Am 5. März 1859 startete Hochstetter zu seiner Expedition zum Inneren der Nordinsel des Landes, um das Gebiet um den erloschenen Vulkan Taupō und der TaupōVolcanic Zone geologisch zu erforschen.[4] Durch die Region Taranaki und über Wellington ging seine Reise dann im Juni 1859 auf die Südinsel in die Region um Nelson.[5] Er untersuchte die Kohlelager, Goldfelder und Kupfererz-Lagerstätten der Region. Bei seinen Felduntersuchungen am Dun Mountain bei Nelson entdeckte er eine damals noch nicht klassifizierte Gesteinsart und nannte sie nach ihrer TyplokalitätDunit, die er im Jahre 1864 erstmals wissenschaftlich beschrieb.[6]
Am 2. Oktober 1859 trat Hochstetter seine Rückreise nach Europa über Sydney an.[7]
Wirken in Österreich
Zurück in Österreich, wurde er 1860 zum Professor für Geologie und Mineralogie an die Wiener Technische Hochschule berufen, von 1874 bis 1875 war er Rektor der Hochschule.[8]
Ab 1876 leitete er, von Kaiser Franz Joseph I. berufen, als Direktor das Naturhistorische Hofmuseum. Als einer der Ersten trat Hochstetter bereits 1860 öffentlich für den Darwinismus ein.[9] 1872 wurde er vom Kaiserhaus zum Lehrer des Kronprinzen Rudolf bestimmt. Er unternahm wiederholt ausgedehnte Reisen in wissenschaftlichem Interesse. Er bereiste 1863 die Schweiz und Italien, 1869 die europäische Türkei, 1872 Russland und den Ural. Von ihm stammt die erste geologische Übersichtskarte des Balkangebietes, das damals noch zum Türkischen Reich gehörte. Im Jahr 1868 veröffentlichte Hochstetter in Wien den ersten Erklärungsversuch für die von Erdbeben verursachten Flutwellen in den Meeren.
Erste wissenschaftliche Beschreibung eines Tsunamiereignisses
Unter den Eindrücken seiner Teilnahme an der Novara-Expedition, bei der er sich auch mit Erscheinungen des Vulkanismus befasst hatte, verfolgte Hochstetter von Wien aus die Wirkungen des am 13. August 1868 eintretenden Erdbebens vor der damaligen peruanischen Küste (Epizentrum heute vor Chile liegend).
Flutwellen (Tsunamis) erreichten am 15. August sowohl die Ostküsten von Neuseeland als auch Australien. Hochstetter erkannte den Zusammenhang zwischen dem Erdbeben als Ursache und später weit entfernt an verschiedenen Küsten des Pazifischen Ozeans ankommenden Flutwellen als Folgen. Diese Erkenntnis gelang ihm lange vor der Zeit, in der Geophysiker die Funktionsweise von Tsunamiereignissen wissenschaftlich genau beschreiben konnten. Er gewann sie allein aus Informationen, die ihm von Australien, Honolulu (Hawaii), Neuseeland und Peru aus auf dem damaligen Postweg, also per Schiff, zugingen. Hochstetter erhielt die Informationen über Erdbeben und Flutwellen brieflich durch Kontakte, die er bei seinem Südseeaufenthalt bei Forschung und Arbeit geknüpft hatte.
Hochstetter gehört zu den ersten Wissenschaftlern, die solche Flutwellen in den Meeren als Folge tektonischer Ereignisse verstanden, und veröffentlichte darüber im Jahre 1868. Aus der Entfernung zwischen Südamerika und Neuseeland, der mittleren Meerestiefe sowie dem zeitversetzten Eintreffen der Welle an der australischen Küste leitete er eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 368 Seemeilen pro Stunde ab. Hochstetter hinterließ eine Handskizze, mit der er den Verlauf eines Tsunamis verdeutlicht. Dieses Dokument fand sich vor wenigen Jahren auf Hinweis der Wissenschaftlerin Eleonore Hoke von der Victoria University of Wellington in historischen Archivbeständen der Geologischen Bundesanstalt von Wien.[15] Das von ihm beschriebene Tsunamiereignis mit einer Erdbebenmagnitude von 9,0 richtete an der Küste Südamerikas und im pazifischen Raum verheerende Schäden an, die auch tausende Todesopfer forderten.[16]
Familie
Am 2. April 1861 heiratete Hochstetter in Wien Georgiana Elisa Bengough,[17] Tochter des Engländers John Egbert Bengough, der Direktor der Wiener Gaswerke war. Sie hatten zusammen vier Söhne, darunter den späteren Geologen Egbert Wilhelm von Hochstetter, und vier Töchter.[1]
der leuchtendblaue Pilz Entoloma hochstetteri aus der Gattung der Rötlinge, der in Neuseeland und Indien beheimatet ist.
Schenkung aus dem Nachlass
Immer wieder erhielt das Archiv am Naturhistorischen Museum Schenkungen von Nachlassteilen (Tagebücher, Notizbücher, Briefe, Büsten usw.) aus dem Familienbesitz der zahlreichen Nachfahren von Ferdinand von Hochstetter. Jahre später, am 30. April 2016 wurde im Naturhistorischen Museum Wien ein Schenkungsvertrag unterzeichnet: Inge von Hochstetter, in Basel lebende Urenkelin des Forschers und andere Nachfahren übergaben dem Museum einen weiteren Splitternachlass, die sogenannte „Hochstetter Collection Basel“. Christian Köberl, damals Leiter des Hauses, wurde so zitiert:
„Das NHM Wien erhält Hochstetters Tagebücher, Briefe und Handschriften sowie Bilder, Pläne, Zeichnungen und Fotos aus dessen privatem Besitz. Reisetagebücher und Notizen von seinen Reisen – vor allem von der Novara-Reise – ermöglichen neue Einblicke in das Leben des Forschers und Museumsintendanten.“[21]
zus. mit August Petermann: Geologisch-topographischer Atlas von Neu-Seeland in 6 Blättern. Justus Perthes, Gotha 1863 (handle.net).
Geologie von Neuseeland. Beiträge zur Geologie der Provinzen Auckland und Nelson. In: Wülfferstorf-Urbair (Hrsg.): Reise der Österreichischen Fregatte Novara. Band1. Wien 1864 (google.de).
Ueber das Erdbeben in Peru am 13. August 1868: und die dadurch veranlassten Fluthwellen im Pacifischen Ocean, namentlich an den Küsten von Chili und von Neu-Seeland (Erste Mittheilung). In: Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe. Band58, II Abt. K.-K. Hof- und Staatsdruckerei in Commission bei Karl Gerold's Sohn, Wien 1868, S.837–860 (google.de).
Reise durch Rumelien im Sommer 1869. In: Mitteilungen der kais. und königl. Geographischen Gesellschaft in Wien. Wien 1871 (geologie.ac.at [PDF]).
Über den Ural. Lüderitz, Berlin 1873.
Geologische Bilder der Vorwelt und der Jetztwelt – zum Anschauungs-Unterricht und zur Belehrung in Schule und Familie. Schreiber, Eßlingen 1873.
Asien: seine Zukunftsbahnen und Kohlenschätze. Hölder, Wien 1876.
Gesammelte Reise-Berichte von der Erdumsegelung der Fregatte „Novara“ 1857–1859. Eduard Hölzel, Wien 1885 (geologie.ac.at [PDF]).
Ferdinand von Hochstetter: Briefe aus dem Böhmerwald 1852–1855, herausgegeben von Sascha Nolden, Edition Thanhäuser, Ottensheim 2017.
Franz Ritter von Hauer: Zur Erinnerung an Ferdinand v. Hochstetter. In: Jahrbuch der Kaiserlich Königlichen Geologischen Reichsanstalt. Band34, IV. Heft. Wien 1884, S.601–608 (zobodat.at [PDF; 729kB; abgerufen am 4. Dezember 2014]).
Mike Johnston und Sascha Nolden: Travels of Hochstetter and Haast in New Zealand 1858—1860. Nelson 2011.
Sascha Nolden: Ferdinand Hochstetter (1829–1884) und die Novara—Expedition in Neuseeland. In: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, 136/137 (2006/2007), S. 15–30.
Gerhard Holzer: ... ingatini mea o to tatou nei motu ... Ferdinand von Hochstetter als Kartograph in Neuseeland. In: ders., T. Horst und P. Svatek (Hg.): Die Leidenschaft des Sammelns. Streifzüge durch die Sammlung Woldan, Vol. 1, Wien, 2010, S. 197–231.
Augustin Krämer: Hochstetter, Ferdinand von. Geologe, Erforscher Neuseelands. Intendant des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums zu Wien. 1829–1884. In: Hermann Haering, Otto Hohenstatt (Hrsg.): Schwäbische Lebensbilder. Bd. 2, Kohlhammer, Stuttgart 1941, S. 229–241.
Sascha Nolden: Ferdinand Hochstetter: Allein bei den Antipoden! In: H. Mückler (Hg.): Österreicher in der Südsee: Forscher, Reisende, Auswanderer, Wien, 2012, S. 127–147.
Christa Riedl-Dorn: Ferdinand von Hochstetter (1829–1884). Dem Reich der Natur und seiner Erforschung. In: Daniela Angetter, Johannes Seidl (Hrsg.): Glücklich, wer den Grund der Dinge zu erkennen vermag. Österreichische Mediziner, Naturwissenschafter und Techniker im 19. und 20. Jahrhundert. Peter Lang, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-38867-5, S. 111–128.
C. A. Fleming: Hochstetter, Christian Gottlieb Ferdinand von. In: Dictionary of New Zealand Biography.Ministry for Culture & Heritage, 30. Oktober 2012, abgerufen am 30. April 2016 (englisch).
↑ abC. A. Fleming: Hochstetter, Christian Gottlieb Ferdinand von. In: Dictionary of New Zealand Biography.Ministry for Culture & Heritage, 30. Oktober 2012, abgerufen am 30. April 2016 (englisch).
↑Stefanie Jovanovic-Kruspel: Naturhistorisches Museum Wien - Ein Führer durch die Schausammlungen. Hrsg.: Naturhistorisches Museum Wien. Wien 2010, ISBN 978-3-902421-47-0, S.16.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 115.
↑Willem de Lange, Eileen McSaveney: New Zealand’s tsunami history In: Te Ara - the Encyclopedia of New Zealand. Online-Version 2009, auf www.teara.govt.nz