf ein Übertragungsmedium noch die Datenübertragungstechnik definiert. Vielmehr sind die Internet-Protokolle dafür zuständig, Datenpakete über mehrere Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Hops) weiterzuvermitteln und auf dieser Basis Verbindungen zwischen Netzteilnehmern über mehrere Hops herzustellen.
Um Probleme der Netzkommunikation im Allgemeinen zu betrachten, greift man auf das detailliertere ISO/OSI-Referenzmodell zurück. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Benennung der einzelnen Schichten in den Modellen unterscheidet, und nachfolgende Zuordnungen zwischen OSI-Schichten und TCP-IP-Ebenen nicht immer vollständig übereinstimmen.
Die einzelnen Schichten erfüllen folgende Funktionen:
Anwendungsschicht
Die Anwendungsschicht (engl.: Application Layer) umfasst alle Protokolle, die mit Anwendungsprogrammen zusammenarbeiten und die Netzinfrastruktur für den Austausch anwendungsspezifischer Daten nutzen.
Transportschicht
Die Transportschicht (engl.: Transport Layer) ermöglicht eine Ende-zu-Ende-Kommunikation. Das wichtigste Protokoll dieser Schicht ist das Transmission Control Protocol (TCP), das Verbindungen zwischen jeweils zwei Netzteilnehmern zum zuverlässigen Versenden von Datenströmen herstellt. Es gehören aber auch unzuverlässige Protokolle – zum Beispiel das User Datagram Protocol (UDP) – in diese Schicht.
Internetschicht
Die Internetschicht (engl.: Internet Layer) ist für die Weitervermittlung von Paketen und die Wegwahl (Routing) zuständig. Auf dieser Schicht und der darunterliegenden Schicht werden Direktverbindungen betrachtet. Die Aufgabe dieser Schicht ist es, zu einem empfangenen Paket das nächste Zwischenziel zu ermitteln und das Paket dorthin weiterzuleiten. Kern dieser Schicht ist das Internet Protocol (IP) in der Version 4 oder 6, das einen Paketauslieferungsdienst bereitstellt. Sogenannte Dual-Stacks können dabei automatisch erkennen, ob sie einen Kommunikationspartner über IPv6 oder IPv4 erreichen können und nutzen vorzugsweise IPv6. Dies ist für entsprechend programmierte Anwendungen transparent. Die Internetschicht entspricht der Vermittlungsschicht des ISO/OSI-Referenzmodells.
Netzzugangsschicht
Die Netzzugangsschicht (engl.: Link Layer) ist im TCP/IP-Referenzmodell spezifiziert, enthält jedoch keine Protokolle der TCP/IP-Familie. Sie ist vielmehr als Platzhalter für verschiedene Techniken zur Datenübertragung von Punkt zu Punkt zu verstehen. Die Internet-Protokolle wurden mit dem Ziel entwickelt, verschiedene Subnetze zusammenzuschließen. Daher kann die Host-an-Netz-Schicht durch Protokolle wie Ethernet, FDDI, PPP (Punkt-zu-Punkt-Verbindung) oder 802.11 (WLAN) ausgefüllt werden. Die Netzzugangsschicht entspricht der Sicherungs- und Bitübertragungsschicht des ISO/OSI-Referenzmodells.
Beispiel
Aufbau eines Ethernet-Frames mit maximalen IPv4- / TCP-Daten
SCTP (Stream Control Transmission Protocol) – Transportprotokoll
TLS (Transport Layer Security, ehemals 'Secure Socket Layer [SSL]) – Erweiterung von TCP um Verschlüsselung
DTLS (Datagram Transport Layer Security) – Auf TLS basierendes Verschlüsselungsprotokoll, welches auch über zustandslose Protokolle wie UDP übertragen werden kann
Internetschicht (entspricht OSI-Schicht 3)
IP (Internet Protocol) – Datenpaket-Übertragung (verbindungslos)
ICMP (Internet Control Message Protocol) – Kontrollnachrichten (zum Beispiel Fehlermeldungen), Teil jeder IP-Implementierung
IGRP (Interior Gateway Routing Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern (Distanzvektor) (veraltet – wird ersetzt durch EIGRP)
EIGRP (Enhanced Interior Gateway Routing Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern via IP
OSPF (Open Shortest Path First) – Informationsaustausch zwischen Routern (Linkzustand) via IP
BGP (Border Gateway Protocol) – Informationsaustausch zwischen autonomen Systemen im Internet (Pfadvektor) via TCP
RIP (Routing Information Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern (Distanzvektor) via UDP
IGMP (Internet Group Management) – Organisation von Multicast-Gruppen, Bestandteil von IP auf allen Hosts, die den Empfang von IP-Multicasts unterstützen