Geierlay

Geierlay
Geierlay
Geierlay
Hängeseilbrücke Geierlay in ihrer Gesamtlänge von der Seite Mörsdorf aus gesehen
Offizieller Name Hängeseilbrücke Geierlay
Nutzung Fußgängerbrücke
Überführt Rundweg Geierlay Mörsdorf – Sosberg
Unterführt Mörsdorfer Bach
Ort Mörsdorf
Konstruktion Seilbrücke
Gesamtlänge 360 m
Breite 0,85 m Lauffläche, 1,44 m Seilgeländer (trapezförmiger Querschnitt)
Längste Stützweite 360 m
Konstruktionshöhe 1,5 m (inkl. Seilgeländer)
Tragfähigkeit 2,5 kN/m²·
Lichte Höhe 100 m
Baukosten 1.140.000 Euro
Baubeginn 26. Mai 2015
Fertigstellung 30. September 2015
Eröffnung 3. Oktober 2015
Planer Stadt-Land-plus (Planung), Hans Pfaffen (Statik), crestageo ag (Ausführung), beide Chur
Lage
Koordinaten 50° 5′ 24″ N, 7° 20′ 28″ OKoordinaten: 50° 5′ 24″ N, 7° 20′ 28″ O
Höhe über dem Meeresspiegel 321 m Ã¼. NHN

Die Hängeseilbrücke Geierlay (offizieller Name), oder kurz Geierlay, ist eine Fußgängerseilbrücke in Rheinland-Pfalz. Sie liegt im Hunsrück und überquert das Mörsdorfer Bachtal zwischen den Ortsgemeinden Mörsdorf (Rhein-Hunsrück-Kreis) und Sosberg (Landkreis Cochem-Zell). Mit 360 Metern Länge war sie bis 2017 die längste Hängeseilbrücke Deutschlands, danach ging dieser Rang an die Titan RT in Sachsen-Anhalt, die im Harz an der Rappbode-Talsperre liegt.

Geschichte

Die Idee einer Hängebrücke entstand 2006 in Mörsdorf anlässlich der Planungen einer Dorferneuerung, wurde aber zunächst als nicht realisierbar verworfen. Drei Bürger der Gemeinde, darunter der spätere Ortsbürgermeister, griffen die Idee 2010 erneut auf und trieben die Entwicklung voran. Im selben Jahr beschloss der Gemeinderat die Umsetzung. Ende Mai 2015 wurde mit dem Bau begonnen, die Eröffnung fand planmäßig am 3. Oktober 2015 statt.[1][2][3]

Vorbild

Die Brücke wurde nach nepalesischem Vorbild konstruiert, was auch bei der Triftbrücke in den Urner Alpen (Schweiz) der Fall ist. Machbarkeitsstudie, touristisches Konzept, Projektkoordination und Bauleitung erfolgten durch das in Boppard ansässige Büro für Städtebau und Umweltplanung Stadt-Land-plus. Planung, Statik und Ausführung der Brücke selbst wurde von Schweizer Firmen aus Chur geleistet.

Technik

Die Brücke hat eine Gesamtlänge von 360 m und gehört zu den längsten Hängeseilbrücken Europas. Die maximale Höhe über dem Boden beträgt knapp 100 m. Das Eigengewicht liegt bei 62 Tonnen.[4]

Die tragende Konstruktion besteht aus vier unteren, geschlossenen Spiralseilen mit einem Durchmesser von 40 mm sowie zwei oben verlaufenden offenen Spiralseilen, die zusätzlich als Handlauf dienen und 32 mm stark sind. Die Verankerungen der Tragseile wurden je Widerlager mit sechs Dywidag-Ankerstangen von 63 mm Durchmesser realisiert, die bis zu 25 m tief in den Fels einzementiert wurden.

Schräg unterhalb der unteren Lastseile verlaufen zwei parabolisch montierte Windlastseile, die bei einer Vorspannung von 100 kN mit 9 m tiefen Geoflex-Ankern im Fels montiert sind. „Flex-Köpfe“ von Seilankern haben im Gegensatz zu starren Stabankern einen Spielraum von bis zu ±30° zur Bohrachse, damit können die vom Wind übertragenen Biegekräfte besser ausgeglichen werden.[5] An diesen Seilen ist die Brücke schräg abwärts abgespannt, wodurch sie seitlich stabilisiert wird, damit sie sich bei starken Winden nicht überschlägt und generell ein gedämpftes Schwingungsverhalten zeigt.

Die Brücke trägt maximal eine Last von 50 Tonnen, was in etwa 600 Personen bei einem angenommenen Durchschnittsgewicht von 80 kg entspricht.[6] Die eigentliche Seilbrücke wurde nach Fertigstellung der Widerlager innerhalb von vier Wochen im September 2015 erbaut.

Die jeweils vier im Abstand von 10 mm nebeneinandergelegten Holzplanken des Gehwegs (0,85 m Breite, 6 cm Stärke) bestehen aus druckimprägniertem Douglasie­nholz, das in Deutschland als Bauholz für tragende Konstruktionen zulässig ist, und wurden längs auf den im Abstand von 1,49 m montierten Stahl-T-Träger verschraubt. Die Stahlkonstruktion aus Stahl S355 wurde im Auftrag von Crestageo vom Stahlbauunternehmen Mair Wilfried in St. Lorenzen (Südtirol) vorgefertigt und montagefertig nach Mörsdorf geliefert. Der Abstand der Geländerseile zueinander lässt auf Schulterhöhe einen begehbaren Platz von 1,40 m zu. Daher ist die Brücke ausschließlich für Fußgänger nutzbar, Fahrräder müssen geschoben werden.

Touristisches Konzept

Der Name der Brücke ist dem Flurnamen der Gemarkung entnommen, auf der sich die Brücke befindet: Ein Felsabhang mit Namen Geierslay, der diesen Namen vermutlich bekam, weil in der Nähe des Felsens (siehe auch Ley) zahlreiche Greifvögel leben. Eine Falknerei erinnert an diese historische Gegebenheit. Das Wort „Geier“, stammend von dem mittelhochdeutschen „gir“ als Substantiv von „gierig“, ist noch heute eine Trivialbezeichnung für mehrere Arten von Greifvögeln. Der Name Geierlay (ohne s) wurde in einem öffentlichen Namenswettbewerb ermittelt.

Besucherzentrum in Mörsdorf
Starker Besuch bei gutem Wetter eine Woche nach der Einweihung.

Zu dem Gesamtkonzept der Geierlay gehört ein Besucherzentrum mit großem kostenpflichtigen Parkplatz in Mörsdorf, auch für Reisebusse. Das Zentrum wird in regelmäßigem Takt von Bussen nach und von Kastellaun und Treis-Karden angefahren, von wo aus Zugverbindungen der Moselstrecke erreicht werden. Im Besucherzentrum befindet sich ein Bistro. Die Brücke selbst ist ausschließlich zu Fuß oder mit dem Rad über 1,8 km gut befestigten Weg zu erreichen.

Die Brücke kreuzt den Saar-Hunsrück-Steig zwischen Etappe 19 und Etappe 20 und ist Bestandteil der beiden Geierlay-Rundwege:

  • Die „große“ Geierlayschleife führt auf einem rund 5,5 km langen Rundweg vom Besucherzentrum Mörsdorf über die Hängeseilbrücke und auf einem Teilabschnitt des Saar-Hunsrück-Steigs unter der Hängeseilbrücke hindurch wieder zurück nach Mörsdorf.
  • Die „kleine“ Geierlayschleife mit etwa 3,6 km Länge folgt vom Brückenkopf Mörsdorf der Abkürzung über einen Wiesenweg und durch ein kleines Waldstück wieder zurück zum Besucherzentrum.

Die Machbarkeitsstudie von 2010 ging von bis zu 170.000 Gästen jährlich auf der Brücke und bis zu 50.000 zusätzlichen Übernachtungen aus.[7] Auch wurde mit zusätzlichen Einnahmen des örtlichen Tourismus in Höhe von 2,5 Millionen Euro gerechnet.[8] Kritik kam auch vom rheinland-pfälzischen Rechnungshof: Das Ziel einer nachhaltigen Steigerung des Tourismus würde durch die Einrichtung der Hängeseilbrücke nicht erreicht.[9]

Die Brücke kann kostenlos begangen werden und ist ganzjährig geöffnet, außer bei Sturm und Gewitter. In den ersten vier Wochen nach der Eröffnung wurde sie von rund 45.000 Menschen besucht.[10] Am 30. Dezember 2015 wurde offiziell der einhunderttausendste Besucher begrüßt[11] und nach einem Jahr wurden mittels Kameraauswertung bereits über 370.000 Besucher gezählt, von denen etwa 20 Prozent die Geierlay lediglich anschauen, ohne sie zu betreten.[12]

Finanzierung

Das Brückenprojekt hat ein Gesamtvolumen von 1,14 Millionen Euro. Es wurde hauptsächlich durch Gelder aus dem LEADER-Förderprogramm der Europäischen Union (460.000 Euro) und dem Land Rheinland-Pfalz (240.000 Euro) finanziert. Mit 100.000 Euro beteiligten sich umliegende Gemeinden, u. a. die Stadt Kastellaun. Die verbleibenden Kosten von 350.000 Euro trägt die Ortsgemeinde Mörsdorf. Die jährlichen Unterhaltskosten liegen bei rund 14.000 Euro. Nach Bürgermeister Marcus Kirchhoff ermöglichten Einnahmen aus der Windkraftnutzung in Mörsdorf, diese Kosten zu refinanzieren.[13]

Schließung während der Covid-19-Pandemie

Während der Covid-19-Pandemie wurde der Besuch der Brücke zunächst von Sicherheitskräften gelenkt. So durfte die Anlage in alternierenden Abständen nur in die eine und danach in die andere Richtung beschritten werden. Hierbei kam es oft zu langen Wartezeiten an den Brückenköpfen. Am 29. März 2021 erging eine behördliche Anordnung, diese Freizeiteinrichtung für den Besucherverkehr zu sperren.[14] Dem vorausgegangen waren zahlreiche Verstöße der Besucher gegen die rheinland-pfälzischen Bestimmungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sowie entsprechende mediale Diskussionen über das Für und Wider der Schließung.[15]

Seit dem 10. Juli 2021 war die Brücke eingeschränkt geöffnet. Sie war von 10 bis 18 Uhr begehbar, jedoch nur in einer Richtung und vorübergehend kostenpflichtig (5 â‚¬).[16][17]

Commons: Geierlay â€“ Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ↑ Jessica Kuschnik: Längste Hängebrücke hängt im Hunsrück. In: Rheinische Post. 10. Juni 2015, abgerufen am 8. Mai 2022.
  2. ↑ Andrea Lohmann: Hängeseilbrücke fast fertig – Nervenkitzel in 100 Metern Höhe. In: SWR Landesschau Rheinland-Pfalz. 25. September 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. September 2015; abgerufen am 28. Januar 2020.
  3. ↑ Gudrun Fünter: Fernseh-Reportage. In: SWR Fernsehen. 25. September 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. September 2015; abgerufen am 28. Januar 2020 (Video, 3:07 Min.).
  4. ↑ Detlef Stoller: Mutprobe für Ingenieure: Gang über die längste Hängeseilbrücke Deutschlands. In: ingenieur.de, 21. Juli 2017, aufgerufen am 8. Mai 2022.
  5. ↑ Broschüre: Spiralseilanker und FLEX-Kopf. Der klügere Anker gibt nach. (Memento vom 29. Januar 2020 im Internet Archive). In: Geobrugg, 2018, (PDF; 8 S., 856 kB).
  6. ↑ Fragen & Antworten. (Memento vom 27. Januar 2020 im Internet Archive). In: geierlay.de, aufgerufen am 27. Januar 2020.
  7. ↑ Zahlen zur Brücke. (Memento vom 31. Juli 2021 im Internet Archive). In: geierlay.de, aufgerufen am 27. Januar 2020.
  8. ↑ Chris Kitching: Must have a head for heights! Fearless holidaymakers are the first to cross Germany's longest rope suspension bridge… 300 FEET above a canyon floor. In: Daily Mail online. 4. Oktober 2015, abgerufen am 8. Mai 2020 (englisch).
  9. ↑ Prüfung der Förderung der Hängeseilbrücke über das Mörsdorfer Bachtal. (PDF; 560 kB) In: Frag den Staat. Rechnungshof Rheinland-Pfalz, 5. August 2015, abgerufen am 8. Mai 2022.
  10. ↑ Griese: Hängeseilbrücke Geierlay ist voller Erfolg – über 45.000 Besucher in knapp drei Wochen. In: Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz. 22. Oktober 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. April 2016; abgerufen am 8. Mai 2022.
  11. ↑ Thomas Torkler: Freude im Hunsrück: Geierlay-Brücke macht schon die 100.000 voll. In: Rhein-Zeitung. 2. Januar 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Januar 2018; abgerufen am 29. Januar 2020.
  12. ↑ Jens Albus: Ãœber diese Brücke musst du geh'n. In: Spiegel online. 7. November 2016, abgerufen am 7. November 2016.
  13. ↑ Kirchhoff zitiert in: Energiegeschichten Mörsdorf: Windkraft bereichert Region mit Attraktion. (Memento vom 12. Januar 2021 im Internet Archive). In: ABO Wind, aufgerufen am 27. Januar 2020.
  14. ↑ Kein Durchkommen an der Geierlay: Polizei riegelt Zugang zum Mörsdorfer Brückenkopf rigoros ab. In: Rhein-Zeitung, 5. April 2021. Kein Durchkommen zum Artikel: registrierungspflichtig.
  15. ↑ Joachim Wulkop und Kathrin Freisberg: Viele Besucher, kein Corona-Abstand, keine Security [= Sicherheitsdienst]. Pro und Contra: Ist die Sperrung der Geierlay richtig? (Memento vom 25. März 2013 im Internet Archive). In: SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, 30. März 2021
  16. ↑ Ãœberquerung kostet fünf Euro. Hängeseilbrücke Geierlay wieder geöffnet – das sind die Regeln. (Memento vom 11. Juli 2021 im Internet Archive) In: SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, 10. Juli 2021, aufgerufen am 8. Mai 2022, mit Videos.
  17. ↑ Ihre Fragen – unsere Antworten. In: geierlay.de, aufgerufen am 8. Mai 2022.