Frances Power Cobbe

Frances Power Cobbe (* 4. Dezember 1822 bei Dublin; † 5. April 1904 in Hengwrt, Wales) war eine irische Schriftstellerin, Sozialreformerin, Frauenrechtlerin und Vorreiterin des Kampfes gegen Tierversuche. Ihr Erwachsenenleben verbrachte sie überwiegend in England und Wales, wo sie auch starb.

Frances Power Cobbe (um 1894)

Leben

Cobbe wuchs nahe Dublin im heutigen Donabate auf dem Gut Newbridge Estate auf, dem Stammsitz der verzweigten Familie Cobbe. Dort erhielt sie auch weitgehend ihre auf die klassische Frauenrolle zugeschnittene Bildung. Während sie zwischen 1838 und 1857 den Haushalt führte, betrieb sie auf eigene Faust natur- und geisteswissenschaftliche Studien. Das Verhältnis zu ihren Eltern trübte sich, als Cobbes religiöse Zweifel zunahmen. Ihre seit Längerem kranke Mutter starb bereits 1847, der Vater 10 Jahre darauf. Von ihrem 1855 veröffentlichten Essay on the Theory of Intuitive Morals zeigte sich der Vater schockiert.

Eine kleine Erbschaft ermöglichte es Cobbe, den Mittelmeerraum zu bereisen und anschließend nach Bristol (Südengland) zu gehen, wo sie für ein knappes Jahr mit der unitarischen Sozialreformerin Mary Carpenter zusammen lebte und in deren Schule für „schwererziehbare“ Kinder mitarbeitete. Diese Tätigkeit überforderte Cobbes Gesundheit. Da ihr zudem Carpenters Askese (auch in erotischer Hinsicht) missfiel, zog sie bald weiter nach London, wo sie als Journalistin Fuß fassen konnte. Sie hatte bereits aus Italien für die Londoner Daily News berichtet.[1] Durch Artikel über Frauenrechtsfragen machte sie 1861 die Bekanntschaft führender Feministinnen wie Barbara Bodichon und Lydia Becker. Der liberale Ökonom John Stuart Mill ermutigte sie im Schreiben. Sie wurde Mitglied im Married Women’s Property Committee und 1867 auch in der London Society für Women's Suffrage, die sich für die Einführung des Frauenwahlrechts einsetzte. Cobbe-Artikel wie Wife-Torture in England (1878) trugen zur Verabschiedung neuer, den Frauen günstigerer Scheidungsgesetze bei.

Lebenswandel

Wie Olive Banks anhand der Aufsätze aus Cobbes Feder Criminals, Idiots, Women and Minors von 1869 und The Duties of Women von 1881 zeigte, war Cobbes Haltung zur Rolle der Geschlechter zwiespältig: Einerseits verdammte Cobbe die wirtschaftliche Abhängigkeit und seelische Knechtung der Frau durch den Mann, andererseits pochte sie auf die Ehe- und Mutterpflichten der Frau, sofern sie sich einmal darauf eingelassen habe. Sie prangerte sogar den „losen“ Lebenswandel gewisser „fortschrittlicher“ Frauen an, obwohl sie sich selber nie etwas aus Männern machte, vielmehr mit Frauen zusammenlebte – ab 1860 mit Mary Lloyd.[2]

Kampf gegen Vivisektion

Ein weiteres, für sie wichtiges Betätigungsfeld eröffnete sich für Cobbe um 1870: Sie wandte sich gegen Tierversuche (damals: Vivisektion) und forderte entsprechende Gesetze.[3] 1875 rief sie die Society for the Protection of Animals Liable to Vivisection (SPALV), die weltweit erste Vereinigung dieser Art, und 1898 die British Union for the Abolition of Vivisection (BUAV) ins Leben. Sie gehörte zu den führenden Personen der neuen Bewegung, die zu Cobbes Lebzeiten zumindest gesetzlich befohlene Einschränkungen der an Versuchstieren erlaubten Grausamkeiten erreichte. Zu ihren Widersachern zählte Charles Darwin, der in der Londoner Times wiederholt vor gewissen „gar zu gütigen“ Frauen warnte, die der Wissenschaft und dem Fortschritt Knüppel zwischen die Beine würfen.[4] Gleichwohl wurde Cobbe von Emma und Charles Darwin von etlichen Besuchen in Down, dem Anwesen der Darwins, und von Briefen her geschätzt.

Cobbe blieb dem unitarischen/philosophischen Theismus treu, den „mein Pfarrer“ und „Kapitän“ James Martineau vertrat, ein Londoner Theologe und Bruder der Sozialreformerin Harriet Martineau. Das schloss den Glauben an persönliche Unsterblichkeit ein, wie sie ihn 1882 in The Peak in Darien rechtfertigte.[1]

Eine weitere Erbschaft setzte Cobbe 1884 in die Lage, mit ihrer Gefährtin Lloyd zurück nach Wales zu gehen. Dort starb sie auch 20 Jahre später. Ihre Autobiographie erschien 1894 in der Erstauflage und wurde in ihrem Todesjahr neu aufgelegt.

Schriften

Literatur

  • Frances Power Cobbe: Life of Frances Power Cobbe as told by herself, London 1894 (Volltext)
  • Alfred H. Miles (Hrsg.): The Sacred Poets of the Nineteenth Century, London und New York 1907
  • Olive Banks: The Biographical Dictionary of British Feminists, New York 1985
  • Barbara Caine: Victorian feminists, Oxford 1992
  • Barbara Caine: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford 2004
  • Sally Mitchell: Frances Power Cobbe: Victorian Feminist, Journalist, Reformer, Charlottesville (Virginia) und London 2004
  • Lori Williamson: Power and Protest: Frances Power Cobbe and Victorian Society, London 2005
  • Susan Hamilton: Frances Power Cobbe an Victorian Feminism, London 2006

Einzelnachweise

  1. a b Phillip Hewett: Frances Power Cobbe. Unitarian Universalist History & Heritage Society, 3. März 2003, abgerufen am 4. September 2018.
  2. Spartacus, abgerufen am 1. September 2011
  3. Hier in einem Brief an den Spectator 1884@1@2Vorlage:Toter Link/www.animalrightshistory.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 1. September 2011
  4. Adrian Desmond / James Moore: Darwin, Ausgabe Hamburg 1994, Seite 692, 698, 730
  5. Zur ökonomischen Lage verheirateter Frauen