Ernst Michel besuchte bis 1908 das Gymnasium in Bensheim und studierte in Heidelberg und München Germanistik, Geschichte und Kulturgeographie. Er wurde 1914 in Heidelberg bei Alfred Hettner über „Die antropogeographischen Anschauungen Montesquieus“ promoviert.
Für kurze Zeit arbeitete er als Lektor und Wissenschaftsautor bei den Verlagen Diederichs (Jena) und Teubner (Leipzig), bevor er von 1915 bis 1918 am Ersten Weltkrieg in den Vogesen und Galizien teilnahm. Nach Kriegsende und verschiedenen reformpädagogischen Projekten und Veröffentlichungen[1] wurde Michel 1921 Dozent und Direktor der Frankfurter Akademie der Arbeit.[2] 1931 wurde er zum Honorarprofessor für soziale Betriebslehre und Sozialpolitik an der Universität Frankfurt ernannt.[2]
1933 wurde die Akademie der Arbeit von den Nationalsozialisten geschlossen. Michel wurde zwangspensioniert und durfte aufgrund des § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums auch nicht mehr als Professor an der Universität lehren.[5] Einige Jahre schrieb er als freier Autor für die Frankfurter Zeitung und veröffentlichte Artikel in der katholischen Monatsschrift Hochland, in denen er gegen den Totalitätsanspruch der „rassischen Idee“ argumentierte.[6][7] 1938 wurden seine Schriften verboten.[5]
Michel ließ sich von 1938 bis 1940 in Berlin in Psychotherapie und Sozialpsychologie ausbilden[5] und betrieb anschließend eine Privatpraxis in Frankfurt.
1946 konnte Michel wieder als Honorarprofessor in Frankfurt Betriebssoziologie und Betriebspsychologie lehren.[5] Er arbeitete außerdem als wissenschaftlicher Schriftsteller über sozialpolitischen, sozialgeschichtlichen und religiösen Themen. Sein 1948 erschienenes Buch Ehe. Eine Anthropologie der Geschlechtsgemeinschaft[8] wurde von den kirchlichen Behörden auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt.[1]
Bruno Lowitsch: Ernst Michel (1889–1964). In: Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Band 5. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1982, ISBN 3-7867-0990-4, S. 223–238 (Digitalisat).
Arnulf Groß/Josef Hainz/Franz Josef Klehr/Christoph Michel (Hrsg.): Weltverantwortung des Christen: Zum Gedenken an Ernst Michel (1889–1964). Peter Lang, Frankfurt am Main 1996.
↑Dominik Burkard: Ernst Michel und die kirchliche Zensur (1921–1952). In: Josef Hainz (Hrsg.): Reformkatholizismus nach 1918 in Deutschland. Joseph Wittig (1879–1949) und seine Zeit. Dokumentation des Symposiums der „Bibelschule Königstein e. V.“ am 30./31.3.2001 in Königstein, Selbstverlag, Eppenhain 2002, S. 45–72.
↑ abcdRenate Heuer, Siegbert Wolf (Hrsg.): Die Juden der Frankfurter Universität, Campus Verlag, Frankfurt/New York 1997, ISBN 3-593-35502-7, S. 459–461
↑Ernst Michel: Die Krisis des späten Liberalismus, In: Hochland (22 Jahrg. 1934/35) 8 S. 97–114.
↑Ernst Michel: Die Überwindung des Liberalismus In: Hochland (32 Jahrg.1934/35) 9 S. 193–208.