Dieser Artikel behandelt den Freistaat Oldenburg; zu Oldenburg als Land mit historisch unterschiedlichen Herrschaftsformen siehe den Überblicksartikel Oldenburg (Land).
Nach dem Thronverzicht des Großherzogs rief ein Arbeiter- und Soldatenrat die Selbständige Republik Oldenburg-Ostfriesland aus. Am 11. November konstituierte sich auch ein Landesdirektorium unter Bernhard Kuhnt (USPD); dieses bestand bis zum 3. März 1919.[1] Der alte Landtag, gewählt 1911/16, bestätigte das Landesdirektorium und arbeitete (als einziger Landtag im Reich) bis zur Konstituierung der verfassunggebenden Landesversammlung weiter.[1]
Im Februar 1919 griff die Reichsregierung ein[2]: Kuhnt wurde verhaftet und seines Amtes enthoben. Am 23. Februar wurde eine verfassunggebende Landesversammlung gewählt.[3] Am 17. Juni 1919 verabschiedete diese Landesversammlung die »Verfassung für den Freistaat Oldenburg«; am 21. Juni konstituierte sie sich zum 1. Landtag und wählte das Kabinett Tantzen I, eine Koalitionsregierung von SPD, DDP und Zentrum.
Mit der Gründung der Oldenburgischen Ordnungspolizei im Oktober 1919 fand eine entscheidende Wende auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit statt. Die zu 80 % vom Reich finanzierte Truppe, eigentlich zur Aufstandsbekämpfung gedacht, wurde bald in den polizeilichen Einzeldienst in den drei wichtigsten Städten Rüstringen, Oldenburg und Delmenhorst integriert und unterhielt später Revierabteilungen in den Landesteilen Lübeck und Birkenfeld.
Am 6. Juni 1920 fand eine weitere Landtagswahl statt. Koalitionsverhandlungen von SPD, DDP und Zentrum mit der DVP scheitern danach; die Regierung Tantzen blieb im Amt. Am 28. März 1923 trat die Regierung Tantzen zurück, weil sie im Landtag keine Zweidrittelmehrheit für die Verschiebung der Landtagswahlen erreichte; angesichts der Ruhrbesetzung war die Verschiebung von der Reichsregierung angeregt worden.[1] Am 17. April 1923 wählte der Landtag eine Regierung von Parteilosen unter Eugen von Finckh (Kabinett Finckh I; es amtierte bis zum 22. Juni 1925). Später folgten das Kabinett Finckh II (23. Juni 1925 bis zum 14. November 1930) und das Kabinett Cassebohm (14./22. November 1930 bis zum 16. Juni 1932).
Bei der Landtagswahl zum Oldenburgischen Landtag am 17. Mai 1931 bekam die NSDAP 37,2 % der Stimmen und war damit erstmals in einem Landtag die stärkste Fraktion.[4]
NSDAP-Regierung 1932/33
Bei der Wahl am 29. Mai 1932 erhielt die NSDAP mit 48,5 % der Stimmen eine absolute Mehrheit – 24 von 46 – der Sitze,[5] ebenfalls zum ersten Mal in einem Land, und am 16. Juni wurde Carl Röver (NSDAP) zum Ministerpräsidenten einer NSDAP-Regierung gewählt. Drei weitere Abgeordnete (die beiden der DNVP und der der Landvolkpartei) stimmten ebenfalls dafür.[1] Das Kabinett Röver amtierte bis zum 5./6. Mai 1933.
Zeit des Nationalsozialismus und Nachkriegszeit
Von Mai 1933 bis zum Kriegsende 1945 war das Land zusammen mit dem Land Bremen einem Reichsstatthalter unterstellt: bis Mai 1942 dem vorherigen Ministerpräsidenten Röver, anschließend Paul Wegener.
Nach Ende des Krieges fanden zunächst in Zusammenarbeit mit der britischen Militärregierung Überlegungen statt, Oldenburg als eigenständiges Land weiterzuführen. Dazu wurde Theodor Tantzen zum vorläufigen Ministerpräsidenten ernannt und bildete mit August Wegmann (Inneres), Harald Koch (Finanzen) und Fritz Kaestner (Kirchen und Schulen) das neue Staatsministerium. Darüber hinaus konstituierte sich ein Ausschuss, der eine neue Verfassung für das Land Oldenburg erarbeiten sollte, die im Frühjahr 1946 auch vom ernannten Landtag beschlossen wurde.[6] Letztlich wurde diese Idee verworfen und Oldenburg als Verwaltungsbezirk ein Teil des neuen Landes Niedersachsen.
Am 10. November 2011 beschloss der Niedersächsische Landtag mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof und zur Aufhebung vorkonstitutionellen Verfassungsrechts die Aufhebung der „Verfassung für den Freistaat Oldenburg vom 17. Juni 1919 in der Fassung des Abschnitts II Kapitel 1 Teil 1 § 2 des Gesetzes vom 27. April 1933 (Nds. GVBl. Sb. II S. 6), zuletzt geändert durch § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a des Gesetzes vom 10. Februar 1972 (Nds. GVBl. S. 109)“.[7] Einige Teile der Verfassung hatten bis dahin als einfaches Landesrecht weiter Bestand. Diese Teile waren allerdings durch Bestimmungen in verschiedenen Landesgesetzen mittlerweile obsolet geworden.[8]
Politik
Ministerpräsidenten und Reichsstatthalter
Der Präsident des Landesdirektoriums 1918–1919 bzw. die Ministerpräsidenten des Freistaates Oldenburg:
Blasonierung: „Geviert; Feld 1 und 4: in Gold je zwei rote Balken, Feld 2 und 3: in Blau je ein goldenes, an den Enden verbreitertes und eingekerbtes, am Fuß mit einer Spitze versehenes Kreuz.“
In den Landesteilen Lübeck und Birkenfeld wird auf dem Landeswappen das Wappen des Landesteils als Herzschild geführt.
Das Wappen des Landesteils Lübeck enthält in blauem Felde ein goldenes, schwebendes Kreuz, das mit einer Bischofsmütze mit wegfliegenden Binden bedeckt ist.
Das Wappen des Landesteils Birkenfeld ist von Rot und Silber geschacht (Bekanntmachung des Staatsministeriums vom 29. Dezember 1926 Artikel 1).
Flagge
Die Landesflagge ist eine blaue, durch ein einfaches rotes Kreuz in vier gleiche Rechtecke geteilte Flagge (Bekanntmachung des Staatsministeriums vom 3. Oktober 1919 § 2).
Bevölkerung und Fläche
5396 km²; 582.400 Einwohner (Mai 1939)
Verwaltungsgliederung
Die Verwaltungsgliederung des Großherzogtums blieb im Freistaat Oldenburg weitgehend erhalten, allerdings wurde Rüstringen 1919 zu einer amtsfreien Stadt I. Klasse erhoben. Die Landesteile Birkenfeld und Lübeck gehörten zunächst weiterhin zum Freistaat Oldenburg.
Bei einer umfassenden Verwaltungsreform wurden 1933 sechs neue Ämter eingerichtet, in denen Landratsämter eingerichtet wurden. Der Landesteil Oldenburg besaß seitdem die folgende Gebietseinteilung:
1939 wurden die Ämter in Landkreise umbenannt. Die beiden Landesteile Birkenfeld und Lübeck wurden 1937 von Oldenburg nach Preußen umgegliedert.
Literatur
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 7., vollständig überarbeitete Auflage. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1.
Albrecht Eckhardt: Vom Großherzogtum zum niedersächsischen Verwaltungsbezirk. Das Land Oldenburg 1918–1946. In: Jörg Michael Henneberg, Horst-Günter Lucke (Hrsg.): Geschichte des Oldenburger Landes. Herzogtum, Großherzogtum, Freistaat. Hrsg. im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft. Aschendorff, Münster 2014. ISBN 978-3-402-12942-5. S. 189–216.
Albrecht Eckhardt: Von der sozialistischen Revolution zur praktischen Tagespolitik und Staatsverwaltung. Das Direktorium des Freistaats Oldenburg in seinen Protokollen 1918/19, Oldenburg (Isensee) 2017. ISBN 978-3-7308-1406-2
↑Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (5321) Nr. 27/2011 vom 17. November 2011, S. 414
↑Gesetzentwurf mit Begründung vom 22. Juni 2011 zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof und zur Aufhebung vorkonstitutionellen Verfassungsrechts (Drucksache 16/3768 des Niedersächsischen Landtages)
Länder des Deutschen Reiches zur Zeit der Weimarer Republik (1919–1933)