1912 wurde er in das neu geschaffene Amt des französischen Generalresidenten in Marokko berufen. Während des Ersten Weltkriegs war er vom 12. Dezember 1916 bis zum 14. März 1917 Kriegsminister. Von diesem Amt trat er nach einem Streit mit dem Oberkommandierenden Joseph Joffre zurück, der seine Umstrukturierungen im Bereich der Luftwaffe kritisiert hatte, als er sich gegen Joffre nicht durchsetzen konnte. Sein Rücktritt hatte den Sturz der Regierung Briand zur Folge. Lyautey kehrte 1917 wieder auf seinen Posten in Marokko zurück.
Reiterstandbild Lyauteys vor dem Konsulat Frankreichs in Casablanca
Die wichtigste Station in Lyauteys Leben war das Sultanat Marokko. Am 24. März 1907 leitete er die Besetzung der Stadt Oujda durch französische Truppen. Als Anlass diente die Ermordung des französischen Arztes Mauchamp in Casablanca. Als dort im Sommer 1907 nach einer angeblichen Friedhofsschändung bei Bauarbeiten mehrere europäische Arbeiter getötet wurden und schwere Stammesunruhen ausbrachen (bei denen die europäischen Einwohner allerdings kaum gefährdet waren), landete ein französisches Expeditionskorps in Casablanca.
Als Militärgouverneur ließ Lyautey mehrere Aufstände der Einheimischen niederschlagen. Nach Errichtung des ProtektoratesFranzösisch-Marokko durch die Konvention von Fès war er vom 28. April 1912 bis zum 25. August 1925 erster französischer Generalresident. Im Frühjahr 1913 begann der Vormarsch auf den Mittleren Atlas, um den Widerstand der dortigen Berberstämme, besonders um Khenifra, zu brechen. Unter der Bezeichnung Operation Lyautey wurde vom 10. bis 12. Juni 1914 der Angriff auf Khénifra durchgeführt. Es gelang den französischen Truppen, das kontrollierte Gebiet bis an die natürliche Grenze der Atlasberge auszudehnen und die dort an der strategischen Fernstraße zwischen Fès und Marrakesch liegenden Städte Khenifra, Kasba Tadla und Beni-Mellal zu besetzen.
In seiner Amtszeit erlebte das Land einen Modernisierungsschub, wobei ihm viel am Erhalt der traditionsreichen alten Städte lag. Die modernen Städte wurden nach allgemeinem Muster der französischen Kolonialzeit außerhalb der jeweiligen Medinas (arabische Altstädte) errichtet. Des Weiteren erließ er Gesetze zum Schutz der lokalen Kultur. Lyautey wurde auch „Vater des modernen Marokko“ genannt.
Gegen seine Politik schlossen sich einige Marokkaner dem im spanischen Teil 1921 ausgebrochenen Aufstand der Rifkabylen unter Abd el-Krim an. Die gemeinsame Niederschlagung des Aufstandes durch Franzosen und Spanier, bei der auch Chemiewaffen eingesetzt wurden, gelang erst unter Lyauteys Nachfolger.
Der Bildhauer François Cogné (1876–1952) schuf im Auftrag der französischen Regierung eine Reiterstatue von General Lyautey. Dieses Denkmal wurde 1938 in Casablanca auf dem Place de la Victoire (heute Place Mohammed V.) aufgestellt. 1956 demontiert, schmückt es seit 1959 den Park des französischen Generalkonsulats in Casablanca.[2]
In der Ausgabe vom 11. Mai 1931 war sein Bild auf dem Titel des amerikanischen Time magazine.
1953 gab die französische Post eine Briefmarke mit seinem Bild heraus.
Nach Angaben von Paul Distelbarth war Lyautey zusammen mit Paul Desjardins ein Gründer der Union pour l'action morale (1892), der späteren Union pour la vérité (ab 1906).[3]
Schriften (Auswahl)
L'action coloniale. Madagascar, Sud-Oranais, Maroc. Édition Paleo, Clermont-Ferrand 2012, ISBN 978-2-84909-733-5 (Nachdr. d. Ausg. Paris 1899).
Lyautey l'Africain. Textes et Lettres. Plon, Paris 1953/57 (4 Bde.)
1912–1913. 1953.
1913–1915. 1954.
1915–1918. 1956.
1919–1925. 1957.
Du rôle de l'armée. BiblioLife, Charleston, S.C. 2009, ISBN 978-1-113-33447-3 (Nachdr. d. Ausg. Paris 1900)
in Deutsch
Die soziale Rolle des Offiziers, in Paul Distelbarth, Übers.: Neues Werden in Frankreich. Zeugnisse führender Franzosen. Ernst Klett, Stuttgart 1938 S. 55–68
Literatur
Robert Kerr: Morocco after Twenty-Five Years. A Description of the Country, Its Laws and Customs, and the European Situation. Murray and Evenden, London 1912 (Online bei Archive.org)
Marshall Lyautey (Obituary). In: The Times, Nr. 46818 vom 28. Juli 1934, Seite 14 Spalte 2–3.
Charles Bugnet: Le Maréchal Lyautey. Mame, Tours 1935
Berthe Gaulis: Lyautey intime. Berger-Levrault, Paris 1938.
André Maurois: Lyautey. Vorhut-Verlag Otto Schlegel, Berlin 1938.
Alan Scham: Lyautey in Morocco. Protectorate administration 1912–1925. University Press, Berkeley 1970.
André Le Reverend: Lyautey écrivain. 1854–1934. Dissertation, Universität Montpellier 1974.