Die Federgräser und Pfriemengräser (Stipa) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae).[1] Die je nach Autor 100 bis 388 Arten sind fast weltweit verbreitet.
Die Stipa-Arten sind meist ausdauernde, selten einjährigekrautige Pflanzen.[1] Je nach Art werden Wuchshöhen von 25 bis 250 Zentimetern erreicht. Sie wachsen meist als horstbildende Gräser. Sie besitzen meist viele nichtblühende Halme, die außerhalb der Blattscheiden hochwachsen. Die Halme sind aufrecht, einfach oder unten verzweigt und meist mit zwei bis vier (ein bis acht) Knoten gegliedert.
Die wechselständig an den Halmen angeordneten Laubblätter sind in Blattscheide und -spreite gegliedert. Die Blattscheiden sind bis zu ihrer Basis offen. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum. Die Blattspreiten sind gefaltet oder zusammengerollt, borstlich. An der Oberseite sind sie stark gerippt. In der Knospenlage sind die Laubblätter gefaltet.[2]
Generative Merkmale
In einem ausgebreiteten bis zusammengezogenen, dichten bis lockeren, rispigeGesamtblütenstand befinden sich viele Blüten. Die Ährchen sind einblütig und seitlich abgeflacht; ein Achsenfortsatz über dem Blütchen fehlt. Zur Reife fallen die Blütchen aus den Hüllspelzen, die stehen bleiben, aus. Die Hüllspelzen sind drei- bis fünfnervig, selten einnervig, gleich oder ungleich. Häufig sind sie in eine Spitze ausgezogen und wesentlich länger als die Blüte ohne Granne. Sie sind häutig bis durchscheinend dünnhäutig. Die Deckspelze ist fünfnervig, derbhäutig, behaart und begrannt. Die Granne ist bis zu 50 Zentimeter lang, ein- bis zweifach gekniet und mit gedrehter, kahler bis behaarter Untergranne. Die Obergranne ist rau bis dicht federig (von daher der deutsche Trivialname). Die Vorspelze ist annähernd so lang wie die Deckspelze, dünnhäutig bis lederig. Es gibt drei, selten zwei Staubblätter. Der Fruchtknoten ist kahl und trägt zwei, selten drei endständige Griffel mit dicht federigen Narben.
Die Karyopse ist eng von Deck- und Vorspelze umgeben und bildet zusammen mit der an der Deckspelze sitzenden Bohrspitze die Ausbreitungseinheit (Diaspore). Die Bohrspitze oder Kallus sitzt am unteren Ende der Deckspelze und ist morphologisch ein Teil der Ährchenachse;[3] sie ist dicht behaart, spitz bis stechend, nur selten gerundet. Der Embryo ist ein Sechstel bis ein Drittel so lang wie die Frucht. Der Nabel ist strichförmig und erstreckt sich fast über die ganze Länge der Frucht.
Blüten- und Ausbreitungsökologie
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In der Gattung Stipa kommen häufig kleistogame Blüten vor.
Die Früchte sind Bohrfrüchte: Die Untergranne ist trocken gedreht, bei Feuchtigkeit dreht sie sich auf. Dadurch richtet sich die ganze Ausbreitungseinheit durch den Knick in der Granne auf und bohrt sich so ins Erdreich. Die Haare des Kallus dienen als Widerlager.
Die Ausbreitung erfolgt bei den Arten mit behaarter Granne durch den Wind (Anemochorie), bei denen mit rauen Grannen durch Tiere (Epizoochorie).
Systematik und Verbreitung
Taxonomie
Die Gattung Stipa wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, Seite 78–79 aufgestellt. Als Lectotypusart wurde 1925 Stipa pennata L. durch Albert Spear Hitchcock in Contributions from the United States National Herbarium. Smithsonian Institution, Volume 24, Issue 7, S. 216 festgelegt.[4]Synonyme für StipaL. sind: OrthoraphiumNees, StupaAsch. orth. var.[5] Der Gattungsname Stipa leitet sich vom lateinischen stipa, stippa ab, dem Stab, der zum Abstützen von Amphoren dient; hierfür wurden unter anderem die Halme des Halfagrases (Stipa tenacissima) verwendet.
Arten und ihre Verbreitung
Die Gattung Stipa umfasst 100[6] bis 388[3] Arten, je nach der Auffassung ob Achnatherum, Celtica, Macrochloa, Ptilagrostis und Trikeraia enthalten sind oder nicht.[7]
Bayerisches Federgras[11] (Stipa bavaricaMartinovský & H.Scholz, Syn.: Stipa pulcherrima subsp. bavarica(Martinovský & H.Scholz) Conert):[9] Dieser Endemit kommt nur in Neuburg an der Donau vor; diese ist in ihrem Bestand bedroht. Es wird von manchen Autoren als Unterart angesehen.[12]
Echtes Federgras[11] oder Grauscheiden-Federgras (Stipa pennataL.): Je nach Autor gibt es Subtaxa. Seit 2017 gibt es wieder zwei Unterarten:[9]
Stipa pennata subsp. ceynowaeKlichowska & M.Nobis: Sie wurde 2017 aus dem westlichen-zentralen Polen erstbeschrieben.[9][2]
Stipa pennataL. subsp. pennata (Syn.: Stipa apertaJanka ex Čelak., Stipa appendiculataČelak., Stipa austriaca(Beck) Klokov, Stipa austroitalica var. appendiculata(Čelak.) Martinovský, Stipa austroitalica subsp. appendiculata(Čelak.) Moraldo, Stipa balcanica(Martinovský) Kožuharov, Stipa danubialisDihoru & Roman, Stipa disjunctaKlokov, Stipa dvorakii(Martinovský & Moraldo) Landolt, Stipa eriocaulisBorbás, Stipa eriocaulis subsp. austriaca(Beck) Martinovský, Stipa eriocaulis subsp. carniolicaJogan, Stipa eriocaulis subsp. dvorakii(Martinovský & Moraldo) Moraldo & Ricceri, Stipa eriocaulis subsp. kiemii(Martinovský) Tzvelev, Stipa eriocaulis subsp. lithophila(P.A.Smirn. ex Roshev.) Tzvelev, Stipa eriocaulis subsp. lutetianaH.Scholz, Stipa gallica(Steven) Čelak., Stipa graniticolaKlokov, Stipa iberica var. pygmaeaMartinovský, Stipa joannisČelak., Stipa joannis subsp. balcanicaMartinovský, Stipa joannis var. microtrichaBorbás, Stipa joannis subsp. penicellifera(Pacz.) Lavrenko, Stipa joannis subsp. puberula(Podp. & Suza) Martinovský, Stipa joannis var. puberulaPodp. & Suza, Stipa joannis var. subpuberulaPodp. & Suza, Stipa lejophyllaP.A.Smirn., Stipa lithophilaP.A.Smirn. ex Roshev., Stipa lutetiana(H.Scholz) Landolt, Stipa melzeri(Martinovský) Klokov, Stipa oligotrichaMoraldo, Stipa oligotricha subsp. kiemii(Martinovský) Moraldo, Stipa pennata var. appendiculata(Čelak.) Čelak., Stipa pennata var. austriacaBeck, Stipa pennata subsp. austriaca(Beck) Martinovský & Skalický, Stipa pennata subsp. dvorakiiMartinovský & Moraldo, Stipa pennata subsp. eriocaulis(Borbás) Martinovský & Skalický, Stipa pennata var. gallicaSteven, Stipa pennata var. joannis(Čelak.) Beck, Stipa pennata subsp. joannis(Čelak.) K.Richt., Stipa pennata subsp. kiemiiMartinovský, Stipa pennata subsp. lejophylla(P.A.Smirn.) Tzvelev, Stipa pennata subsp. lithophila(P.A.Smirn. ex Roshev.) Martinovský, Stipa pennata var. lutetiana(H.Scholz) F.M.Vázquez & M.Gut., Stipa pennata subsp. lutetiana(H.Scholz) Jauzein, Stipa pennata var. okensis(P.A.Smirn.) Tzvelev, Stipa pennata subsp. okensis(P.A.Smirn.) F.M.Vázquez & M.Gut., Stipa pennata subsp. puberula(Podp. & Suza) F.M.Vázquez & M.Gut., Stipa pennata var. puberula(Podp. & Suza) Kubát, Stipa pennata subsp. slovacaF.M.Vázquez & M.Gut., Stipa pulcherrima var. austriaca(Beck) Podp., Stipa pulcherrima var. gallica(Steven) Podp., Stipa pulcherrima subsp. gallica(Steven) Dostál, Stipa pulcherrima var. mollis(Czern. ex Asch. & Graebn.) B.Fedtsch., Stipa styriacaMartinovský, Stipa styriaca var. melzeriMartinovský, Stipa tauricolaČelak., Stipa venetaMoraldo, Stipa vulgarisGueldenst.): Es ist von Frankreich über Mittel-, Süd- und Osteuropa bis zum Iran, Zentralasien und Ostsibirien verbreitet.
Gelbscheidiges Federgras[11] (Stipa pulcherrimaK.Koch; Syn.: Stipa crassiculmisP.A.Smirn., Stipa crassiculmis subsp. euroanatolicaMartinovský, Stipa crassiculmis subsp. heterotrichaDihoru & Roman, Stipa crassiculmis subsp. picentinaMartinovský, Moraldo & Caputo, Stipa epilosaMartinovský, Stipa epilosa subsp. montanaMoraldo, Stipa etruscaMoraldo, Stipa glabrinodaKlokov, Stipa glabrinoda var. karadagensis(Tzvelev) Tzvelev, Stipa grafianaSteven, Stipa heterophyllaKlokov, Stipa jacobsiiF.M.Vázquez, Stipa montana(Moraldo) Pînzaru nom. illeg., Stipa moraldoiPînzaru, Stipa oligotricha subsp. etrusca(Moraldo) F.M.Vázquez, Stipa oreadesKlokov, Stipa pennata var. pulcherrima(K.Koch) Asch. & Graebn., Stipa pennata subsp. pulcherrima(K.Koch) Á.Löve & D.Löve, Stipa pennata var. breviglumisMaire, Stipa pennata var. grafiana(Steven) Linden, Stipa pennata subsp. grafiana(Steven) K.Richt., Stipa pennata subsp. mediterranea(Trin. & Rupr.) Asch. & Graebn., Stipa pennata subsp. mediterranea(Trin. & Rupr.) Brand, Stipa pennata var. mediterraneaTrin. & Rupr., Stipa platyphyllaCzern. ex Trautv. nom. nud., Stipa pseudomontanaLandolt, Stipa pulcherrima var. alagezicaTzvelev, Stipa pulcherrima subsp. crassiculmis(P.A.Smirn.) Tzvelev,Stipa pulcherrima subsp. epilosa(Martinovský) Tzvelev, Stipa pulcherrima subsp. glabrinoda(Klokov) Tzvelev, Stipa pulcherrima subsp. grafiana (Steven) Pacz., Stipa pulcherrima var. karadagensis Tzvelev, Stipa pulcherrima subsp. mediterranea(Trin. & Rupr.) O.Schwarz, Stipa pulcherrima subsp. palatinaH.Scholz & Korneck, Stipa rigidaMartinovský, Stipa turcicaMartinovský, Stipa valdemonensisCataldo, S.A.Giardina, Moraldo & Raimondo): Je nach Autor gibt es Subtaxa oder keine. Es ist von Marokko und Algerien über Süd- und Mitteleuropa bis zum Kaukasusraum, Zentralasien und Westsibirien verbreitet.
Glänzendes Raugras (Stipa splendensTrin.): Es kommt vom südlichen europäischen Russland bis China und zum Himalaja vor und ist in Europa sonst stellenweise eingebürgert.[9]
Rossschweif-Federgras[11] (Stipa tirsaSteven): Es ist von Europa (außer Nordeuropa) bis zum Kaukasusraum verbreitet.[9]
Turkestanisches Federgras (Stipa turkestanicaHack.): Es kommt in zwei Unterarten und einer Varietät von Afghanistan bis Zentralasien und dem westlichen Himalaja vor.[9]
Die Gattung Stipa gehört zur Tribus Stipeae in der UnterfamiliePooideae innerhalb der FamiliePoaceae.[5] Der Umfang dieser Gattung und der Gattungen der Tribus Stipeae werden kontrovers diskutiert. Auch die Arten der Gattungen AchnatherumP.Beauv., CelticaF.M.Vazquez & Barkworth, MacrochloaKunth, PtilagrostisGriseb. und TrikeraiaBor werden manchmal in die Gattung Stipa s. l. gestellt.[5][9]
Je nach Autor nicht mehr in die Gattung Stipa werden gestellt:[9]
Silber-Raugras[11] oder Silberährengras (Stipa calamagrostis(L.) Wahlenb. → Achnatherum calamagrostis(L.) P.Beauv.): Es kommt hauptsächlich an Felsen in den Gebirgen des südlichen Mitteleuropa und Süd- bis Südosteuropas vor.
Stipa viridulaTrin. → Nassella viridula(Trin.) Barkworth: Sie ist in Kanada und in den USA verbreitet.[9]
Bedeutung
In vielen Steppengebieten spielen Federgras-Arten als Futterpflanzen eine wichtige Rolle. Einige Arten werden als Zierpflanzen verwendet. Als dominante Art in Steppengebieten dienen sie außerdem als Futterquelle für Wild- und Nutztiere sowie zum Sichern des Bodens gegen Winderosion.[14]
Quellen
Literatur
Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
Jan Otakar Martinovský: Stipa L. In: Thomas Gaskell Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Band 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones), Cambridge University Press, 1980, ISBN 0-521-20108-X. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
Hassan R. Hamasha, K. Bernhard von Hagen, Martin Röser: Stipa (Poaceae) and allies in the Old World: molecular phylogenetics realigns genus circumscription and gives evidence on the origin of American and Australian lineages. In: Plant Systematics and Evolution, Volume 298, Issue 2, 2012, S. 351–367. doi:10.1007/s00606-011-0549-5
↑ ab
Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
↑Stipa bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 16. August 2013.
↑ abcStipa im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. August 2013.
↑ abcdefghijklmn
Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2: Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
↑Evgenii Baiakhmetov, Cervin Guyomar, Ekaterina Shelest, Marcin Nobis, Polina D. Gudkova: The first draft genome of feather grasses using SMRT sequencing and its implications in molecular studies of Stipa. In: Scientific Reports. Band11, Nr.1, 28. Juli 2021, ISSN2045-2322, doi:10.1038/s41598-021-94068-w, PMID 34321531, PMC 8319324 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 2. Mai 2024]).