Heinz Guttfeld wurde als Sohn eines jüdischen Einzelhändlers in Luckenwalde (Brandenburg) geboren. Das Gymnasium musste Guttfeld als Sechzehnjähriger verlassen, weil die Inflation das kleine Geschäft seines Vaters ruiniert hatte. Ab 1922 absolvierte er eine kaufmännische Lehre in einer Bronzefabrik in Luckenwalde und arbeitete anschließend im gleichen Betrieb als Handlungsgehilfe.
Von 1927 bis 1929 nahm Heinz Guttfeld am zweiten Arbeiter-Abiturienten-Kurs[2] am Kaiser-Friedrich-Realgymnasium (der späteren Karl-Marx-Schule[3]) in Berlin-Neukölln teil und legte hier 1929 die Reifeprüfung ab.[4]
Heinz Guttfeld studierte ab 1929 in Berlin, Freiburg und Frankfurt am Main Mathematik, Geographie und Meteorologie[5]. 1932 machte er das Examen als Mittelschullehrer. Sein Ziel war es jedoch, in die Lehrerausbildung zu gehen, Lehrer an einer Pädagogischen Akademie zu werden.[6] Aus diesem Grund begann er, gestützt auf ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes,[7] eine Promotion in Pädagogik bei Hans Weil in Frankfurt. Durch die nationalsozialistische Machtergreifung wurden beide vor Abschluss des Verfahrens von der Universität vertrieben und emigrierten nach Italien.
Heinz Guttfeld und Hans Weil emigrierten im Oktober 1933 nach Italien. Sie arbeiteten zunächst beide am Landschulheim Florenz, bevor sie dann gemeinsam 1934 die Schule am Mittelmeer gründeten. Noch in Italien heiratete Heinz Guttmann 1934 Ellen Ephraim (geboren 1908 in Bernstein/Neumark, gestorben 1972 in Israel). Ellen Ephraim hatte 1929 ihr Diplom als Turnlehrerin abgelegt und arbeitete vor ihrer Emigration als Gymnastiklehrerin und Leiterin des Kinderheims der U.O.B.B.-Loge in Dresden. In der Schule am Mittelmeer arbeitete sie ebenfalls als Sportlehrerin.[9] 1935 verließen Heinz Guttfeld und Ellen Ephraim die Schule. Feidel-Mertz führt Guttfelds Ausscheiden darauf zurück, dass er aufgrund seiner mangelnden Sprachfähigkeiten nicht länger als Lehrer arbeiten konnte.[10] Indirekt bestätigt wird das von ihm in einem Interview, indem er deutlich macht, dass er erst in Palaestina Englisch gelernt habe und danach dann mit einigen Schwierigkeiten Hebräisch.[11]
Übersiedlung nach Palästina und Leben in Israel
Heinz Guttfeld und Ellen Ephraim übersiedelten 1935 nach Palästina, nachdem Guttfeld in den Genuss eines C-Zertifikts der britischen Mandatsverwaltung gekommen war.[12] Er wurde sofort Mitglied der Gewerkschaft Histadrut und der HOG (Hitachduth Olej Germania[13]), einer Selbsthilfeorganisationen deutscher Einwanderer.[14] Für die von der HOG als Kooperative gegründete Darlehenskasse „Kupath Milweh l'Olej Germania“[15] führte er bis 1936 statistische Untersuchungen durch und ebenso für die britische Mandatsverwaltung.
Im Januar 1937 begann dann Heinz Guttfelds Laufbahn als Meteorologe. Er gehörte zu einer Gruppe von emigrierten Wissenschaftlern, die als „German Group“ große Bedeutung für die Etablierung der Geowissenschaften, der Gewässerkunde und der Meteorologie in Palästina und später in Israel hatten.[16] Guttfeld arbeitete zunächst für den palästinensischen Wetterdienst und dann von 1940 bis 1945 für den Flugwetterdienst der britischen Luftwaffe. In den Jahren 1947/1948 arbeitete er für den Wetterdienst der Hagana, bevor er dann nach der Gründung des Staates Israel Direktor des israelischen Wetterdienstes[17] wurde. Diese Funktion übte Heinz Guttfeld bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1971 aus.
Heinz Guttfeld nahm im Jahre 1950 den Namen Mordechai Gilead an. Er lebte mit seiner Frau, Ellen Ephraim, in Ramat Gan in der Nähe von Jerusalem. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Michael, geboren 1939 in Ramat Gan, und Yohanan, geboren 1944 in Jerusalem.
Internationale Aktivitäten
Von 1947 bis 1971 war Heinz Guttfeld ständiger Vertreter Israels bei der World Meteorological Organization, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Im Auftrag der UNO arbeitete er aber auch als Berater in der Entwicklungshilfe, unter anderem in Nigeria, Ghana und in Nepal. Er war Mitglied der American Meteorological Society und gehörte ab 1963 dem Editorial Board der internationalen Fachzeitschrift Agricultural Meteorology (heute: Agricultural and Forest Meteorology) an.
Schriften
Edgar Rosemann, Hans Weil, Heinz Guttfeld: Aufruf zur Gründung eines jüdischen Werk- und Erziehungheimes, Frankfurt am Main, Kettenhofweg, 8. April 1933. Dieser bislang nur von Joseph Walk erwähnte Text enthält „auf 113 Seiten einen detaillierten fachlichen und theoretischen Lehrplan […] und die Grundlagen einer erfolgreichen Erziehungsarbeit“.[18]
Literatur
Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, öffentliches Leben. Saur, München 1980, ISBN 3-598-10087-6.
Anne Betten (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration. Das Deutsch der 20er Jahre in Israel. Teil 1: Transkripte und Tondokumente. Niemeyer, Tübingen 1995, ISBN 3-484-23142-4. (hier u. a. das Transkript eines Interviews mit Mordechai Gilead auf den Seiten 70 ff.)
Anne Betten, Myriam Du-nour (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration. Das Deutsch der 20er Jahre in Israel. Teil 2: Analysen und Dokumente. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-23145-9. (hier u. a. das Transkript eines Interviews mit Mordechai Gilead auf den Seiten 134/135)
↑Soweit nachfolgend nichts anderes angegeben wird, beruhen alle biografischen Angaben auf dem Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 (S. 222), die in kaum veränderter Form auch den Kurzportraits bei Feidel-Mertz, Schulen im Exil (S. 238) und Henriette Hättich, Demokratie braucht Demokraten (S. 28) zu Grunde liegen.
↑Zur Geschichte dieser Kurse vergleiche: Henriette Hättich (Hrsg.): Demokratie braucht Demokraten. Studienförderung als gesellschaftspolitische Aufgabe.
↑Die Lebensbedingungen während dieser Zeit schilderte er sehr anschaulich in dem bei Anne Betten dokumentierten Interview, Anne Betten (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration. Teil 1, S. 70ff.
↑Ein Versuch, auch Biologie zu studieren, brach er ab, da er über keine Lateinkenntnisse verfügte und nicht auch noch das Latinum nachholen wollte. Vergl. hierzu: Anne Betten (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration, Teil 1, S. 70ff.
↑Anne Betten (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration. Teil 1, S. 70ff.
↑Die Aussage über diese Förderung beruht auf dem bei Betten abgedruckten Interview: Anne Betten (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration. Teil 1, S. 70ff. Möglicherweise wurde er aber auch zusätzlich oder ausschließlich von der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert. Vergl. hierzu: Henriette Hättich (Hrsg.): Demokratie braucht Demokraten. S. 20–21.
↑Anne Betten, Myriam Du-nour (Hrsg.): Sprachbewahrung nach der Emigration – das Deutsch der 20er Jahre in Israel. Teil 2, S. 134/135.
↑Die Einwanderer wurden in vier Kategorien eingeteilt: Kategorie A (Einwanderer mit eigenem Vermögen). Kategorie B (Einwanderer mit gesichertem Lebensunterhalt). Kategorie C (Einwanderer mit sicherer Aussicht auf Beschäftigung). Kategorie D (Einwanderer auf Anforderung, das heißt Familienangehörige und Spezialarbeiter). Siehe hierzu: Einwanderungszertifikate für Palästina (Memento des Originals vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lmz-bw.de
↑Die Eigenbezeichnung in lateinischen Lettern lautete von 1932 bis 1939 Hitachduth Olej Germania (hebräisch הִתְאַחְדוּת עוֹלֵי גֶּרְמַנְיָה Hit'achdūt ʿŌlej Germanjah, deutsch ‚Vereinigung der Olim Deutschlands‘, H.O.G.; wie beim Mitteilungsblatt der Hitachduth Olej Germania im Titel), zwischen 1940 und 1942 Hitachdut Olej Germania we Austria (hebräisch הִתְאַחְדוּת עוֹלֵי גֶּרְמַנְיָה וְאוֹסְטְרִיָה Hit'achdūt ʿŌlej Germanjah we-Ōsṭrijah, deutsch ‚Vereinigung der Olim Deutschlands und Österreichs‘, Akronym: HOGoA; vgl. Mitteilungsblatt der Hitachdut Olej Germania we Austria), dann von 1943 bis 2006 Irgun Olej Merkas Europa (hebräisch אִרְגּוּן עוֹלֵי מֶרְכַּז אֵירוֹפָּה Irgūn ʿŌlej Merkaz Ejrōpah, deutsch ‚Organisation der Olim Mitteleuropas‘; wie in ihrem Organ: MB - Wochenzeitung des Irgun Olej Merkas Europa), seither führt der Verein den jetzigen Namen Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft (hebräisch אִרְגּוּן יוֹצְאֵי מֶרְכַּז אֵירוֹפָּה Irgūn Jōtz'ej Merkaz Ejrōpah, deutsch ‚Organisation der aus Mitteleuropa Stammenden‘; vgl. Titel des Vereinsblatts Yakinton / MB: Mitteilungsblatt der Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft).
↑Joseph Walk: Jüdische Schule und Erziehung im Dritten Reich, Verlag Anton Hain Meisenheim GmbH, Frankfurt am Main, 1991, ISBN 3-445-09930-8, S. 311 (Anmerkung 378)
Normdaten (Person): Wikipedia-Personensuche | Kein GND-Personendatensatz. Letzte Überprüfung: 23. April 2018.