Seine durch die Spätwerke Raffaels und Michelangelos inspirierte Malweise und seine freie und persönliche Interpretation der architektonischen Formensprache der Renaissance machten ihn zu einem Meister des Manierismus in Italien. Kenntnisse über sein Werk waren durch Marcantonio Raimondis Kupferstiche auch im übrigen Europa verbreitet.
Giulio Romano wurde in der Werkstatt Raffaels in Rom ausgebildet und ist dort 1515 erstmals urkundlich nachgewiesen. Er war Raffaels enger Mitarbeiter, der ihn an der Ausführung vieler seiner Fresken und Gemälde beteiligte, so hat er beispielsweise das jetzt im Prado vorhandene Bild Heilige Familie unter dem Eichbaum nach dessen Skizzen entworfen und gemalt.
Nach Raffaels Tod im Jahre 1520 übernahm er zusammen mit Penni die Werkstatt, beide vollendeten die restlichen Aufträge, und die Raffael-Werkstatt dominierte weiterhin den Kunstbetrieb in Rom. Zunächst schlossen sie die Ausmalungen im Atrium der Villa Madama ab, die Raffael für den Kardinal Giulio de’ Medici, den späteren Clemens VII., begonnen hatte. In der Folge malten sie im Auftrag vom Papst Leo X. Fresken für die Sala di Constantino im Vatikan. Giulios religiöse Tafelbilder aus der Zeit zwischen 1520 und 1524 sind in ihrem formalen Aufbau noch an Raffael orientiert, während sich in der Farbwahl, der Fülle der Figuren und den ungewöhnlichen Motiven schon neue Entwicklungen seiner Malkunst andeuten.
Aus den zwanziger Jahren stammen die modi, 16 erotische Zeichnungen, die von Marcantonio Raimondi in Kupfer gestochen worden sind und die von Pietro Aretino mit pornographischen Versen, den sonetti lussuriosi, versehen wurden. Raimondi wanderte wegen dieser Stiche ins Gefängnis, das Buch wurde von der Kirche auf den Index gesetzt.
Seine erste Aufgabe als Architekt war die Fertigstellung der Villa Lante auf dem Gianicolo in Rom, die 1518 von Raffael begonnen worden war. Es folgte der Auftrag zum Bau des Palazzo Cicciaporti-Senni, ein Bau, an dem sich Giulios spektakuläre Brüche mit den Prinzipien der Baukunst der Renaissance schon andeuten. So ersetzte er dort optisch die tragenden Pilaster durch dekorative Lisenen und die Basen der Säulen ruhen auf breiten Gesimsen, in denen die Säulenbasen scheinbar versinken.
Mantua
Herzog Federico II. Gonzaga von Mantua berief ihn 1524 nach Mantua und ernannte ihn zum Direktor der Wasserbauten und zum Oberintendanten der Gebäude. In den Folgejahren gab er der Stadt ein völlig neues Aussehen. Sein Hauptwerk ist der Palazzo del Tè, ein Lustschloss vor den Toren der Stadt Mantua, den er für den Herzog erbaute und mit spektakulären Fresken ausstattete[1]. Für den Palast des Herzogs entwarf er einen Cortile mit gewundenen Doppelsäulen im Obergeschoss. Von 1545 ist der Entwurf für den Dom in Mantua.
Giulio Romano starb am 1. November 1546 in Mantua, als er gerade im Begriff war, als neu ernannter Architekt des Petersdoms in Rom die Stadt zu verlassen.
Cortile della Cavallerizza im Palazzo Ducale in Mantua, um 1544
Entwurf der Kirche Sankt Benedikt in Mantua, nach 1545
Umbau der Kathedrale von Mantua
Auktionen
1825 in Nürnberg: Eine höchst obscöne Vorstellung, deren nähere Beschreibung ausser den Grenzen der Sittlichkeit liegt.[2]
Literatur
Barbara Hryszko: Two Drawings by Giulio Romano as Sources for the Sujets de la Fable Tapestries for Louis XIV. in: Source. Notes in the History of Art Vol. 38, Nr. 2 (Winter 2019), ISSN 0737-4453, S. 88–96 (englisch).
Ernst H. Gombrich, Sergio Polano et al.: Giulio Romano. Electa, Mailand 1989, ISBN 88-435-2953-6 (italienisch, Ausstellungskatalog zur Ausstellung in Mantua von September bis November 1989).
Fabian Müller: Giulio Romanos Mantuaner ,Künstlerhaus‘ als summa artistica. Eigenreferenzialitäten in Architektur und Ausstattung der Casa Pippi (1538–1542). in: Andreas Tacke, Thomas Schauerte, Danica Brenner (Hrsg.): Künstlerhäuser im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2018, ISBN 978-3-7319-0394-9, S. 106–114.
Manfredo Tafuri: Giulio Romano. Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-57339-4 (englisch).
Giorgio Vasari: Das Leben des Giulio Romano. Neu übersetzt von Victoria Lorini und Matteo Burioni. Herausgegeben, kommentiert und eingeleitet von Matteo Burioni. Klaus Wagenbach, Berlin 2005, ISBN 3-8031-5028-0.
Andreas W. Vetter: Gigantensturz-Darstellungen in der italienischen Kunst. Zur Instrumentalisierung eines mythologischen Bildsujets im historisch-politischen Kontext. VDG, Weimar 2002, ISBN 978-3-89739-299-1.
↑Andreas W. Vetter: Gigantensturz-Darstellungen in der italienischen Kunst. Zur Instrumentalisierung eines mythologischen Bildsujets im historisch-politischen Kontext. VDG, Weimar 2002, ISBN 978-3-89739-299-1.