Georg von Ostia

Georg von Ostia (in einigen wissenschaftlichen Publikationen fälschlicherweise auch Gregor von Ostia genannt;[1]798) war ein päpstlicher Legat und Bischof.

Leben

Georg war Bischof von Ostia in den Jahren 753–798 und Amiens in den Jahren 777–798. Die Karriere Georgs in päpstlichen Diensten begann unter Papst Stephan II., den er im Jahr 754 nach Ponthion zum neuen fränkischen König Pippin begleitete. Anlass war wahrscheinlich die Salbung der jungen Prinzen Karl und Karlmann und Georg wurde als erster unter den Begleitern des Papstes genannt. Diese erste Reise ins Fränkische Reich scheint seine weitere Laufbahn nachträglich gefördert zu haben.[2] 756 wurde er erneut zu Pippin geschickt, um die von Aistulf, dem König der Langobarden, verhängte Sperrung des Landwegs nach Italien zu durchbrechen. Im Jahr 757 war er päpstlicher Legat auf der Synode von Compiègne. Papst Paul I. entsandte Georg als Verbindungsmann ins Frankenreich, wo er mehrere Jahre verbrachte.

Erst unter Papst Stephan III. kehrte er nach Rom zurück, wo er im Jahr 769 an der Lateransynode teilnahm. Doch blieb er unter Karl dem Großen ein Gesandter auch der Franken. Im Frühjahr 773 sandte Karl der Große Georg zusammen mit Albuinus und Abt Wulfhard von Tours nach Rom. Sie sollten die von Papst Hadrian I. gegenüber den Langobarden erhobenen Vorwürfe prüfen, unter die Kontrolle des Papstes zu stellende Gebiete in Mittelitalien nicht räumen zu wollen. Ihrem Bericht folgte die Mobilisierung der Franken, die Schlacht von Pavia und die Übernahme des Königreichs der Langobarden durch Karl den Großen.[3] Als Karl ihn 782 erneut zu Hadrian I. schickte, schrieb dieser in einem Brief, Georg sei sowohl Karls als auch sein Bischof.[4] Er leitete, begleitet von dem Bischof Theophylakt von Todi und Abt Wigbod von Trier, im Jahr 786 eine Reihe von Synoden in England, um die zuvor verschlechterten Beziehungen zwischen dem Papst und dem englischen Adel wiederherzustellen. Sein Brief an Hadrian[5] ist das einzige Zeugnis zu den nicht erhaltenen Synodalakten. Anlässlich der Weihe von Kirchen der Abtei Saint-Riquier im Jahr 798 wird Georg ein letztes Mal erwähnt, für das Jahr 799 ist mit Iesses ein neuer Bischof für Amiens überliefert.[6]

Georg ist unter anderem für die frühesten bekannten Belege der Begriffe Anglorum Sax(o)nia und theodiscus in der Chronik seines Besuchs in England bekannt.[7] Seine eigentliche Bedeutung lag laut Joanna Story jedoch in seiner Rolle, die er vier Jahrzehnte lang in den fränkisch-päpstlichen Beziehungen spielte und in deren Rahmen er mit den heikelsten diplomatischen Aufträgen betraut war, die vor allem das Verhältnis zwischen Langobarden und Franken sowie die Herrschaftsverhältnisse in Italien betrafen. Die zugrunde liegenden Konflikte mündeten im Ende des Langobardenreichs.[8]

Literatur

  • Wilhelm Levison: England and the Continent in the Eighth Century. Clarendon Press, Oxford 1946, S. 127–129.
  • Salvatore Cosentino: Prosopografia dell’Italia bizantina (493–804). Band 2. Lo Scarabeo, Bologna 2000, S. 48–49.
  • Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 55–92, besonders S. 55–56 und 88–90.

Einzelnachweise

  1. Neben anderen beispielsweise von Arthur Martineau: Church History in England: From the Earliest Times to the Period of the Reformation. Longman, Brown, Green, and Longmans, London 1853, S. 152; Arnold Oskar Meyer, Otto Brandt: Handbuch der deutschen Geschichte. Band 1: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters. Neu herausgegeben von Leo Just. Athenaion, Konstanz 1957, S. 4; Matthias Springer: Italia docet: Bemerkungen zu den Wörtern francus, theodiscus und teutonicus. In: Wolfgang Haubrichs, Jörg Jarnut, Dieter Hägermann und Claudia Giefers (Hrsg.): Akkulturation: Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. De Gruyter, Berlin 2004, S. 68–98, hier S. 88. Die lateinischen Quellen geben immer die Form Georgius.
  2. Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 88.
  3. Louis Duchesne: Le Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire (= Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome. Sér. 2, T. 3, 1). Band 1. Thorin, Paris 1886, S. 494 (Digitalisat).; Wilhelm Levison: England and the Continent in the Eighth Century. Clarendon Press, Oxford 1946, S. 154 Anm. 3; Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 56.
  4. Monumenta Germaniae Historica. Abteilung: Epistolae. Band 3: Epistolae Merowingici et Karolini aevi (I), Nr. 73, S. 604 (Digitalisat): episcopum vestrum nostrumque; Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 56.
  5. Monumenta Germaniae Historica. Abteilung: Epistolae. Band 4: Alcvini sive Albini epistolae, Nr. 3, S. 20–29 (Digitalisat, unter den Briefen Alkuins einsortiert).
  6. Louis Duchesne: Fastes épiscopaux de l’ancienne Gaule. Band 3. 2. Auflage. Fontemoing, Paris 1915, S. 128–129 (Digitalisat); Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 55 Anm. 4.
  7. Joanna Story: Charlemagne: Empire and Society. Manchester University Press, Manchester 2005, S. 198.
  8. Joanna Story: Carolingian Connections: Anglo-Saxon England and Carolingian Francia, c. 750–870. Ashgate Publishing, Aldershot 2003, S. 90.