Kleiber wurde in Wien als Sohn einer in ärmlichen Verhältnissen lebenden Lehrerfamilie geboren. Jugend und Studienzeit verbrachte er in Prag. Dort studierte er Philosophie und Musik. Unterbrochen wurde seine Prager Zeit durch einen längeren Aufenthalt in Wien.
Nach verschiedenen kürzeren Engagements in Prag (1911–1912), Darmstadt, Barmen-Elberfeld, Düsseldorf und Mannheim berief ihn Max von Schillings 1923 als Nachfolger von Leo Blech an die Staatsoper in Berlin, nachdem er vorher als Gastdirigent mit Fidelio beeindruckt hatte. Er blieb dort zwölf Jahre und prägte das deutsche Musikleben wie außer ihm nur noch Wilhelm Furtwängler und Richard Strauss. Neben der Pflege der Werke Beethovens und Wagners – auch der leichteren Muse war er nicht abgeneigt – brachte er Alban Bergs Wozzeck zur Uraufführung (1925) und Janáčeks Oper Jenufa zur deutschen Erstaufführung. Zwischen 1923 und 1929 produzierte er über 100 Schallplatten.
Erich Kleiber war „ein entschlossen antifaschistischer Dirigent“[1]. 1935 musste er als Verfechter der modernen Musik (Alban Berg, Ernst Krenek, Darius Milhaud und Igor Strawinsky) unter dem Druck des Hitlerregimes zurücktreten. Er emigrierte nach Kuba und später nach Argentinien (Buenos Aires). Vielen klassischen und romantischen Musikwerken verhalf er dort zur südamerikanischen Erstaufführung. Er dirigierte auch Werke südamerikanischer Komponisten. 1938 erhielt er die argentinische Ehrenstaatsbürgerschaft.
Kleiber kehrte 1950 nach Europa zurück. Er hatte angestrebt, 1951 wieder an der Berliner Staatsoper zu dirigieren, fühlte sich aber durch nicht eingehaltene Zusagen der DDR-Spitze brüskiert. Auch in West-Berlin konnte er nicht mehr Wurzeln schlagen, ein Engagement in Wien kam nicht zustande. So lebte er einige Zeit in einem Zürcher Hotel.
Überraschend starb er in Zürich am 27. Januar 1956. Seine sterblichen Überreste sind auf dem Zürcher Friedhof Hönggerberg (Grabnummer F81011) begraben.
Erich Kleiber war mit der Amerikanerin Ruth Goodrich (1900–1967) verheiratet und ist der Vater von Veronika Kleiber und dem Dirigenten Carlos Kleiber.
Cesar A. Dillon: Erich Kleiber: a discography. Ediciones Tres Tiempos, Buenos Aires 1990, ISBN 950-18-0098-9
Matthias Pasdzierny: Erich Kleiber. In: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit
Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 3973–3980. online
John Russell: Erich Kleiber: a memoir. Andre Deutsch, London 1957; deutsche Ausgabe: Erich Kleiber: eine Biographie. Albert Langen/Georg Müller Verlag, München 1958