Labrouste war das jüngste Kind des Politikers François-Marie Labrouste (1762–1835), einem Mitglied des Rats der Fünfhundert und dessen Ehefrau Anne-Dominique Gourg (1764–1851). Seine Geschwister waren Étienne (1792–1858), Alexandre (1796–1866), Marie-Anne (1797–1885) und Théodore (1799–1885).
Im November 1824 reiste Labrouste nach Rom und wurde dort vom Direktor Pierre Narcisse Guérin betreut. Bereits auf seiner Hinreise besuchte Labrouste mehrere italienische Städte, um ebenfalls deren Architektur zu studieren. Eine seiner wichtigsten Veröffentlichungen[1] aus dieser Zeit waren seine Zeichnungen des Poseidontempels zu Paestum. 1830 kehrte er wieder nach Paris zurück und konnte zum 1. August desselben Jahres ein eigenes Atelier eröffnen.
Labrouste heiratete Marie-Joséphine Dassys (1804–1898) und hatte mit ihr fünf Kinder: Anne Marie (1838–1925), Charles François (1840–1841), François Émile (1843–?), Pierre Francois (1846–1907) und Laure (1848–1938).
Nach seiner Genesung und einigen kleineren Aufträgen schuf Labrouste 1837 ein Krankenhaus in Lausanne und zwischen 1843 und 1850 Bibliothek Sainte-Geneviève in Paris. Ab 1862 (Fertigstellung 1868) kreierte er den Bau der Nationalbibliothek, dessen Innenkonstruktion lange für viel ähnliche Gebäude zum maßgeblichen Vorbild wurde.
Im Gegensatz zu anderen Architekten seiner Zeit wie etwa Gottfried Semper, welche die sichtbare Verwendung des neuen Werkstoffes Eisen weitgehend ablehnten oder nur in „minderen“ Bauten wie Industriegebäuden oder Bahnhofshallen für angebracht hielten, zeigt Labrouste in seinen beiden Pariser Bibliotheksbauten unverhüllte Eisenarchitekturen.
1862–1868 Lesesäle im Altbau der französischen Nationalbibliothek in der Rue de Richelieu, Paris
Schriften (Auswahl)
Notes recueillies et classées. Paris 1928.
L’analyse des séismogrammes (Mémorial des sciences physiques; Bd. 26). Gauthier-Villars, Paris 1934.
Literatur
Corinne Bélier u. a. (Hrsg.): Henri Labrouste. Structure brought light. MOMA, New York 2012, ISBN 978-0-87070-839-8 (zugl. Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Museum of Modern Art, 10. März bis 24. Juni 2013).
Renzo Dubbini (Hrsg.): Henri Labrouste. 1801–1875. Electa, Mailand 2001, ISBN 88-435-9634-9.
Frédéric Edelmann: Baltard et Labrouste. Orfévres de la fonte. In: Le Monde, 28. Oktober 2012.
Giselher Hartung: Eisenkonstruktionen des 19. Jahrhunderts. Schirmer/Mosel, München 1985, ISBN 3-921375-70-3.
Neil A. Levine: Architectural reasoning in the age of positivism. The Neo-Grec idea of Henri Labrouste’s „Bibliothèque Sainte-Geneviève“. Dissertation, University of Yale, New Haven 1975 (4 Bde.)
Renée Plouin: Henri Labrouste. Sa vie, son œuvre. Dissertation, Universität Paris 1965.
Pierre Saddy (Hrsg.): Labrouste, architecte. 1801–1875. CNMHS, Paris 1977 (zugl. Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Hôtel de Sully, Paris 1976)
David van Zanten: Designing Paris. The architecture of Duban, Labrouste, Duc et Vaudoyer. MIT Press, Cambridge 1987, ISBN 0-262-22031-8.