Als Hypertrichose, Hypertrichosis (altgriechischὑπέρ‚über‘, θρίξ‚Haar‘) oder Polytrichie bezeichnet man das Symptom einer über das übliche Maß hinausgehenden Haardichte bzw. Behaarung, die weder dem Altern noch dem Geschlecht oder der ethnischen Herkunft entsprechen.[1] Es wird zwischen angeborenen und erworbenen Formen unterschieden, sowie zwischen generalisierter, lokalisierter und symptomatischer Hypertrichose.[2]
Generalisierte Hypertrichose betrifft den gesamten Körper mit Ausnahme der Fußsohlen und Handflächen. Die seit früheren Jahrhunderten bekannten und so genannten Haarmenschen waren bzw. sind hiervon betroffen.
Von der Hypertrichose abzugrenzen sind alle Formen hormonell bedingter Änderungen des geschlechtsspezifischen Behaarungstypes, bei Frauen als Hirsutismus bezeichnet.
Hypertrichose kann von Geburt an und lokal begrenzt auftreten, beispielsweise als behaarter Naevus pilosus (Tierfellnävus), oder auch als verstärkte, teilweise der Kopfbehaarung ähnliche Behaarung über dem Kreuzbein bei Erkrankungen, bei denen das Neuralrohr in der Embryonalentwicklung nicht vollständig geschlossen wurde (sogenannte Dysraphien), beispielsweise der Spina bifida.
Einige Medikamente können eine generalisierte Hypertrichose auslösen. Ein Beispiel ist das Blutdruckmedikament Minoxidil, das bei äußerlicher Anwendung auch zur Therapie eines umschriebenen Haarausfalls verwendet wird.[3]
In früheren Jahrhunderten waren sogenannte Haarmenschen in vielen Fällen der Schaulust ihrer Umgebung ausgesetzt; sie nutzten ihre körperliche Besonderheit teils aber auch, mehr oder weniger freiwillig, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.[5]
In der Renaissance lebten Haarmenschen an den königlichen Höfen Frankreichs, Italiens und der Niederlande, wo sie unterrichtet wurden und als menschliche Kuriositäten Teil des Hofstaates waren. Bekannt in der Überlieferung wurde zum Beispiel der „Affenmensch“ Petrus Gonsalvus (1537–1618), der eine Zeitlang am Hof des französischen Königs Heinrich II. lebte. Vier seiner sieben Kinder, darunter auch seine Tochter Tognina Gonsalvus, erbten die Hypertrichose.[6]
Einige berühmte Haarmenschen arbeiteten als Freaks sowie „bärtige Frauen“ auf den Jahrmärkten oder begleiteten Side Shows des 19. Jahrhunderts,[7] wie etwa Julia Pastrana (1834–1860), Krao Farini (1876–1926) und Lionel der Löwenmensch (1890–1932).
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Der Mythos des Werwolfs hängt möglicherweise mit der Erkrankung Hypertrichose zusammen, angeblich auch das Volksmärchen Die Schöne und das Biest.
↑Hans Wolff: Erkrankungen der Haare. Hypertrichosen. In: Gerd Plewig, Thomas Ruzicka, Roland Kaufmann, Michael Hertl (Hrsg.): Braun-Falco's Dermatologie, Venerologie und Allergologie. ISBN 978-3-662-49546-9 (springermedizin.de [abgerufen am 31. Oktober 2021]).
↑Anne W. Lucky u. a.: A randomized, placebo-controlled trial of 5% and 2% topical minoxidil solutions in the treatment of female pattern hair loss. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Band50, Nr.4, April 2004, S.541–553, doi:10.1016/j.jaad.2003.06.014, PMID 15034503 (englisch).
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