Heinrich Pesch war der Sohn des Schneiders Johann Theodor Pesch und Anna Maria Stüttgen.[1] Er war der Bruder von Tilman Pesch. Er studierte ab 1872 in Bonn Theologie, Philosophie und Volkswirtschaftslehre. Hier trat er auch der Unitas-Salia im Verband der Wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine Unitas bei. 1876 trat er in den Jesuitenorden ein und lernte während eines vierjährigen Aufenthaltes in England, wo er seine theologischen Studien vollendete, den entwickelten Kapitalismus und die sozialen Widersprüche des Landes kennen. Von 1892 bis 1900 war er Spiritual am Priesterseminar Mainz, wo er das Buch Liberalismus, Sozialismus und christliche Weltanschauung verfasste. Durch Vorträge des Publizisten Rudolf Meyer wurde Pesch mit den Lehren von Marx und Rodbertus bekannt. Nach einem erneuten Studium der Volkswirtschaftslehre bei Schmoller und Wagner in Berlin (1900–1902) lebte Pesch im Schriftstellerheim der deutschen Ordensprovinz des Jesuitenordens in Luxemburg und arbeitete an seinem ab 1905 erschienenen Lehrbuch der Nationalökonomie. Von 1910 bis kurz vor seinem Tod war Pesch im Rahmen der katholischen Großstadtseelsorge im Kloster Berlin-Marienfelde tätig.
Der UNITAS-Verband verleiht einen nach Pesch benannten Preis für besondere Verdienste um die Ausgestaltung und Verwirklichung der katholischen Soziallehre.[5]
Werk
Pesch geht in seinem Werk davon aus, dass zwischen dem Individuum und der Gesellschaft ein wechselseitiges Abhängigkeits- und Verpflichtungsverhältnis besteht. Aus diesem Grundgedanken entfaltet er sein „soziales Arbeitssystem“, in dem der Mensch und der Dienst am Gemeinwohl als Ziel der Wirtschaft definiert werden. Pesch befürwortet Privatwirtschaft und freie Konkurrenz, die aber der sozialen Gerechtigkeit und dem Gemeinwohl als regulative Prinzipien unterstellt sein sollen.
Schriften
Lehrbuch der Nationalökonomie, 5 Bde., Freiburg 1905–1923
Liberalismus, Sozialismus u. christl. Gesellschaftsauffassung, 2 Bde., Freiburg 1893–1900
Die sociale Befähigung der Kirche, 2., verm. Aufl., Berlin 1899
Hermann-Josef Große Kracht, Tobias Karcher SJ, Christian Spieß (Hrsg.): Das System des Solidarismus – Zur Auseinandersetzung mit dem Werk von Heinrich Pesch SJ, LIT Verlag, Berlin 2007.
Heribert Raab: Neue Quellen zum Leben und Werk von Wilhelm Hohoff. In: JCSW 25 (1984) S. 137–184.
Anton Rauscher: Heinrich Pesch (1854–1926). In: ders. mit Jürgen Aretz, Rudolf Morsey (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Band 3. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1979, ISBN 3-7867-0738-3, S. 136–148 (Nachdruck bei Aschendorff, Münster 2022, Digitalisat).