Der Heliostat (von altgriechischἥλιοςhelios „Sonne“ und στατόςstatós „stehend, eingestellt“) ist ein Apparat mit einem Spiegel, der das Sonnenlicht unabhängig von der Änderung der Sonnenposition am Himmel immer auf den gleichen, ortsfesten Punkt reflektiert.
Ein ähnliches, aber mit einem Zielfernrohr versehenes Instrument ist das 1821 von Gauß entwickelte Heliotrop zur Sichtbarmachung ferner Vermessungspunkte.
Die früheste Erwähnung des Heliostaten, vermutlich nicht vom Erfinder, befindet sich in einem Buch des niederländischen Physikers Willem Jacob ’s Gravesande aus dem Jahre 1742. Vor ihm beschrieb der Italiener Giovanni Alonso Borelli (1608–1679) einen solchen Mechanismus in einem unveröffentlichten Manuskript.[1] Die Rotation des Heliostaten erfolgte durch ein Uhrwerk.[2] Später wurde das Gerät u. a. vom französischen Physiker Jean Thiébault Silbermann weiterentwickelt.[3]
Léon Foucault entwickelte um 1865 einen verbesserten Heliostaten, der für einen größeren Winkelbereich zur Himmelsbeobachtung verwendbar war. Seine feste Großanlage namens Siderostat (französischsidérostat), ausgestattet mit einem Spiegel damals höchster Qualität, reduzierte Kosten und technische Schwierigkeiten, v. a. für äquatoriale Montierungen.[4]
Bei Heliostaten und Siderostaten dreht sich im Laufe der Zeit das Bild in der Projektionsebene um einen Punkt (siehe Bildfelddrehung). Um auch diesen Nachteil zu beseitigen, wurden die Coelostaten entwickelt, die ein wichtiger Bestandteil von Sonnenbeobachtungsinstrumenten insbesondere bei großen Sonnenteleskopen sind.
Anwendung
Zuerst wurde die Strahlungsenergie insbesondere in optischen Laboren angewandt, die die Zusammensetzung des Sonnenlichtes untersuchen. Dazu wurde der Heliostat außerhalb des Versuchsraums gestellt, um Lichtstrahlen in den Raum einzuleiten. Wenn sich das Labor in einem höheren Stock befindet, wird zur Installation des Heliostaten ein Vorsprung errichtet.[5]
Heliostaten sind in neuerer Zeit in so genannten Solarturmkraftwerken eingesetzt worden, in denen hunderte von computergesteuerten Heliostaten ihr Licht auf einen in einer Turmspitze untergebrachten Absorber konzentrieren. Der Konzentrationsfaktor der Strahlung erreicht Werte von 1000 und mehr. Mit seiner Hilfe wird die Strahlung in Wärme umgewandelt, die abgeführt wird, um dann mittels Dampferzeugung über eine konventionelle Turbine einen Generator anzutreiben.
Heliostaten können auch für Beleuchtungszwecke eingesetzt werden. Dabei wird das Licht auf ansonsten im Dunkeln liegende Gebäudeteile, Lichtschächte oder Fahrzeugtunnel gelenkt. So sind insgesamt vier Heliostaten auf der italienischen Autobahn A6 in der Nähe der Ortschaft Painissolo zur Beleuchtung kurzer Tunnelabschnitte eingesetzt. Auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes der Nord/LB in Hannover sorgen zahlreiche Heliostaten dafür, dass sonnenabgewandte Büros mehr Tageslicht erhalten.[6]
In zunehmendem Maße werden Heliostaten eingesetzt um Orte, die in den Wintermonaten aufgrund ihrer Tallage keine direkte Sonneneinstrahlung erfahren, künstlich mit Sonnenlicht zu beleuchten. Seit 2006 ist ein solcher Spiegel im piemontesischenViganella in Betrieb. 2013 wurde eine ähnliche Anlage im norwegischenRjukan aufgestellt.[7]
Als Lichtquelle für lichtmikroskopische Anwendungen mit großem Helligkeitsbedarf wurden ebenfalls Heliostaten verwendet, bevor ab dem 20. Jahrhundert ausreichend starke künstliche Lichtquellen zur Verfügung standen.
Kapitel 4.1.1 Heliostaten. In: M. Mohr, P. Svoboda, H. Unger: Praxis solarthermischer Kraftwerke. Springer, Berlin/Heidelberg 1999, ISBN 978-3-642-63616-5, S. 122–135.
Kaltschmitt, Streicher, Wiese (Hrsg.): Erneuerbare Energien: Systemtechnik, Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte. Springer-Vieweg, 5. Auflage von 2014, ISBN 978-3-642-03248-6:
Heliostat. S. 294–296.
Heliostatenfelder. S. 296–299.
H. Weik: Expert Praxislexikon: Sonnenenergie und solare Techniken. 2. überarbeitete Auflage von 2006, expert Verlag, ISBN 978-3-8169-2538-5:
↑Wolf, C.: Description du sidérostat de L. Foucault. Annales scientifiques de l'École Normale Supérieure Sér. 2, 1 (1872), S. 51-84, archiviert vom Original am 6. Juni 2014; abgerufen am 10. Mai 2008 (französisch).