Die Tradition der Engadiner Zuckerbäcker (auch gebräuchlich Bündner Zuckerbäcker) geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Seit dieser Zeit reichten die Lebensgrundlagen im Engadin und in den Bündner Südtälern Val Müstair, Puschlav und Bergell nicht mehr aus, um die einheimische Bevölkerung zu ernähren. Fortan waren bis in das 19. Jahrhundert hinein Jugendliche und Familien jüngerer Erwerbstätiger gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und Lohn und Brot in der Fremde zu verdienen.
1766 wurden in Venedig 38 von 42 Konfiserien von Bündnern betrieben, was Neid und Argwohn bei den einheimischen Zünften weckte. Die Nachwehen der Bündner Wirren und ein ungeschicktes Politisieren des Freistaats der Drei Bünde beim Versuch der Rückgewinnung der ehemaligen Untertanengebiete im Veltlin führten im gleichen Jahr zur Aberkennung aller Privilegien der Bündner Zuckerbäcker und in deren Folge zu deren – von der Stadt Venedig gewolltem – Exodus.
Kinderarbeit war gang und gäbe, ebenso Lohnauszahlungen erst nach Ende zumeist auf fünf Jahre angelegter Verträge. Die tägliche Arbeitszeit in lichtlosen Backstuben dauerte in der Regel 14 Stunden.
Dolf Kaiser: Fast ein Volk von Zuckerbäckern? Bündner Konditoren, Cafetiers und Hoteliers in europäischen Landen bis zum Ersten Weltkrieg. Ein wirtschaftsgeschichtlicher Beitrag, NZZ Verlag, Zürich 1985, ISBN 3-85823-134-7.
Ursa Rauschenbach-Dallmaier: Engadiner Zuckerbäckersprösslinge, in: Engadiner Post vom 20. September 2011, S. 5.
Margrit Schulte Beerbühl: Seducing Europe. Swiss Sugar-Bakers on the move. In: David Garrioch (Hrsg.): The Republic of skill. Artisans, Mobility, Innovation and the Circulation of Knowledge in Premodern Europe. Leiden/Boston 2022, S. 90–118.