Henriette Florian wurde am 18. November 1938 als Tochter des Malers Maximilian Florian und seiner Frau Luise (geb. Herrmann) in Wien geboren. Schon während ihrer Schulzeit verbrachte Henriette Florian viel Zeit im Atelier ihres Vaters und lernte von ihm alles Wesentliche über Malerei. In dieser Zeit begann sie auch zu schreiben.[1]
Gemeinsame Studienreisen mit dem Vater führten sie nach München und Amsterdam. Später erkundete sie Kultur und Völker in Anatolien und Armenien und besuchte die archäologischen Ausgrabungen in Vorderasien.
1964 wurden erste Gedichte von Henriette in einer Anthologie des Ennsthaler-Verlages[2] veröffentlicht, im darauffolgenden Jahr stellte das Künstlerhaus Wien erste Arbeiten der jungen Künstlerin aus. Im Jahr 1966 zeigte die Galerie Il Carpine in Rom Werke Florians. Die italienische Tageszeitung Il Messaggero schrieb damals in einer zweispaltigen Rezension: „Henriette Florian zeigt eine starke Fähigkeit in der Farbgebung. Ihre Farben sind unkonventionell und bieten eine chromatische Vielfalt. Von imponierender Ausdruckskraft sind die Bilder, in denen sie eine verinnerlichte Geistigkeit transparent macht, wie zum Beispiel in dem Porträt von Franz Theodor Csokor und dem Harfenspieler […]“.
1965 begann mit ihrer ersten Ausstellung im Französischen Saal des Künstlerhauses Wien eine lebenslange Ausstellungstätigkeit. U.a. folgten Einzelausstellungen in den Städten Rom, München, Tel Aviv, Kopenhagen Oslo, Paris, Sidi Bou Saïd und gemeinsame Ausstellungen mit dem Vater Maximilian Florian. Mit ihm gemeinsam entstand 1973 das Gemälde „Die Geburt der Eva“.
Bekannt wurden die Porträtgemälde von David Ben Gurion,(Privatbesitz), Moshe Dajan,(Museum der israelischen Armee), „König der Welt-Schöpfergeist des Menschen im Kosmos“ (Wernher von Braun-Museum, Houston), sowie „Monolith of Peace“ (UNO-Hauptquartier New York) und „La Solitude“ (UNIDO-Paris).
Anlässlich der Übergabe ihres Bildes „Monolith of Peace“ an den damaligen UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim erläuterte Henriette Florian ihre Motivation für dieses Gemälde in einem in der Arbeiterzeitung abgedruckten Manifest: „Eine Erfahrung und ein Eindruck bestimmten meinen Entschluss, mit meinem Bild ein neues Symbol des Friedens zu schaffen: Die Erfahrung, dass das Friedenssymbol der Taube in unserer Zeit seine Kraft verloren hat. Die Taube ist schwerelos und verletzlich, ihr Flug begrenzt und allzu leicht veränderlich. Wie kann ein Symbol noch Mut und Zuversicht geben, wenn es selbst machtlos und schutzbedürftig geworden ist? Der Eindruck, dass sich bei einem Kilometerstein (101) Offiziere zweier in Krieg verstrickter Staaten wie durch ein Wunder erstmals friedlich begegnen und dieser Kilometerstein ein Meilenstein zum Frieden werden kann. Die Geschichte der Menschheit und ihrer Religionen ist vom Sinnbild des Steines entscheidend geprägt. Im Islam bezeichnet der heilige Stein der Kaaba den Mittelpunkt der Welt. Der Prophet Moses überbrachte seinem Volk das göttliche Gesetz auf zwei Steintafeln. Und in der christlichen Überlieferung erhält durch die Auferstehung Christi ein Stein vor seinem Grab tiefe Bedeutung. Auf meinem Bild mit den quadratischen Maßen 120 mal 120 cm schwebt über dem Planeten Erde ein grauer Monolith als Sinnbild der noch zeitlich und räumlich begrenzten Friedenstat. Durch den humanitären Geist in der Form des menschlichen Auges findet sich jedoch Verbindung zur Unvergänglichkeit des Kosmos, welcher in einer unendlichen Spirale dargestellt ist. Grüne und rötliche Farben weist die Erde auf, die weißen Töne symbolisieren die Erkenntnis, die blauen das Kosmische. Die konstruktive Form des Monolithen mahnt, dass die Menschheit ihren Frieden jeden Tag neu schaffen und, auch unter Opfern, selbst erhalten muss.“[3]
1987–88 entstand der Gemäldezyklus „Armenische Sakralbauten“[4] und wurde im Museum für Völkerkunde Wien gezeigt. Bilder von Henriette Florian befinden sich in Sammlungen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst, im Kulturamt der Stadt Wien, der Kärntner und Niederösterreichischen Landesgalerie, im Wernher von Braun Memorial der NASA (Houston), im Kulturzentrum der israelischen Armee in Tel Aviv, sowie im Sitz der UNESCO in Paris und im UN-Hauptquartier in New York.
Henriette Florians letzte Ausstellung fand im Mai 2008 in der Galerie Tromayer in Wien statt. Auch hier wurde der Versuch einer Gegenüberstellung ihrer Werke mit denen ihres Vaters unternommen. Danach zog sich die Künstlerin von der Öffentlichkeit zurück.
Nur wenige Tage nach dem Tod ihres Lebensgefährten Johannes Graf von Orssich de Slavetich (am 17. August 2013), den sie auf ihrem letzten Bild porträtiert hatte, verstarb Henriette Florian am 27. August 2013. Sie liegen beide am Neustifter Friedhof begraben.
Technik und Stil
„Schon als junge Künstlerin ließ sich Henriette Florian keiner bestimmten Richtung oder Gruppe einordnen, malte unbekümmert und unbeirrt außerhalb aller Modeströmungen, wobei die strenge Umrahmung ihrer Flächen immer wieder Assoziationen mit der Ikonenmalerei aufkommen lässt. Das völlige Fehlen einer malerischen „Erziehung“ führte dazu, dass Spontaneität und Naivität im besten Sinne ihre Werke, die fast ausnahmslos mit Öl auf Leinwand geschaffen wurden, charakterisiert.“[5]
„Im Atelier des Vaters groß geworden, lernte sie von ihm mehr als ein Student an der Akademie lernen kann. Ebenso war sie noch außerordentliche Schülerin bei Prof. Basel, der an der Akademie des Museums für Angewandte Kunst unterrichtete.“[6]
Das bildnerische Werk von Henriette Florian umfasst zahlreiche Kompositionen, Porträts, Stillleben und Landschaften. Ihre Technik ist vorwiegend die der Ölmalerei. Ebenso entstanden Aquarelle, Zeichnungen und Farbholzschnitte aus ihrer Hand.
Alle Arbeiten sind von starker Farbigkeit getragen. Die Ölfarben werden großteils mit Spachtel aufgetragen. Kräftige Konturzeichnungen stützen und verdichten den Bildaufbau. Die Darstellungen sind trotz des abstrahierten Stils gegenständlich. Bei abstrakten Themen wie beim „Materiengesang“, verwendet die Malerin streng konstruierte Formen.[7]
Ausstellungen
1965 Erste Ausstellung der Ölbilder von Henriette Florian im Künstlerhaus Wien
1966 Galerie Il Carpine, Rom
1967 Galerie Gurlitt, München Galerie Slama, Klagenfurt – gemeinsam mit ihrem Vater Maximilian Florian
1968 Galerie Larsen, Kopenhagen Galerie Modern Konst, Stockholm
1969 Galerie Weil, Paris Beth Zion America, Tel Aviv UNIDO, Wien
1974 Übergabe ihres Friedensbildes „Monolith of Peace“ im UNO-Headquarters New York Ausstellung auf Einladung der tunesischen Regierung in Sidi Bou Saïd Ausstellung in der Galerie des Steyr-Daimler-Puch-Hauses
1981 „Bildbrote und Brauchtum“ – Ausstellung in der Raiffeisenbank, Wien
1988 Wanderausstellung des Gemäldezyklus „Armenische Sakralbauten“ im Museum für Völkerkunde, Wien
1989–1992 im StadtmuseumNordico, Linz Stadtmuseum LeobenStadtmuseum St. PöltenPalais Lichtenstein, Feldkirch
1990–1994 Beteiligungen an Ausstellungen in Wien, Klagenfurt, Paris und Genf
1994 Ausstellung im Kunstforum der AMV
2008 „Maximilian und Henriette Florian, ein Versuch der Gegenüberstellung“ in der Galerie Tromayer, Wien
Literarisches Schaffen
In ihrer Lyrik und Prosa manifestiert sich eine spontane, unkonventionelle, alle Genres hinter sich lassende, schöpferische Kraft. Wort und Farbe, Feder und Pinsel gebrauchte sie, um, wie sie selbst einmal sagte, „dem Menschen das zu vermitteln, was Kunst geben soll: Hoffnung auf ein würdiges Dasein und die Freude am Sinn des Lebens.“[8]
Schon als Siebzehnjährige schrieb Henriette Florian ihre ersten Gedichte. Franz Theodor Csokor, Präsident des Pen Clubs, der Dichter Alexander Lernet Holenia und die Schriftstellerin Herta Staub wurden auf sie aufmerksam und förderten Henriettes Talent. In den frühen Jahren entstanden Hörspielmanuskripte, Kurzerzählungen und Romanfragmente.[9]
1964 erschien im Schroeder Verlag ihr erster Roman „Das Spiegelbild der Ewigkeit“.
1967 wurde erstmals das Hörspiel „Stilla“ im Kärntner Rundfunk (unter der Regie von Ernst Willner) gesendet. 1972 veröffentlicht der Volksbuch Verlag „Die Bettlerharfe“. Einleitend zu diesem Roman schrieb der Cheflektor Karl Ziak: „Helfen: das ist das Leitmotiv, das sich durch alle die, sehr unterschiedlichen, Erzählungen der ordensangehörigen zieht. Und am schluß sagt einer von ihnen zur Dichterin, als sie sich vor dem alleinsein fürchtet: „Schreib sie nieder deine Angst, und du wirst neuen Mut schöpfen! Teile mit anderen Menschen deine Einsamkeit, und du wirst nicht mehr allein sein!“ Henriette scheint im ersten Anblick eine phantastische Individualistin zu sein; bei näherer Betrachtung ist sie ein sehr sozialer Mensch.“[10]
1976 begann Henriette Florian die Arbeit an der Finalisierung ihrer Roman-Trilogie, an dem bis heute unveröffentlichten Roman „Konstatius und Julian - Zwei byzantinische Kaiser“. „Das Buch beschreibt die Endzeit der Antike, die durch das beginnende Christentum abgelöst wurde“, erzählt sie. Es fiel Henriette Florian nicht schwer sich in das alte Byzanz zu versetzen, denn sie sagt von sich: „Ich bin ein Mensch der Antike“, schrieb Hanne Egghardt[11]. Der Roman wurde 2005 abgeschlossen.
Zeit ihres Lebens beschäftigte sich Henriette Florian mit wissenschaftlichen Themen, der Kosmologie, den sozialen Entwicklungen und befasste sich mit religiösen Inhalten im Wandel der Kulturen.(letzteres ist auch Thema der Trilogie) Es entstanden Essays, Betrachtungen, Briefe und Manifeste („Meilenstein des Friedens“ und „DerPflanzenfressende Löwe“).
Am Ostersonntag 2013 diktierte sie ihre letzten Zeilen:
"Das Blechkannenännchen:
Das Blechkannenännchen hat Rosinenaugen
und einen Stoffmund.
Es sammelt in seinem Kännchen Friedhofslaub, alte Blätter,
Am 27. August 2013 verstarb Henriette Florian. Sie war mit dem Juristen Dr. Heinrich Leopold (1937–2005) verheiratet. In den Jahren danach verband sie eine innige Freundschaft mit dem Malteserritter Fra Johannes Orsich de Slavetich (1934–2013).
Ab 2014 übernahm der Bildhauer Werner Lexen den gesamten Nachlass. Er war Schüler von Maximilian Florian und seit seiner Jugend künstlerischer Mitarbeiter im gemeinschaftlichen Atelier Florian. Werner Lexen ist Mitbegründer der Gemeinnützigen Stiftung „Societas Futura[13] “
Gemälde (Auszug)
Der Maler Maximilian Florian, 1962, Öl auf Leinwand, 136 × 63 cm, monogr. li. u. HF 1962
Das Leid, 1962, Öl auf Leinwand, 92 × 62 cm, monogr. li. o. HF 1962
Der karge Weg, 1963, Öl auf Leinwand, 55 × 67 cm
Die Nonne, 1964, Öl auf Leinwand, 135 × 62 cm, monogr. li. u. HF 1964
Der Splitter im Auge der Natur, 1964, Öl auf Leinwand, 86 × 78 cm, monogr. li. u. HF 1964
Materiengesang, 1964, Öl auf Leinwand, 130 × 156 cm, monogr. HF 1964
Der König der Welt, 1968, Öl auf Leinwand, monogr. re. u. HF 1968
Der Wintertag, 1969, Öl auf Leinwand, 55 × 100 cm, monogr. re. u. HF 1969
Das rote Band, Öl auf Leinwand, 90 × 120 cm, monogr. li. u. HF
Sonnentod (Ufer der Arche), 1969, Öl auf Leinwand, 100 × 150 cm, monogr. re. u. 1969
Meilenstein des Friedens, 1974, Öl auf Leinwand, 120 × 120 cm, UNO, New York, USA
Porträt meines Vaters, 1976, Öl auf Leinwand, 136 × 63 cm, sign. Henriette Florian 1976
Hakate, 1983, Öl auf Leinwand, 320 × 350 cm, sign. li. u. Henriette Florian 23. Juli 1983
Tochter der Medusa, 1984, Öl auf Leinwand, sign. li. u. Henriette Florian 4. September 1984
Blumen mit vier Vasen, 1984, Öl auf Leinwand, sign. re. u. Henriette Florian 1984
Der Kaiser Konstantinus, 1985, Öl auf Leinwand, 205 × 163 cm
Anatolios, 1986, Öl auf Leinwand, 140 × 110 cm, sign. li. u. Henriette Florian 1986
Sai Baba, 1993, Öl auf Leinwand, 240 × 110 cm, sign. li. u. Henriette Florian 14. September 1993, Privatbesitz
Saskia und Gladiolen, 1993, Öl auf Leinwand, 130 × 100 cm, sign. li. u. Henriette Florian
Schwertlilien, 1996, Öl auf Leinwand, 128 × 68, sign. re. u. Henriette Florian 1996
Weiße Lilien, 1997, Öl auf Leinwand, 130 × 100 cm, sign. li. u. Henriette Florian 1997, Privatbesitz
Bildnis Jeannine, 1999, Öl auf Leinwand, 120 × 80 cm, sign. re. o. Henriette Florian
Gladiolen, 1999, Öl auf Leinwand, sign. li. u. Henriette Florian 1999
Mohnblumen, 2000, Öl auf Leinwand, 130 × 90 cm, sign. li. u. Henriette Florian
Blumen in Vase, 2004, Öl auf Leinwand, 130 × 80, cm, sign. re. u. Henriette Florian 2004, Privatbesitz
Porträt Frà Johannes in der Manta di Punta, 2006, Öl auf Leinwand, li. u. sign. Henriette Florian, 2005–27. Februar 2006
Literarische Werke
Das Spiegelbild der Ewigkeit. Phantastische Romankristalle. Schroeder, Garmisch-Partenkirchen 1964
Die Bettlerharfe. Roman. Volksbuchverlag, Wien 1972
Literatur
Maximilian und Henriette Florian. Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen. Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Katalog zur Ausstellung, Wien 1973
Erich Tromayer: Maximilian und Henriette Florian. Der Versuch einer Gegenüberstellung. Eigenverlag, Wien 2008
Dr. Ramona Kordesch: Schöpfung - Gedichte. Dittrich Verlag de. bei Velbrück 2019