Da der Alte Friedhof von Kötzschenbroda trotz aller Erweiterung nicht mehr ausreichte, wurde ab 1860 nicht weit östlich ein neuer Friedhof geplant, der 1874 eingeweihte Neue Friedhof. Dieser ist heute als Friedhof Radebeul-West einer der beiden Hauptfriedhöfe der Stadt Radebeul. Der Alte Friedhof wurde in der Folgezeit hauptsächlich zur Beerdigung von Verstorbenen des nahegelegenen Diakonissenheims sowie Kindern benutzt.
Die ursprünglich von Moritz Große aus dem Jahr 1873/74 stammende Kapelle wurde 1913 durch einen Nachfolgebau der Gebrüder Kießling ersetzt. Diese bauten auf dem Vorgängerbau auf. Die Außenmauern wurden in der Tiefe um lediglich 20 Zentimeter und in der Breite um 2,60 Meter erweitert, um so ein großzügigeres Raumprogramm unterzubringen. Die Kosten betrugen mindestens 40.000 Mark.[4] Das in jüngster Zeit freigelegte und restaurierte Christusgemälde an der Decke stammt vermutlich von Georg Richter-Lößnitz.[5]
Die am Anfang aus den Quartieren A–D bestehende Friedhofsfläche wurde mehrfach erweitert, erst 1888, zuletzt 1950 bis auf eine Fläche von 4,1 Hektar.
Zusätzlich befindet sich auf dem Hauptfriedhof von Radebeul-West eine Kriegsgräberanlage vom Ende des Zweiten Weltkriegs mit 92 Grabmalen, die im Jahr 2012/13 saniert wurde.[6]
Beim Elbehochwasser 2013 wurden Teile des Friedhofs an der Kötzschenbrodaer Straße überflutet, darunter auch die denkmalgeschützte Bruchstein-Umfassungsmauer. Da deren Standsicherheit gefährdet ist, soll sie aus Wiederaufbaumitteln nach dem Hochwasser denkmalgerecht gesichert werden. Um sowohl die Mauer als auch den öffentlichen Verkehr entlang der Kötzschenbrodaer Straße zu schützen, wurde dort eine einspurige Verkehrsführung auf der der Mauer abgewandten Straßenseite eingerichtet. Teile der Mauer sind inzwischen eingestürzt und müssen wiederhergestellt werden.
Beschreibung
Das Friedhofsareal ist eine größere Grünfläche zwischen den Straßen Am Gottesacker im Norden und der Kötzschenbrodaer Straße im Süden. Im Osten geht das Areal in bäuerliche Flur über; nach Westen hin ergibt sich eine Dreiecksfläche bis zur Kreuzung von Am Gottesacker und Kötzenbrodaer Straße, die durch einige private Wohngrundstücke sowie den Alten Friedhof belegt wird. Durch die Dreiecksfläche zwischen den Straßen ist das Friedhofsareal leicht nach Südosten gekippt. Die Friedhofsfläche wird nach Westen hin sowie an den Straßen durch eine Bruchstein-Mauer eingefriedet, in der sich für die Fußwege sowie die Einfahrt zur Kapelle Tore befinden.
Die Friedhofskapelle liegt am Westrand auf halber Strecke zwischen beiden Straßen. Nach Osten liegen die vier ältesten Gräberfelder B und A an der Kötzschenbrodaer Straße und D und C an Am Gottesacker. Diese vier hochrechteckigen Felder werden nach Osten durch eine in der Mitte durchbrochene Mauer (die ehemalige östliche Umfassungsmauer) begrenzt, an der sich beidseits zahlreiche große Wandgrabstellen befinden. Die vier Felder werden getrennt durch den von der Kapelle nach Osten verlaufenden Mittelweg sowie durch den von den Außentoren aus von Nord nach Süd verlaufenden Kreuzungsweg. Die Tore sind mit 1873 datiert.
Hinter der Zwischenmauer mit den Wandgräbern folgen die vier hochrechteckigen Gräberfelder F und K an der Kötzschenbrodaer Straße und E und G zu Am Gottesacker hin. Auch diese Felder werden durch gekreuzte Wege getrennt. Die Tore der Erweiterung sind mit 1888 datiert. Zwischen den gekippten Feldern und Am Gottesacker entsteht eine Dreiecksfläche, auf deren linkem Bereich ein heute abgetrenntes Wohnhaus steht. Rechts davon, nach Osten hin, liegt östlich des Verbindungswegs und nach Norden bis zur Umfassungsmauer das Gräberfeld H. Die drei östlichsten Felder werden wieder mit einer unterbrochenen Mauer begrenzt, dahinter liegt dann ein Teil Erweiterungsflächen, die in die Feldflur übergehen.
Die sich am westlichen Rand befindende Kapelle steht mit der Giebelseite zum Friedhof hin. Es handelt sich um einen Bau mit einem geknickten, ziegelgedeckten Satteldach, auf dem sich ein achteckiger Dachreiter mit Glockentürmchen befindet. Hinten am Gebäude steht eine Apsis.
In der Giebelseite findet sich mittig der Haupteingang als rundbogiges Portal, überwölbt durch entsprechend gerundete Verdachung aus Kupferblech. Auf dem Rand des Portals ist die Inschrift „Ich lebe und ihr sollt auch leben“ zu lesen. Über dem Portal ist ein hochachteckiges Schmuckfeld angebracht; in diesem befindet sich „ein Kunststeinrelief des auferstandenen Christus als Triumphator über den Tod.“[3] Links des Portals findet sich das Baumeisterzeichen der Gebrüder Kießling. Der massive Putzbau wird seitlich durch hochaufragende schmale Rechteckfenster belichtet.
Die Decke im Inneren wird durch ein Rabitzgewölbe gebildet. Über dem Eingang findet sich über die ganze Breite des Schiffs eine Empore.
Links der Kapelle liegt ein langgestreckter niedriger Wirtschaftsflügel, mittig mit drei Arkaden. Rechts zur Kapelle ein hohes, in das Ziegeldach ragende Rundbogentor, sodass dort das Satteldach hochgewölbt wird. Am freien Ende links steht ein seitenrisalitähnlicher Vorbau. Über der mittleren Arkade wölbt sich zur Belichtung eine Fledermausgaube aus dem Dach.
Das sich in dem heute abgetrennten Dreiecksfeld Am Gottesacker 33 befindliche Wohnhaus stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es wurde 1937 durch die den Friedhof betreuenden Baumeister Kießling aufgestockt und mit einem hohen Walmdach versehen.
Zahlreiche der sich auf dem denkmalgeschützten Friedhof befindenden Grabstellen werden aus denkmalpflegerischen, kunstgeschichtlichen oder stadtgeschichtlichen Gründen hervorgehoben. Darüber hinaus wurden auf diesem Hauptfriedhof Kötzschenbroda zahlreiche Persönlichkeiten aus Kötzschenbroda und aus Niederlößnitz beerdigt.
Kapellenanbau links der Kapelle
Friedhofskapelle Radebeul-West
Friedhofskapelle Radebeul-West: Christusgemälde von Richter-Lößnitz
Bauzeichen der Gebr. Kießling an der Kapelle
Nebengebäude rechts hinter der Kapelle, nicht denkmalgeschützt
Grabmale
Zahlreiche im Westen Radebeuls wohnende Persönlichkeiten wurden auf diesem Friedhof bestattet:
Grabmal Ruth Meier (1888–1965),[7] Malerin und Grafikerin, und Mutter Sophie Meier (Neubelegung, Grabstein 1897 von dem Dresdner Bildhauer Rudolf Hölbe)
Grabmal Otto Rometsch (1878–1938) und Adolph Suppes (1880–1918),[7] Architekten
Felix Sommer (1878–1934), Architekt und Baumeister
Der Steinmetz Günter Bollenbach (1938–2005) schuf in den Jahren seines Wirkens eine große Menge an Grabsteinen in Form von schlanken, aufrechten Stelen. Viele davon sind im Quartier D im sogenannten „Bollenbach-Stelenfeld“ aufgestellt.[7]
Familiengrab Liesel Schuch-Ganzel (1891–1990), Opernsängerin, Tochter von Ernst und Clementine von Schuch[7]
Bis zur Auflösung des Grabs von Burkhart Ebe (1881–1949) und seiner Frau am 2. April 1994 wegen Ablaufs der Liegefrist befand sich auch dieses Grabmal auf dem Friedhof Radebeul-West. Heute steht die von Ebe selbst geschaffene figürliche Reliefplastik aus Sandstein, das denkmalgeschützte sogenannte Grabmal Kleinecke, bei einer befreundeten Familie auf dem Privatgrundstück.[7]
Literatur
Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Hrsg.: Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
Maren Gündel: Die Einweihung der neuen Friedhofskapelle auf dem Gottesacker Kötzschenbroda zum Totensonntag 1913. In: Radebeuler Amtsblatt, 11/2013, S. 6 (mit einem zeitgenössischen Stich der neuen Parentationshalle mit Anbau).
Gudrun Täubert; Hans-Georg Staudte: Kunst im Öffentlichen Raum II. Grabmale. In: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul. Radebeul 2005.
↑Maren Gündel: Die Einweihung der neuen Friedhofskapelle auf dem Gottesacker Kötzschenbroda zum Totensonntag 1913. In: Radebeuler Amtsblatt, 11/2013, S. 6.