Der englische Begriff focus stacking, wörtliche Übersetzung ‚Fokus-Stapelung‘, seltener auch Schärfentiefeerweiterung oder deep focus fusion(DFF) genannt, beschreibt eine Kombination aus fotografischer Aufnahme- und digitaler Bildbearbeitungstechnik. Sie wird insbesondere in der digitalen Makro- und Mikrofotografie genutzt, um ein Bild mit außergewöhnlich hoher Schärfentiefe zu erzeugen. In der Messtechnik wird diese Technologie auch Fokusvariation genannt.
Dieselbe Schraube bei f/32 mit deutlicher Unschärfe durch Beugung
Eine große Schärfentiefe wird klassisch meist durch Einstellen einer sehr kleinen Blende (große Blendenzahl) oder mittels verstellbarer Kamera nach der Scheimpflugschen Regel oder einer Kombination von beidem angestrebt. Sehr kleine Blenden führen zu Unschärfe durch Beugung, verstellbare digitale Kameras sind selten und sehr teuer. Einen Ausweg bietet das focus stacking.
Ähnlich wie Belichtungsfusion (engl. Exposure blending) ist Focus stacking die Kombination aus einer fotografischen Serienaufnahme und einem nachgeschalteten Montageprozess. Jedoch ist hierbei die Bildserie keine Belichtungsreihe, sondern eine Bildfolge, bei der sich die Bilder im Wesentlichen nur in der Schärfenlage unterscheiden.
Zur Erzeugung einer solchen Bildfolge stehen unterschiedliche Techniken mit unterschiedlicher Eignung und Vor- und Nachteilen je nach Anwendungsfall zur Verfügung.[1]
Die Positionen des Motivs und der Bildebene bleiben konstant, während die Position/Einstellung des Objektivs variiert wird
Variation der Entfernungseinstellung am Objektiv – hierbei kann es von Nachteil sein, wenn sich die Brennweite des Objektivs mit zunehmender Naheinstellung verringert (engl. Focus breathing).
Manuelles Drehen des Fokussierrings
Manuelle Variation des Schärfepunktes bei Systemen mit Autofokus
Automatische Serienaufnahmefunktion entsprechender Kamerasysteme (Focus bracketing) oder Realisierung dieser Funktion über entsprechende Software- bzw. App-Steuerung der Kamera oder über elektronisch gesteuerte Objektivadapter
Die Kamera wird von Aufnahme zu Aufnahme bewegt, z. B. mittels eines Einstellschlittens, während die Position des Motivs konstant bleibt. Entsprechende Schlitten können mit manueller Steuerung oder elektronischer Steuerung ausgestattet sein.
Das Motiv wird bewegt, z. B. mittels eines Einstellschlittens, während die Position der Kamera konstant bleibt
Fotografie durch ein Durchlichtmikroskop mit höhenverstellbarem Objekttisch
Die Positionen von Motiv und Objektiv bleiben konstant, während die Position der Bildebene variiert wird
Variation des hinteren Auszuges eines Balgengerätes
Die Aufnahmen werden i. d. R. als Einzelbilder angefertigt. Besonders im Makro- und Mikrobereich, wo kurze Belichtungszeiten wegen der kleinen effektiven Blende oft nicht realisierbar sind, muss dabei für die Vermeidung von Erschütterungen etwa durch Berührung oder während des Belichtungsvorgangs bewegte Kamerateile (Spiegel, Verschluss) Sorge getragen werden, z. B. durch Spiegelvorauslösung oder den elektronischen Auslöser spiegelloser Kameras. Teilweise werden auch Einzelbilder aus Filmaufnahmen verwendet („Video-Stacking“, „Turbo-Stacking“).
Da sich bei der Fokusänderung eine Änderung des Abbildungsmaßstabs ergeben kann und sich Objekte im Bild durch Perspektivenänderung verschieben können, muss vor der eigentlichen Montage der einzelnen Bilder meist noch eine Bildtransformation zur bestmöglichen Überlagerung der Bilder durchgeführt werden. Diese Aufgabe wird von den Spezialprogrammen innerhalb gewisser Grenzen automatisch gelöst bzw. als vorgelagerte Prozedur optional angeboten.
Bei der anschließenden Montage werden die jeweils schärfsten Bereiche der Bilder zusammengefügt. Zunehmend werden Digitalkameras, wie zum Beispiel die Olympus OM-D E-M1, mit Funktionen ausgestattet, bei denen die Einzelaufnahmen durch die Kamera-Firmware automatisch zusammengesetzt werden.[2]
Software
Da die manuelle Montage der Bilder schwierig und zeitaufwändig ist, wird in der Regel auf spezielle Software zurückgegriffen. Neben mehreren kommerziell vertriebenen Lösungen wie Aphelion, Helicon, Zerene Stacker oder FOCUS projects stehen als freie Software beispielsweise zur Verfügung: