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Philipp Friedrich Silcher (auch Friederich; * 27. Juni1789 in Schnait; † 26. August1860 in Tübingen) war ein deutscher Komponist und Musikpädagoge,[1] der hauptsächlich aufgrund seiner Lieder bekannt ist. Er war einer der bedeutendsten Komponisten und Liedersammler deutscher Volkslieder.[2]
Philipp Friedrich Silcher wurde im Schulhaus von Schnait im Remstal als Sohn des Schulmeisters Karl Johann Silcher geboren. Im Jahr 1803 ging er als Lehrjunge nach Geradstetten. 1806 erhielt er in Fellbach bei Stuttgart beim Lehrer und OrganistenNikolaus Ferdinand Auberlen, der ein guter Musiker und geschätzter Bearbeiter von Männerchören war, als „Schulknecht“ eine Lehrstelle und sammelte wichtige musiktheoretische und -praktische Erfahrungen.[1]
Im Jahre 1806 kam er als Lehrgehilfe nach Schorndorf, wo er außerdem Hauslehrer des Kreishauptmanns Freiherr Joseph Friedrich Anton von Berlichingen wurde. Als dieser 1809 nach Ludwigsburg übersiedelte, verschaffte er Silcher an der Ludwigsburger Mädchenschule eine Anstellung. Ludwigsburg war Sommerresidenz König Friedrichs von Württemberg (bis 1803 Herzog, bis 1806 Kurfürst), weshalb sich dort auch Conradin Kreutzer aufhielt, der Silcher empfahl, Musik als Lebensaufgabe zu wählen. So widmete sich Silcher auf dem Seminar in Ludwigsburg ganz der Musik, erhielt Unterricht in Klavier und Komposition von Conradin Kreutzer und Johann Nepomuk Hummel.
Kurz nachdem Kreutzer nach Stuttgart verzogen war, folgte ihm Silcher und wurde Musiklehrer. Während seines zweijährigen Aufenthalts wohnte er bei dem PianofortefabrikantenJohann Lorenz Schiedmayer (1786–1860)[1] und wandte sich in dieser Zeit besonders der Musik Mozarts zu.
Silcher wirkte ab 1817 als erster Musikdirektor an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Bis zu seinem Tod wohnte Silcher im Ende 1818 fertiggestellten Haus in der Wilhelmstraße 1 (Ecke Grabenstraße – heute Am Stadtgraben), an dem später eine Gedenktafel angebracht wurde.[3]
Im Jahr 1822 heiratete Silcher Luise Rosine Enßlin (* 6. September 1804 in Tübingen; † 17. Juni 1871 ebenda). Aus der Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor.
Silcher gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des Chorgesangs (siehe Gesangverein) und arrangierte zahlreiche Chorsätze von deutschen und internationalen Volksliedern, die heute noch zum Grundrepertoire vieler Gesangvereine gehören und in den folgenden Generationen Allgemeingut geworden sind. Silcher selbst begründete 1829 die „Akademische Liedertafel“ in Tübingen[1] und leitete sie bis zu seinem Tod am 26. August 1860. Er ist auf dem alten Tübinger Stadtfriedhof begraben.[4]
Das Geburtshaus Silchers diente als Gedenkstätte und Museum,[5] dessen Mittelpunkt dem Leben und Wirken dieses schwäbischen Musikers gewidmet war. Unterhalten wurde das Museum vom Schwäbischen Chorverband. Dieses Museum ist seit Mitte Januar 2023 dauerhaft geschlossen.[6]
Würdigungen
In Tübingen wurde bereits 1873 das erste Silcher-Denkmal in Form eines Obelisken an der Rückseite der Neuen Aula aufgestellt. Im Zuge der nationalsozialistischen Vereinnahmung des Heimatguts wurde dieses Denkmal 1939–1941 durch ein monumentales Denkmal zum 150. Geburtstag des Komponisten ersetzt.
Der Chorleiter und Musikhistoriker Hermann Josef Dahmen (1910–1991) war ein großer Silcher-Verehrer. Er verfasste mehrere Bücher – Biografien, Werkausgaben, Werkverzeichnisse – über und zu Silcher, arrangierte seine Lieder, nahm sie als Chorgesang auf Schallplatten auf und gründete das Silcher-Archiv in Schnait.
Die Rebsorte Silcher ist nach Friedrich Silcher benannt.
Nach Silcher wurden zudem zahlreiche Straßen, Wege und Plätze benannt. Alleine in Baden-Württemberg gibt es im Jahr 2023 insgesamt 351 Silcherstraßen, 112 Silcherwege, zwei Silcherplätze, eine Silcherstaffel und eine Silcherallee sowie 17 Friedrich-Silcher-Straßen und fünf Friedrich-Silcher-Wege. Damit hat fast jede zweite der 1101 Gemeinden eine nach Friedrich Silcher benannte Verkehrsfläche.[7]
Werk
Silcher hat sich namentlich durch sein Dreistimmiges württembergisches Choralbuch verdient gemacht sowie durch eine große Zahl von Liedern. Einige davon sind volkstümlich geworden, etwa die Vertonungen des Loreley-Lieds von Heinrich Heine und von Simon DachsAnke van Tharaw in der hochdeutschen Fassung Johann Gottfried Herders. Darüber hinaus hat er eine Harmonie- und Kompositionslehre (2. Auflage Tübingen 1859) hinterlassen.
Hermann Josef Dahmen: Silcher in seiner Zeit. Silcher-Archiv, Schnait 1980.
Hermann Josef Dahmen: Beiträge zur Silcherforschung. Pädagogischer Verlag Burgbücherei Schneider, Baltmannsweiler 1987.
Hermann Josef Dahmen: Friedrich Silcher, Komponist und Demokrat. Eine Biographie. Edition Erdmann in Thienemanns Verlag, Stuttgart/Wien 1989, ISBN 3-522-62650-8.
Hermann Josef Dahmen: Werkverzeichnis Friedrich Silcher. Selbstverlag, Aichwald [1992].
Otto Lautenschlager: Friedrich Silcher. Ein Leben für die Musik. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004648-9.
Paul Löffler: Aus dem Leben Friedrich Silchers. In: „Tübinger Blätter“ 1933, S. 33ff.
Gabriela Rothmund-Gaul: Zwischen Taktstock und Hörsaal. Das Amt des Universitätsmusikdirektors im Tübingen 1817–1852. Metzler, Stuttgart/Weimar 1998, ISBN 3-476-01599-8 (= Musik in Baden-Württemberg, Quellen und Studien, Band 3).
Manfred Hermann Schmid (Hrsg.): Friedrich Silcher (1789–1860). Die Verbürgerlichung der Musik im 19. Jahrhundert. Kulturamt, Tübingen 1989 (= Kleine Tübinger Schriften, Band 12).
Manfred Hermann Schmid (Hrsg.): Friedrich Silcher (1789–1860). Studien zu Leben und Nachleben. Theiss, Stuttgart 1989 (= Beiträge zur Tübinger Geschichte, Band 3).
↑Das Haus, in dem sich zuletzt der Sitz der AOK Tübingen befand, wurde im März 1959 abgebrochen, um den Verkehr am Lustnauer Tor flüssiger zu gestalten. Die Gedenktafel befindet sich in Sammlungen des Stadtmuseums Tübingen. – Tübinger Szenenwechsel 1950–1970. Alfred Göhner und seine Pressefotos, hrsg. von Udo Rauch und Antje Zacharias, Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt 2006, S. 91.