Die Zeit der Fünf Dynastien und Zehn Reiche (chinesisch五代十國 / 五代十国, Pinyinwǔ dài shí guó) von 907 bis 960 war eine Zeit des politischen Umsturzes in China, nach dem Ende der Tang-Dynastie bis zur Gründung der Song-Dynastie. In kürzester Zeit folgten fünf Dynastien aufeinander, und mehr als ein Dutzend unabhängige Staaten entstanden im Süden des Landes, wobei traditionell nur zehn davon Erwähnung finden (daher auch der Name „Zehn Reiche“).
Diese Zeit war ein direktes Ergebnis der politischen Unterschiede am Ende der Tang-Dynastie. Die Macht wanderte immer mehr aus den Händen der kaiserlichen Regierung hin zu regionalen Militärgouverneuren (Jiedushi). Die Huang-Chao-Rebellion (875–884), die große Gebiete verwüstete, bedeutete einen schweren Schlag gegen die Zentralregierung. Der machtlose Tang-Kaiser kehrte wieder in die Hauptstadt zurück, stand aber unter der Herrschaft seiner Eunuchen und Militärs. Im frühen 10. Jahrhundert verlor die Zentralregierung fast jede Macht über die mächtigen Jiedushi, sodass diese quasi unabhängig walten konnten.
Der Norden
Zu der Zeit war Zhu Wen der mächtigste Kriegsherr im Norden Chinas. Ursprünglich ein Mitglied der Rebellenarmee des Huang Chao, wechselte er die Seiten und erwies sich für die Tang-Dynastie als ausschlaggebend in der Niederschlagung der Rebellion. Dafür erhielt er den Titel Xuanwu Jiedushi. Innerhalb weniger Jahre gelang es ihm, seine Macht zu konsolidieren, seine Nachbarn zu erobern und eine Verlegung der kaiserlichen Hauptstadt nach Luoyang innerhalb seines Machtbereichs zu erzwingen. 904 ließ er Kaiser Zhaozong ermorden und ersetzte ihn durch dessen 13-jährigen Sohn, der drei Jahre als Marionette regierte, bis er ihn 907 zwang, zu seinen Gunsten abzudanken. Damit begründete er die Spätere Liang-Dynastie mit sich selbst als erstem Kaiser.
Inzwischen hatten mehrere seiner Rivalen ebenfalls unabhängige Reiche ausgerufen, und nicht alle unter ihnen akzeptierten die neu-gegründete Dynastie als Oberhaupt. Besonders Li Cunxu und Liu Shouguang forderten das neue Regime heraus und kämpften um die Vormacht in Nordchina – Li Cunxu mit Erfolg: Nach dem Sieg über Liu Shouguang erklärte sich Li Cunxu 923 selbst zum Kaiser, fegte die Spätere Liang-Dynastie hinweg und ersetzte sie durch die Spätere Tang-Dynastie. Unter seiner Herrschaft wurde ein Großteil des Nordens wiedervereint, und um 925 gelang es Li Cunxu sogar, das Gebiet der frühen Shu im Süden Chinas (Provinz Sichuan) zu erobern.
Anschließend herrschte einige Jahre relativer Frieden.
Bald jedoch brachen wieder Unruhen aus: 934 erklärte sich Sichuan wieder für unabhängig, 936 rebellierte Shi Jingtang, Kriegsherr (Jiedushi) in Taiyuan, mit Hilfe des Chitan-Kaisers der Mandschurei. Als Gegenleistung versprach Shi Jingtang den Chitan 16 Präfekturen im Gebiet des Youyun (heute Hebei und Peking) sowie einen jährlichen Tribut. Die Rebellion war erfolgreich, und Shi Jingtang wurde im selben Jahr Kaiser von China und Begründer der Späteren Jin-Dynastie. Die Chitan allerdings betrachteten mit der Zeit die Späteren Jin immer weniger als Verbündete, sondern immer mehr als ihre Stellvertreter in China. 943 beschlossen sie, die Regierung selbst in die Hand zu nehmen und drangen innerhalb von drei Jahren bis in die Hauptstadt Kaifeng vor, was das Ende der Späteren Jin-Dynastie bedeutete.
Danach jedoch konnten oder wollten die Chitan die eroberten Gebiete in China nicht halten und zogen sich bereits Anfang des folgenden Jahres zurück. Der Jiedushi Liu Zhiyuan füllte das so entstandene Machtvakuum und rief 947 die Spätere Han-Dynastie aus – die kurzlebigste der fünf Dynastien, denn ein Putsch brachte bereits 4 Jahre später General Guo Wei auf den Thron, den Begründer der Späteren Zhou-Dynastie. Ein Mitglied der Späteren Han allerdings, Liu Chong, gründete als Nördliche Han ein Gegenreich in Taiyuan und rief im Kampf gegen die Späteren Zhou wieder die Chitan zu Hilfe. Nach Tod von Guo Wei 951 übernahm dessen Adoptivsohn Chai Rong den Thron und verfolgte eine Politik der Expansion und Wiedervereinigung. 954 besiegte er die vereinigte Streitmacht der Chitan und der Nördlichen Han; zwischen 956 und 958 fügte er den südlichen Tang – zu der Zeit die mächtigste Gruppierung in Südchina – schwere Niederlagen zu und zwang sie, alle Gebiete nördlich des Jangtsekiang abzutreten.
959 griff Chai Rong das Kaiserreich der Chitan an, mit dem Ziel, die von den Späten Jin abgetretenen Gebiete zurückzuerobern. Nach einer Reihe von Siegen fiel er allerdings einer Krankheit zum Opfer.
960 endete die Zeit der Fünf Dynastien und Zehn Königreiche mit dem Putsch und der Machtübernahme durch General Zhao Kuangyin (Nördliche-Song-Dynastie). In den folgenden zwei Jahrzehnten gelang es Zhao Kuangyin und seinem Nachfolger Zhao Kuangyi, alle übrigen Reiche in China zu unterwerfen, und nach der Niederlage der Nördlichen Han 979 China vollständig wieder zu vereinen.
Der Süden
Im Gegensatz zu Nordchina, wo die Dynastien in rasantem Wechsel aufeinander folgten, bestanden die unterschiedlichen Reiche in Südchina mehr oder weniger nebeneinander auf verschiedenen abgegrenzten geographischen Gebieten: So bestand um 920 das Reich Wu auf dem Gebiet der heutigen Provinzen Jiangsu, Anhui, und Jiangxi. Wuyue dagegen belegte die heutige Provinz Zhejiang, Min die Provinz Fujian, das südliche Han bedeckte Guangdong, Chu lag in Hunan, Jingnan erstreckte sich über Jiangling, Provinz Hubei und das frühe Shu lag im heutigen Sichuan. Sichuan fiel 925 unter die Kontrolle des Nordens, erlangte aber 934 seine Unabhängigkeit als Spätes Shu wieder.
Wenngleich der Süden stabiler war als der Norden, wurde doch auch Südchina von Kriegen erschüttert. Wu kämpfte mit allen Nachbarn, ein Kampf, der sich fortsetzte, als die Südlichen Tang das Gebiet 937 eroberten. Um 940 nutzen die Südlichen Tang die internen Krisen der Min und Chu, um sich beide Reiche der Reihe nach einzuverleiben. Damit waren sie zum mächtigsten Regime in Südchina aufgestiegen. Dennoch konnten sie den Einfall der Späten Zhou-Dynastie nicht abwehren und verloren zwischen 956 und 958 alle Gebiete nördlich des Jangtsekiangs.
Die Nördliche Song-Dynastie, begründet um 960, hatte sich die Wiedervereinigung Chinas als oberstes Ziel gesetzt: Jingnan und Wuping wurden 963 überrannt; die Späten Shu folgten 965, die Südlichen Han um 971, die Südlichen Tang 975. Schlussendlich mussten auch Wuyue und Qingyuan ihr Land an die Nördlichen Song abtreten. Damit war 978 der gesamte Süden Chinas in den Händen einer Zentralregierung.