Der Sohn des gelernten Klempners und späteren Fabrikanten Louis Krauß wurde im heutigen Schwarzenberger Stadtteil Neuwelt geboren und zog vier Jahre darauf mit seiner Familie nach Schwarzenberg. Dort besuchte er die Selektenschule und absolvierte eine Klempnerlehre. Danach besuchte er zunächst die Oberrealschule in Chemnitz, verließ diese 1912 trotz sehr guter Leistungen und verdiente in Westfalen und im Rheinland sein Geld als Arbeiter. Nachdem sein Bruder, der die väterliche Fabriken übernehmen sollte, 1914 gefallen war, kehrte Krauß in seine Heimat zurück und arbeitete zunächst im Betrieb seines Vaters. 1919 heiratete er Käthe Gertrud Mäschel, die ihm zwei Töchter, 1921 Käthe und 1922 Irmgard, gebar. Nach der raschen Scheidung lebten die beiden Töchter im Haus des Vaters und wurden von einem Kindermädchen aufgezogen. Seine 1928/29 in Auftrag gegebene Villa wurde 1946 enteignet und brannte zwei Jahre später ab. Das auf den Grundmauern wiederaufgebaute Haus beherbergt heute ein Hotel.[1]
Krauß als Industrieller und Erfinder
1919 übernahm Krauß die geschäftliche Leitung der Krausswerke-Metallwarenfabrik seines Vaters, die zu dieser Zeit über 200 Mitarbeiter zählte. Haupteinnahmequellen der Firma waren die 1902 entwickelte Dampfwaschmaschine System „Krauss“ mit gelochter Trommel und eine feuerverzinkte „Volksbadewanne“. 1922 entwickelte Krauß die mit Kohle, Gas oder Strom beheizbare Waschmaschine „Turna-Krauss“ und die Wäscheschleuder „Zentri“. Bis 1937 wurden ihm 500 Patente erteilt; die wichtigsten über Waschmaschinen, Wäscheschleudern und explosionsgeschützte Motorradtanks, zahlreiche kleinere über bekannte Haushaltsgegenstände wie den Tretmülleimer. Bis 1945 zählten die Krausswerke mehr als 1000 Mitarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg waren hier 200 ausländische Zwangsarbeiter beschäftigt.[2]
Am 30. April 1937 wurden den Kraußwerken durch Adolf Hitler die Bezeichnung „Nationalsozialistischer Musterbetrieb“ verliehen.[2][3] Als solcher waren die Kraußwerke bereits ab 1935 aktiv an der Rüstungsproduktion beteiligt.[4][5]
Kulturelles und politisches Wirken im Dritten Reich
Krauß trat zum 1. Mai 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 3.544.363)[6] und wurde 1934 zu deren Kreiskulturwart im Kreis Aue ernannt. Er bemühte sich gemeinsam mit dem Annaberger NSDAP-Kreiskulturwart Max Günther um die Pflege erzgebirgischer Traditionen, insbesondere des Schnitzens und setzte sich energisch für die „Entschandelung des Heimatbildes“ von fremden Einflüssen ein. Als Kreiskulturwart organisierte er die Deutsche Krippenschau in Aue, die vom 1. bis 31. Dezember 1934 stattfand. Er wandte sich gegen fremde Einflüsse in der erzgebirgischen Krippenkunst und untersagte die Ausstellung von orientalisch gestalteten Krippenfiguren. Während dieser Schau wurde die von ihm erdachte und 1933/1934 in Gemeinschaftsarbeit der Belegschaft der Krauß-Werke gebaute Krauß-Pyramide erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Am 2. Oktober 1936 wurde Krauß bei der Gründung des Heimatwerks Sachsen dessen Vorsitzender. Als enger – zumindest politischer – Freund des Gauleiters Martin Mutschmann[5][7][8] sollte er hier alle kulturellen Bestrebungen in Sachsen im Sinne der NSDAP gleichschalten und steuern.
Krauß organisierte für das Heimatwerk Sachsen die Feierohmd-Schau in Schwarzenberg. Diese Weihnachtsausstellung erzgebirgischer Volkskunst, die vom 28. November 1937 bis 21. Januar 1938 stattfand, hatte rund 335.000 Besucher. Nach Krauß’ Worten war die Schau „ein Wahrzeichen dafür […], dass nirgends die Volkskunst als Ausdruck echter Heimatliebe so blühe wie bei uns im Erzgebirge.“ 1940 wurde Krauß zum Vorsitzenden des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz gewählt. In der nach ihm benannten Kraußhalle in Schwarzenberg organisierte er mehrere Streitsingen. Das dritte Fest dieser Art eröffnete er am 15. Juni 1940 u. a. mit den Worten: „Das Lied der Heimat hat tausend Strophen und jede ist ein Bekenntnis zu Führer, Volk und Vaterland. Die Soldaten singen, die Heimat singt, es singt ein sieghaftes, starkes, gläubiges Volk.“[9]
Am 17. April 1937 wurde Friedrich Emil Krauß zum Ehrensenator der Greifswalder Universität ernannt, in Anbetracht seiner tatkräftigen Förderung physikalischer Forschung und weil er die Bedeutung „der Forschung für die großen Aufgaben im neuen Reich klar erkannt hat“.[4] Auf Antrag der Mechanischen Abteilung der heutigen Technischen Universität Dresden erhielt Krauß die Ehrendoktorwürde.
Haft und Übersiedlung nach Kriegsende
Am 20. August 1945 wurde Krauß auf Grundlage des SMAD-Befehls 64 als Kriegs- und Naziverbrecher von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet, verhaftet und nacheinander in den Speziallagern Bautzen, in Jamlitz-Lieberose, Buchenwald und Hohenschönhausen interniert. Am 14. Juni 1950 wurde Krauß in den Waldheimer Prozessen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Nach neun Jahren wurde er entlassen und in die Bundesrepublik ausgewiesen,[10] wo er in Baden-Baden ein Konstruktionsbüro gründete und bis 1973 als Industrieberater bei Buderus in Wetzlar tätig war.
Ab 1990 entstand auf dem Grundstück des Betriebes ein Gewerbepark mit unterschiedlichen Firmen.
Krauß starb am 7. April 1977 in Stuttgart. Seine Urne wurde 1990 in das elterliche Grab in Schwarzenberg überführt.
Rezeption nach 1990
Nach der deutschen Wiedervereinigung konnten die in den Waldheimer Prozessen Verurteilten ihre Rehabilitierung beantragen, da die Urteile des LG Chemnitz mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar waren. Das Urteil gegen Krauß wurde am 11. Juni 1992 aufgehoben.
Werke
(Hrsg.) Fröhliches um den Werktisch eines Fabrikleiters. Privatdruck, 2000 num. Exemplare, Schwarzenberg 1923
(Hrsg.): Lobpreisung des Erzgebirges. Von Dichtern, Soldaten und Staatsmännern. Schwarzenberg 1941, Privatdruck
Feierohmdradle – ein erzgebirgisches Spiel in Bildern. Privatdruck mit 13 Zeichnungen von Joachim Lutz, Mannheim 1939
„Vom Kraußschmied zur Kraußware“: zum 50-jährigen Bestehen der Kraußwerke. Privatdruck
Festtage bei den Kraußklempnern. Zum 50. Firmenjubiläum 1937
1945 Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Dresden
Leistungsabzeichen für Berufserziehung der Deutschen Arbeitsfront
Berufung zum Reichsarbeitsrichter
Literatur
Käthe Fischer-Krauss: Das Leben sei ein Lobpreis auf die Heimat – Mein Vater Friedrich Emil Krauss, Medium Lahr, 1997.
Götz Altmann: Von der Löffelschmiede zu den Krauss-Werken. In: Ulrich Hess, Michael Schäfer (Hrsg.): Unternehmer in Sachsen: Aufstieg, Krise, Untergang, Neubeginn. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig, 1998, S. 193–204. ISBN 3-933240-21-2
Friedrich Emil Krauß – Industrieller und Förderer der erzgebirgischen Volkskunst. In: Manfred Bachmann (Hrsg.): Kleine Chronik großer Meister – Erzgebirger, auf die wir stolz sind. Teil 1, Druckerei und Verlag Mike Rockstroh, Aue 2000, S. 57–59.
Anita Tonar, Harald Wunderlich: Wirtschaftschronik der Stadt Schwarzenberg. Rockstroh, Aue, 2000. ISBN 3-933625-05-X
Roland Jaeger: Kraussware im Lichtbild. Die Privatdrucke des Fabrikanten F. E. Krauss, Schwarzenberg/Sachsen. In: Manfred Heiting, Roland Jaeger (Hrsg.): Autopsie. Deutschsprachige Fotobücher 1918 bis 1945. Band 1. Steidl Verlag, Göttingen, 2012, S. 386–405. ISBN 978-3-86930-412-0
Lenore Lobeck: Friedrich Emil Krauß (1895–1977): ein Unternehmer aus dem Erzgebirge. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat, (2015), Heft 37, S. 35–61. ISSN0948-9878
Lenore Lobeck: Die Schwarzenberg-Legende: Geschichte und Mythos im Niemandsland, Schriftenreihe des sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Leipzig, 2018
↑ abAufschwung bringen. In: Neues Deutschland, 10. Dezember 1997.
↑Mike Schmeitzner, Francesca Weil: Sachsen 1933-1945: der historische Reiseführer. Ch. Links Verlag, Berlin, 2014, ISBN 3-86153-782-6, S. 35.
↑ abFreie Presse, Lokalausgabe Schwarzenberg, 6. Juni 2007, S. 15.
↑ abGareth Pritchard: Niemandsland: A History of Unoccupied Germany, 1944–1945. Cambridge University Press, Cambridge / New York, 2012, ISBN 978-1-107-01350-6.
↑Mike Schmeitzner, Clemens Vollnhals, Francesca Weil: Von Stalingrad zur SBZ: Sachsen 1943 bis 1949. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2016, ISBN 3-525-36972-7, S. 42
↑Götz Altmann: Von der Löffelschmiede zu den Krausswerken. 1998, S. 203.