Den Anstoß zur Anlage des Herrenhäuser Friedhofes bildete die Ankündigung der Stadt Hannover, den voll belegten Nicolaifriedhof zu schließen und am Engesohder Berg bei Döhren einen neuen Friedhof zu eröffnen, den Stadtfriedhof Engesohde. Aus diesem Grund kündigte die Stadt den Vordörfern Vahrenwald, List, Hainholz und Herrenhausen die Nutzungsrechte am alten Friedhof für den 1. Januar 1860 und kaufte ihnen schon 1857 ihre Rechte für insgesamt 1400 Taler ab mit der Bedingung, für jeweils eigene Friedhöfe zu sorgen.[1]
So legten im Dezember 1857 der HalbmeierKollenrott und der BrinksitzerKriete als Abgeordnete der Gemeinde Herrenhausen auf dem Amt in Langenhagen einen genauen Plan für den Herrenhäuser Friedhof und seine Verwaltung vor. Es folgten lange und schwierige Verhandlungen mit zahlreichen Stellen, vor allem mit dem Oberhofmarschallamt unter Ernst von Malortie, das auch dabei beteiligt sein und ein Teil des Friedhofsgeländes für die im Schloss- und Gartenbezirk wohnende Hofdienerschaft reserviert wissen wollte. Diese Verhandlungen verliefen mitunter turbulent. So berichtete der Geheime Baurat Eduard Schuster, der Vertreter des Oberhofmarschallamtes, von einer Sitzung, in der es
„… unter den Mitgliedern fast zu Thätlichkeiten gekommen wäre und der Pastor und ich uns genöthigt sahen, die Conferenz zu verlassen.[1]“
Schließlich erschien eine Abordnung der Herrenhäuser persönlich direkt bei König Georg V., um ihm ihre Wünsche vorzutragen und um Beschleunigung der Angelegenheit zu bitten. Eine Akte vom 29. Juni 1859 hielt fest,
„dass des Königs Majestät zu befehlen geruth habe, dass in Herrenhausen für die dortige Dorfgemeinde und für die auf den bislang zu den vorstädtischen Ortschaften Königsworth und Schlosswende gehörigen Besitzungen vorhandene Hofdienerschaft ein separater Kirchhof angelegt werde.[1]“
Das für den Friedhof vorgesehene Land hinter der Ebeling’schen Schmiede (heute die Tankstelle Röttger) traten der GroßkötnerHeinrich Engelke und der AnbauerFriedrich Kollenrott ab gegen eine Entschädigung durch Geld und anderes Land.[1]
Ein Teil des neuen Friedhofs wurde dem Oberhofmarschallamt zugewiesen, ein anderer den „Stellwirthen“. Da der Kirchhof aus dem Gemeindevermögen bezahlt wurde, wünschte ein Teil der Einwohner die Verteilung der Grabstellen nach Hausnummern, ein anderer Teil nach Losverfahren. Über das Los bekam schließlich jeder Stellwirt einen so ermittelten Erbbegräbnisplatz in der Größe von 8 Grabstellen.[1]
Der Herrenhäuser Maurermeister Gerber umbaute das vorgesehene Friedhofsgelände mit einer festen Mauer und errichtete eine erste Leichenhalle mit einem kleinen Glockenturm. Das Gebäude war – lange vor dem Bau der Herrenhäuser Kirche – das erste christliche Gotteshaus in Herrenhausen. Nach Plänen von Professor Uvo Hölscher erweiterte Gerber die Halle später durch einen Anbau zur Kapelle, die dann von dem Kirchenmaler Ebeling ausgemalt wurde.[1]
Der Architekt Bäßmann entwarf und erbaute für den Friedhof das Eingangstor, angeblich eine Kopie des Weimarer Sommerhauses von Goethe.[1] Der Hinweis entstammte dem im Vorraum der Herrenhäuser Kirche ausgehängten Bericht des Herrenhäuser Lehrers Arnold Lütgert von 1925. Neuere Untersuchungen ergaben jedoch, dass offensichtlich lediglich das rechte, ehemals aus Holz gefertigte Türblatt gemeint sein konnte, das später durch eine Metalltür ersetzt wurde.[4]
Anlässlich der ersten Beerdigung am 7. April 1860 wurde der Friedhof von Pastor Heumann eingeweiht.[1]
Im Ersten Weltkrieg wurde die Kapellenglocke 1917 zu Kriegszwecken eingeschmolzen, zusammen mit zwei Glocken der Herrenhäuser Kirche. 1925 stiftete die Ehefrau des Fabrikbesitzers Louis Eilers eine neue Glocke für den Friedhof.[1]
1958 wurde der Innenraum der Kapelle neu gestaltet. Im Rahmen dieser Innenrenovierung schuf der Glasmaler Brenneisen ein Altarfenster, das den auferstandenen Christus zeigt.[1]
2011 suchte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Friedhof die Gräber von 6 Kriegstoten. Nachdem diese nicht gefunden worden waren, wurde eine Einebnung vermutet.[5]
Großen Zulauf fanden die Feierlichkeiten anlässlich der Präsentation der von Gitta Kirchhefer initiierten Sanierung des Grabmals Ernst von Malorties, darunter der Enkel Albrecht von Malortie oder der Ehrenkommandator des Johanniterordens, Axel Freiherr von Campenhausen, sowie Mitglieder des Welfenbundes.[6] Für die Restauration hatte insbesondere die Klosterkammer Hannover Fördermittel bereitgestellt.
Gräber (Auswahl)
Auf dem Herrenhäuser Friedhof finden sich zum Teil denkmalgeschützte Gräber und Grabmale bedeutender Persönlichkeiten. Nach den Nummerierungen im Übersichtsplan des Friedhofes sind dies (bis Nr. 21 Reihenfolge gemäß Kirchhefer[1]):
Ernst von Malortie (1804–1887), Grabmonument des letzten Hofmarschalls im Königreich Hannover, mit einer von anfangs zwei Pagen-Figuren von Carl Dopmeyer;
Georg Heinrich Schuster (1799–1890), der auf dem Grabkreuz als „H. G. Schuster“ bezeichnete königliche Oberhofbaurat und stellvertretende Oberhofmarschall erbaute die Wasserkunst, den eisernen Laubengang im Großen Garten sowie Gewächshäuser und Brücken;
Gitta Kirchhefer: Ein Spaziergang über den Herrenhäuser Friedhof, Broschüre mit Fotos von Sergej Stoll und einem nummerierten Übersichtsplan, Hannover: Selbstverlag, 2012
Robert Rasch: Von Haringehusen nach Herrenhausen. 75 Jahre Kirchengemeinde Herrenhausen überarbeitete Schrift von 1931 von Walter Heinecke, fortgeführt von Hauns Blaume (zugleich Herausgeber), Selbstverlag der Kirchengemeinde Herrenhausen, Hannover 1981