Der Kernort der Gemeinde Erndtebrück befindet sich im Südteil des Rothaargebirges an der Einmündung der Benfe in den von Südwesten kommenden Oberlauf der Eder. Südlich erhebt sich der Ebschloh. (686,3 m ü. NN) Er ist der höchste Berg auf dem Gemeindegebiet. Nördlich des Ortszentrums befindet sich auf einem Bergkamm die Hachenberg-Kaserne der ehemaligen Technischen Schule der Luftwaffe.
Mit seiner Höhe von etwa 500 m und seiner geographischen Lage am Südwestrand des Rothaargebirges weist Erndtebrück ein recht raues und kühles Klima auf. Vor allem in klaren und windstillen Nächten kann die Temperatur hier im oberen Edertal stark absinken. Allein im Winter 2009/10 unterschritt sie viermal die −20 °C-Marke (Tiefstwert −23,4 °C am 20. Dezember 2009). Noch kälter war es am Morgen des 7. Januars 2009, als −24,2 °C gemessen worden sind. Im Winter 2011/2012 wurden erneut −24 °C erreicht. Auch in den Sommermonaten kann es im Edertal Frost geben. Damit zählt Erndtebrück in Bezug auf die Minimaltemperaturen zu den kältesten Orten in NW-Deutschland.
Im Gegensatz dazu begünstigt die Lage in diesem breiten und recht flachen Tal bei entsprechender Sonnenunterstützung aber auch hohe Tagestemperaturen. Im Jahresdurchschnitt sind etwa 6,5 °C zu erwarten. Die Niederschläge liegen mit etwa 1300 bis 1400 mm doppelt so hoch wie zum Beispiel in der Kölner Bucht.
Geschichte
Erndtebrück wurde erstmals 1256 erwähnt.[2] Zunächst war der Ort unter dem Namen Ermingardibrugge bekannt und Sitz eines Rittergeschlechts sowie später Zollstelle mit Marktrecht.
Um 1502 nannte man das Dorf Irmgardtenbrucken. Erst ab 1819 nannte man das Dorf Erndtebrück. Die heutige amtliche Schreibweise des Ortsnamens ist 1732 zum ersten Mal aufgetaucht, konnte sich aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen. In allen Fassungen tritt neben dem Namen Brücke der Personenname Irmin auf, wenn auch in einer durch Lautwandel bedingten Schreibweise. Der Vorname Irmin war bei den Germanen ein beliebter Vorname. 1265 und 1283 tritt der eingangs mehrfach erwähnte Dominus Conradus de Ermingardebrugge miles als Zeuge auf, zuletzt bei der Schenkung Wittgensteinscher Güter an das Kloster Caldern.
1944 und 1945 erlebte Erndtebrück als Eisenbahnknoten schwere Luftangriffe durch die USAAF. Die Angriffe forderten über 100 Menschenleben.
Eingemeindungen
Am 1. Januar 1975 wurden anlässlich der Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen die Gemeinden Balde, Benfe, Birkefehl, Birkelbach, Schameder, Womelsdorf und Zinse aufgelöst. Zusammen mit Gebietsteilen der ehemaligen Gemeinden Amtshausen und Stünzel wurden sie in die Gemeinde Erndtebrück eingegliedert.[3]
Einwohnerentwicklung
Es handelt sich bei den folgenden Zahlen nicht um diejenigen des Statistischen Landesamtes Nordrhein-Westfalen. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch die Zweitwohnsitze mitgezählt wurden. Die Zahlen geben jeweils den Stand am 31. Dezember an.[4]
1992: 8498 Einwohner
1995: 8494 Einwohner
1997: 8418 Einwohner
2000: 8162 Einwohner
2002: 8068 Einwohner
2005: 7965 Einwohner
2007: 7881 Einwohner
2010: 7588 Einwohner
2012: 7591 Einwohner
2016: 7106 Einwohner
2018: 7351 Einwohner
2019: 7292 Einwohner
2020: 7308 Einwohner
2021: 7240 Einwohner
2022: 7207 Einwohner
Religionen
Die evangelische Marienkirche bestimmt das Ortsbild des Luftwaffenstandort Erndtebrück im Edertal. Die Ortsmitte und auch alle Ortsteile sind überwiegend evangelisch geprägt. Eine weitere größere ev. Kirche befindet sich in Birkelbach.
Seit Mitte der 1950er Jahre gibt es in Erndtebrück die katholische Kirchengemeinde Christus König. Diese entstand aufgrund der hohen Zahl von Flüchtlingen, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Erndtebrück und Umgebung kamen. Die überwiegend aus Schlesien stammenden Flüchtlinge mussten bis ins Jahr 1954, in dem die neue Kirche im Birkenweg erbaut wurde, mit einem Provisorium vorliebnehmen. Am 31. Oktober 1954 wurde sodann der Altar der Christus-König-Kirche durch den damaligen Erzbischof von Paderborn, Lorenz Kardinal Jäger, eingeweiht. Die vier Glocken von Erndtebrück wurden am 23. Oktober 1961 von der Glockengießereifirma Rincker in Sinn hergestellt.
Bei der am 13. September 2020 durchgeführten Bürgermeisterwahl konnte Henning Gronau (SPD) mit 75,63 % der Wählerstimmen in die zweite Amtszeit starten.[7] Zuvor war Gronau am 13. September 2015 mit 51,42 % der Wählerstimmen zum Bürgermeister gewählt worden.[8] Gronau ist Nachfolger von Karl Ludwig Völkel (SPD), der seit der Kommunalwahl 2004 direkt gewählter Bürgermeister Erndtebrücks gewesen war.
Zu deren Amtsvorgängern gehört unter anderem Heinz-Josef Linten (CDU), der dem Ort von 1994 bis 1998 als ehrenamtlicher und von 1999 bis 2004 als erster hauptamtlicher Bürgermeister diente, sowie Klaus-Dieter Scheffrahn (CDU) († 1995).[9]
Wappen und Banner
Blasonierung: „Von Blau und Silber (Weiß) geteilt; oben eine goldene (gelbe) Balkenbrücke mit gemauerten Pfeilern, unten zwei schwarze Pfähle.“[10]
Wappenbegründung: Am 25. März 1976 wurde der Gemeinde zuletzt das Recht zur Führung eines Wappens, eines Siegels und eines Banners vom Regierungspräsidenten in Arnsberg verliehen. Bereits am 31. Dezember 1958 wurde der Gemeinde das Wappen durch den nordrhein-westfälischen Innenminister verliehen.
Die Brücke, die der im Ort gelegenen Brücke über die Eder nachgebildet ist, steht redend für den Ortsnamen, während die Pfähle aus dem Stammwappen der Grafen von Wittgenstein entlehnt sind, zu deren Herrschaftsbereich die Gemeinde gehörte.
Das Banner wird wie folgt beschrieben: „In drei Bahnen im Verhältnis 1 : 3 : 1 von Schwarz zu Weiß zu Schwarz längsgestreift, in der oberen Hälfte der mittleren Bahn der Wappenschild der Gemeinde.“
Seit 2016 führt die Gemeinde Erndtebrück zusätzlich ein Wort-Bild-Logo. Es heißt „Erndtebrück natürlich“. Die im Logo versetzt angeordneten 9en beziehen sich auf die 9 Ortsteile der Gemeinde Erndtebrück und beschreiben den guten Zusammenhalt aller 9 Ortsteile.
Städtepartnerschaften
Im Jahre 1973 wurde die Partnerschaft zwischen der nordfranzösischen Stadt Bergues und der Gemeinde Erndtebrück begründet.
Seit April 2013 ist auf dem Alten Friedhof ein kleiner Rosenpark im Aufbau. Es handelt sich um ein rein privat finanziertes und organisiertes Projekt. Über 300 verschiedene Sorten sind gepflanzt.
Heimatmuseum
Das Heimatmuseum zeigt im alten Rathaus u. a. eine Puppen- und Bärenstube, ein Schulklassenzimmer und eine große Eisenbahnanlage mit dem Bahnhof Erndtebrück als Mittelpunkt.
Fahrzeugmuseum
Bald’s Historische Fahrzeugschau von Rudolf Bald stellt alte Fahrzeuge aus. Den Schwerpunkt bilden 30 Motorräder, darunter viele von BMW. Daneben werden vier Autos und Sonderfahrzeuge wie Lanz Bulldog und NSU Kettenkrad präsentiert.[12][13]
Regelmäßige Veranstaltungen
Volkslauf am 1. Mai
Diverse Schützenfeste finden in fast allen Ortsteilen von Juni bis August jeden Jahres statt.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Die Gemeinde ist über die Bundesstraßen 62 und 480 mit den Nachbarorten verbunden.
Der Bahnhof besitzt vier Bahnsteiggleise und einige Güter- und Nebengleise. Der Bahnhof wurde ab Juli 2016 von der Deutschen Bahn modernisiert,[14] das Bahnhofsgebäude bleibt allerdings erhalten. Die Bahnsteige wurden barrierefrei ausgebaut.
Bis in das Jahr 1944 bestand mit der Bahnstrecke Altenhundem–Birkelbach eine Eisenbahnverbindung nach Altenhundem, deren Brücken aber im Kriegsverlauf von sich zurückziehenden Verbänden der deutschen Armee gesprengt wurden. Die Tunnelabschnitte sind zum Teil noch erhalten.
Der Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd kündigte im Mai 2016 an, drei neue Nachtbuslinien im Kreis Siegen-Wittgenstein zunächst bis zum 31. Dezember 2016 als Versuchsangebot einzurichten. Die Busse der Nachtbuslinie 7 des Versuchsangebotes verkehrten jeweils in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag zwischen Siegen, Netphen, Erndtebrück und Bad Berleburg. Das Angebot wurde wegen mangelnder Nachfrage eingestellt.[15][16]
Ein Fahrradweg auf der Oranier-Route verbindet die Städte Diez, Nassau, Braunfels, Dillenburg, Siegen und Bad Arolsen, die seit vielen Jahrhunderten eng mit dem Königshaus der Niederlande verbunden sind, über rund 400 Kilometer.
Industrie und Gewerbe
Am Rande von Erndtebrück befindet sich der Stammsitz des Erndtebrücker Eisenwerkes. Weitere Industrie- und Gewerbeflächen stehen in der Gemeinde im Jägersgrund und im interkommunalen Industriepark Wittgenstein in Schameder zur Verfügung. Dort befindet sich das Biomasseheizkraftwerk Wittgenstein, welches über eine Leistung von 5 MW (elektrisch) und 30 MW (thermisch) verfügt. An dieses angeschlossen ist ein Produktionswerk für Pellets.
Öffentliche Einrichtungen
Behörden
Neben der Gemeindeverwaltung befindet sich im Rathaus auch eine Außenstelle des Jobcenters des Kreises Siegen-Wittgenstein, ein Bürgerbüro sowie das Standesamt.
Erndtebrück beheimatet fünf Kindergärten[18] sowie zwei Schulen. Dies sind die Grundschule Erndtebrück und die Realschule Erndtebrück. Die Rothaarsteig-Schule benannte Hauptschule wurde aufgrund der zu geringen Schülerzahlen im Juli 2016 geschlossen, da die Schulgesetze keine Weiterführung zuließen.[19]
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Gemeinde
Heinrich Lange (1853–1920), Chemiker, erste Direktor der Königlichen Färberei- und Appreturschule Krefeld
Edgar Dietrich: Erndtebrück – So wie es früher war. Band I-III. Horb am Neckar 1987–1989
Edgar Dietrich: Erndtebrück 100 Jahre Eisenbahnknotenpunkt, Das Dorf der Eisenbahner. Horb am Neckar 1988
Edgar Dietrich: 125 Jahre Erndtebrücker Schützenverein, Das Erndtebrücker Schützenwesen. Horb am Neckar 1992
Edgar Dietrich: Als Bomben vom Himmel fielen. Erndtebrück 1995
Edgar Dietrich: Vom Turnerplatz zum Pulverwaldstadion, Das Lebenswerk unseres Turnbruders A. Willi Weber, Chronik des Turn- und Sportvereins 1895 e. V. Erndtebrück. Erndtebrück 1995
Erndtebrück – ein Heimatbuch des obersten Edertales, Band I und II. Herausgegeben von Werner Wied. Jagdgenossenschaft Erndtebrück, Erndtebrück 1977
750 Jahre Erndtebrück. Herausgegeben von Adolf Laues, Guido Schneider, Joachim Völkel und Wilhelm Völkel im Auftrag des Vereins 750 Jahre Erndtebrück e. V. Erndtebrück 2006
Andreas Krüger: Erwin Klotz – Vater der Berliner Autobahnen. In: Zeitschrift Wittgenstein, Band 70/2006, Heft 4, S. 126–130
Willi Mues: Der große Kessel. Eine Dokumentation über das Ende des Zweiten Weltkrieges zwischen Lippe und Ruhr/Sieg und Lenne. Erwitte 1984.
Peter Schneider: Spione am Himmel, Alliierte Luftbildaufklärung im Raum Wittgenstein während und nach dem Zweiten Weltkrieg.ISBN 3-87816-092-5, Erndtebrück 1996.
Peter Schneider: Auf der Reichsautobahn von Erndtebrück nach Wunderthausen. Planungen für eine Autobahn durch das Rothaargebirge. In: Zeitschrift Wittgenstein, Band 81/2017, Heft 1, S. 19–45
↑Den Toten ein ehrendes Gedenken, Siegerländer Heimatkalender 1996, S. 41, 71. Ausgabe, Hrsg. Siegerländer Heimat- und Geschichtsverein e. V., Verlag für Heimatliteratur.
↑Veddeler, Peter; Wappen, Siegel, Flaggen; Münster 2003; S. 122 und 380