Das Haus wurde von 1748 bis 1752[2] nach Plänen des Aachener BaumeistersJohann Joseph Couven für den Tuchfabrikanten Leonhard Vercken errichtet, der den Neubau 1753[3] bezog. Im Jahr 1770 war das Unternehmen Leonhard Vercken & Cie. Eigentümer, dem ab 1787 der Kaufmann Gerhard Nikolaus Vercken folgte.[4] 1826 war das Haus Eigentum der Witwe Mostert. Danach gehörte es 1832 Johann Anton Joseph Oetgen und ab 1835 Hermina Katharina Oetgen.[5] 1836 durch Johann Christian Jeghers erworben, gelangte Haus Vercken nach Jegehers Tod 1856 wahrscheinlich an seine Tochter Elise, die mit dem Aachener Nadel- und Tabakfabrikanten Stephan Beissel verheiratet war.[5] Als Witwe verkaufte sie das Haus am 18. Dezember 1856 an die Kongregation der Franziskanerinnen von der Heiligen Familie, vertreten durch Maria Katharina Bree und Katharina Josephine Koch.[5]
Die Klosterschwestern nutzten das Gebäude von 1857 bis 1875 als Mutterhaus, ehe dieses infolge des Kulturkampfes ins belgische Löwen verlegt wurde. Zugleich betreuten die Nonnen dort alte Damen.[6] Anfang der 1980er Jahre ließ die Ordensgemeinschaft im ehemaligen Klostergarten ein neues Altenheim errichten, indem sie ein aus dem Jahr 1857 stammendes Gebäude ersetzen ließ.[7] Der Neubau wurde 2005 noch einmal erweitert.[8] Seit dem 13. April 1994 dient das Haus auch wieder als Sitz der Ordensleitung.[9] Sie initiierte eine Restaurierung des Gebäudes, die 1997 abgeschlossen wurde.[9]
Beschreibung
Architektur
Haus Vercken besteht aus einem Hauptbau mit schiefergedecktemMansarddach, dem sich nach Südosten und Süden Flügelbauten anschließen. Sein Aussehen erinnert an das 15 Jahre zuvor fertiggestellte Wespienhaus in Aachen. Das Gebäude zeigt maasländische und mainfränkische Elemente und vereinigt somit den Stil des Lütticher Régence mit dem des süddeutschen Barocks.[3][10] Zur Zeit seiner Errichtung war die Bauform eigentlich schon veraltet, denn zu jener Zeit waren bereits dreiflügelige Bürgerhäuser mit Ehrenhof wie zum Beispiel das Haus Grand Ry in Mode.[11]
Der Haupttrakt besitzt drei Geschosse, von denen das zweite Obergeschoss als Mezzanin ausgebildet ist. Die nach Norden ausgerichtete Schaufassade ist durch Fenster in fünf Achsen unterteilt. Im rustizierten Erdgeschoss zeigt sie behaueneBlausteinquader, während das Mauerwerk der oberen Etagen aus rot gestrichenen Ziegeln besteht und Eckquaderungen in Zahnschnittfolge hat. Die stichbogigen Fenster besitzen eine Rahmung aus Blaustein mit einem skulptiertenKeilstein. Die Mittelachse der Nordfassade ist von Pilastern aus Blaustein eingefasst, die im zweiten Obergeschoss unter dem kräftig profilierten Traufgesims in ionischenKapitellen enden. Auf Dachhöhe trägt das Gesims einen geschweiften Giebel in Rokokoformen, dessen Giebelfeld das Wappen der Familie Vercken zeigt.[12] Die Mittelachse des Gebäudes findet ihren oberen Abschluss in einem oktogonalen Glockentürmchen, das von einem Kreuz bekrönt ist.
Eine dreistufige Freitreppe führt zum mittig gelegenen, einstigen Haupteingang. Nach Einzug der Franziskanerinnen und der damit einhergehenden Einrichtung einer Hauskapelle im Erdgeschoss des Hauses musste der Eingang vermauert werden und wurde zu einer Nische umgestaltet, die von einem etwa kniehohen schmiedeeisernen Gitter umgeben ist. Es zeigt die Jahreszahl 1752 sowie die ineinander verschlungenen Buchstaben LV und stammt ursprünglich von dem Balkon im ersten Obergeschoss des Hauses direkt über dem Eingang. In der Nische steht eine Statue des heiligen Franziskus. Über der einstigen Balkontüre befindet sich eine reichverzierte Kartusche aus der Barockzeit, welche die Inschrift MDCCLII (1752) zeigt. Die Buchstaben aus dem einstigen Balkongitter wiederholen sich in den Fensterkörben des ersten Geschosses.
Die rückwärtige Fassade des Gebäudes besitzt eine völlig andere Gestaltung. Das Mauerwerk besteht aus Sand- sowie Blaubruchsteinen und wird ebenfalls durch Eckquaderungen in Zahnschnittfolge begrenzt. Schmale Fenster unterteilen die Fassade in sechs Achsen. Sie kann nur von einem auf der Rückseite des Hauses liegenden Hof betrachtet werden. Von dort ist auch der ehemalige Dienstbotentrakt erreichbar, der sich dem Haupthaus nach Süden anschließt. Er stammt wahrscheinlich aus dem beginnenden 19. Jahrhundert und würde über einem älteren Kern errichtet.[1] Der zweigeschossige Flügel besitzt ein ziegelgedecktesSatteldach, Eckquaderungen in Zahnschnittfolge und einen schlichten Eingang, dessen gerader Türsturz die Jahreszahl 1747 zeigt.
In südöstlicher Richtung schließt sich dem Hauptbau ein viergeschossiger Trakt an, der in der Anfangszeit wohl als Schererwinkel zur Tuchfabrikation diente.[5] Er besaß ursprünglich nur drei Geschosse, das vierte kam erst im 19. Jahrhundert hinzu.[5] Der Bereich vor dem achtachsigen Bau ist vom Haupthaus durch eine Mauer getrennt. Der damit geschaffene Vorhof kann durch ein Gittertor mit Urnen tragenden Torpfeilern aus Blaustein betreten werden.
Inneneinrichtung
Von der originalen Inneneinrichtung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist im Hauptbau noch das Treppenhaus mit einer schweren, gewendelten Balustertreppe erhalten. Der Fußbodenbelag dieses Raums weist in seiner Mitte eine Windrose aus lokal vorkommendem Marmor auf. Der schwarze Marmor stammt aus Theux, während der rote Marmor in der Grube St. Remy in den Ardennen abgebaut wurde.[13] Zudem sind einige Stuckdecken mit Rokokoverzierungen erhalten.
Im Erdgeschoss liegt die schlichte Hauskapelle des Klosters mit einem neugotischenAltar. Daneben befindet sich eine kleine Grabkammer mit der Gruft der Ordensgründerin Elisabeth Koch. Diese ist tagsüber frei zugänglich.[10]
Statuennische
Balkontüre
Schweifgiebel mit Wappen
Rückwärtige Fassade
Hauskapelle
Literatur
Bürgerhäuser. In: Michael Amplatz et al.: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Eupen und Kettenis. (= Geschichtliches Eupen. Band 10). Markus-Verlag, Eupen 1976, S. 66–125, hier S. 103–107.
Marcel Bauer, Frank Hovens, Anke Kappler, Belinda Petri, Christine Vogt, Anke Volkmer: Unterwegs auf Couvens Spuren. Grenz-Echo Verlag, Eupen 2005, ISBN 90-5433-187-9, S. 108–110.
Martine Joway-Marchal: Eupen/Martplatz: No. 1, Couvent des Soeurs franciscaines. In: Ghislaine de Bièvre (Hrsg.): Le patrimoine monumentale de Belgique. Band 12, Teil 1: A–E. Mardaga, Lüttich 1984, ISBN 2-8021-0062-9, S. 285–288.
Richard Klapheck: Die Baukunst am Niederrhein. Band 2. Kunst-Verein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf 1916, S. 121 (Digitalisat).
↑H. S.: Ein modernes Altenheim am Eupener Klösterchen. In: Grenz-Echo. Ausgabe vom 19. August 1978, S. 5.
↑Marcel Bauer: Der weiße Kittel als Programm. In: Pflege Heute. Jg. 3, 2011, Nr. 2, S. 8 (PDF; 1,9 MB).
↑ abAlfred Minke: Inventar des Archivs der Franziskanerinnen von der Hl. Familie (1703-2011). Generalstaatsarchiv, Brüssel 2015, ISBN 978-90-5746-761-5, S. 28 (PDF; 3,3 MB).
↑ abDagmar Preising, Gisela Schäffer (Hrsg.): Klangwelten in Couven-Räumen. Couven-Museum, Aachen Juli 2013, S. 47 (PDF; 4,9 MB).
↑Marcel Bauer u. a.: Unterwegs auf Couvens Spuren. 2005, S. 108.
↑Wappen Vercken und Geschichte der Familie auf ostbelgien.net
↑Marcel Bauer u. a.: Unterwegs auf Couvens Spuren. 2005, S. 110.