Hedwig Schlichter erhielt ihre künstlerische Ausbildung an Wiens Akademie für Musik und darstellende Kunst. 1920 ging sie ans Stettiner Stadttheater. Weitere Theaterstationen waren Wien, München, Leipzig und Berlin, wo sie unter anderem am Theater in der Klosterstraße auftrat. Zwischen 1929 und 1933 erhielt Schlichter Nebenrollen in mehreren deutschen Filmen. 1933 am Deutschen Theater und am Deutschen Künstlertheater engagiert, erhielt die österreichische Künstlerin nur noch ein deutsches Anschlussengagement, vom Theater in der Stresemannstraße, ehe sie durch die Nationalsozialisten vom Spielbetrieb ausgeschlossen wurde. Daraufhin entschloss sich die jüdische Künstlerin zur Emigration.
Schlichter ging zunächst nach Paris, wo sie am Cercle Culturel Autrichien an der Seite Leon Askins auftrat. 1939 wanderte sie nach Argentinien aus. In Buenos Aires nannte sie sich fortan Hedy Crilla und spielte weiterhin Theater. Anfangs trat sie bevorzugt an Paul Walter Jacobs Emigrantenspielstätte Freie Deutsche Bühne (Teatro alemán independiente) auf. Dort reussierte sie in Stücken Somerset Maughams, Lillian Hellmans und Henrik Ibsens. Sporadisch wirkte Hedy Crilla mit kleinen Parts auch in argentinischen Filmen mit. Die Schauspielerin führte darüber hinaus auch Theaterregie und gab Schauspielunterricht. Dabei orientierte sie sich an den Lehrmethoden Stanislawskis und Strasbergs.
Ab 1947 betrieb Hedy Crilla ein Kindertheater und gründete die Escuela de Arte Escénico de la Sociedad Hebraica Argentina, eine Ausbildungsstätte für Theaterkünstler. Nebenbei inszenierte sie auch weiterhin Stücke, darunter 1976 Frank WedekindsFrühlings Erwachen und 1982 David Edgards Mary Barnes. 1977 gab sie ihre Abschiedsvorstellung als Schauspielerin. Hedwig „Hedy“ Schlichter/Crilla, die ihre spanische Schreibweise gelegentlich auch in „Krilla“ variierte, hat auch in argentinischen Fernsehproduktionen mitgewirkt.
Kay Weniger: „Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …“. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 443.