Elisabeth Achler

Figur der „Elisabeth Bona“ (Guten Beth), Kornhausmuseum Bad Waldsee.

Elisabeth Achler oder Elsbeth Achler (auch „Elisabeth von Reute“, bekannt als Gute Beth oder „Elisabetha Bona“; * 25. November 1386 in Waldsee; † 25. November 1420 in Reute) war eine deutsche Ordensschwester und Mystikerin. Sie war Mitbegründerin des Klosters Reute. Ihr Leben ist mit den kirchlichen Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts verbunden, die, mit Rückbezügen auf den religiösen Aufbruch des 13./14. Jahrhunderts und dessen „mystischer“ Spiritualität, auf eine Erneuerung des kirchlich-religiösen Lebens zielten.

Leben

Elisabeth Achler war die Tochter des Weberehepaares Hans und Anna Achler. Sie hatte zwei Brüder.

Der Waldseer Augustinerchorherr Konrad Kügelin (1367–1428) wurde ihr Beichtvater und Seelenführer ab ihrem 14. Lebensjahr. Unter seinem Einfluss wurde sie Franziskaner-Terziarin. Elisabeth lebte zuerst in größter Armut bei einer älteren Begine in Waldsee. 1403 zog sie mit vier anderen jungen Frauen in die mit Hilfe des Stiftspropstes von Waldsee Jakob von Metsch neu erbaute Klause in Reute. Im Jahre 1406 wurde die Klause zum Frauenkloster erhoben; die Schwestern folgten der Dritten Regel des Franziskanerordens. Elisabeth führte dort ein Leben in Abgeschiedenheit, Armut und Gebet; sie kümmerte sich um die Küche und versorgte die Armen an der Klosterpforte. Ihr religiöses Leben richtete sich vor allem auf die Betrachtung und das Miterleben der Passion Christi.

Fortleben

Unmittelbar nach Elisabeths Tod verfasste Konrad Kügelin eine lateinische Vita, die in der Folgezeit in mehreren, auch deutschsprachigen Fassungen verbreitet wurde. Sie ist in wesentlichen Elementen nach dem Vorbild der Vita der heiligen Katharina von Siena gestaltet[1] und sollte als Grundlage für einen Heiligsprechungsprozess dienen. Elisabeth erscheint hier als eine Mystikerin, die Visionen hatte, ekstatische Zustände erlebte, die Wundmale Christi trug und drei Jahre angeblich ohne zu essen lebte. Die Evidenzbildung für diese Nahrungslosigkeit rührt von den Darstellungen des Beichtvaters Kügelin her. Er schrieb dazu:

„Da nun die liebe Jungfrau in der Wahrheit keine leiblichen Speise aß, da konnte sie auch keinen Stuhlgang haben. Da kam der Teufel so manches Mal zu ihr und brachte mit sich Menschenkot, der darüber hinaus übel roch, als wäre es Schwefel und Harz zusammengemischt. Und den Kot tat der böse Geist in ein Becken oder einen Krug oder in ein Geschirr, das in der Kammer stand, damit man sehe, daß sie auch zu Stuhl ging und damit der Argwohn, daß sie heimlich esse, umso größer in den Schwestern werde. Noch mehr: Der Teufel nahm auch denselben Kot und warf ihn auf ihre Schlafkammer durch ein Fenster, daß die Wände von außen unrein wurden, darum, daß das Ärgernis zunehme und nicht ab.“[2]

Kügelin schreibt auch davon, dass er selbst gesehen habe, wie der Teufel die Achler schlug. Die Vita verrät insofern auch mehr über Kügelins Ansichten und sein religiöses Welterleben als über Elisabeth Achler selbst.[3] Allerdings steht eine kritische Untersuchung, wie weit die einzelnen Aussagen der Vita auf Kügelin selbst zurückgehen oder aber von legendarischen Vorlagen übernommen sind, noch aus.[4]

Elisabeth Achler galt, anders als Mystikerinnen in den etablierten Frauenklöstern, als „Frau aus dem Volk“, die ein entschiedenes Leben in der Nachfolge Christi geführt habe. In ihrem Geist wirkte dann auch Ursula Haider, die 1422–1430 im Kloster Reute aufwuchs und später als mystisch begnadete Reformäbtissin des Bickenklosters in Villingen bekannt wurde.

Elisabeth Achler, die „Gute Beth“, wie sie aufgrund ihres aufopferungsvollen Lebens genannt wird, ist als einzige unter den mystisch begnadeten Frauen des 14. und 15. Jahrhunderts in Deutschland zur Volksheiligen geworden; sie wird bis heute verehrt. Ihre Seligsprechung erfolgte am 19. Juli 1766 durch Papst Clemens XIII.[5]; ihr Fest wird am 25. November begangen. In der Wallfahrtskirche von Reute stellen barocke Fresken von Eustachius Gabriel Szenen aus ihrem Leben dar. Seit 1870 ist in Reute das Mutterhaus einer neuen franziskanischen Gemeinschaft; nach dem Vorbild der „Guten Beth“ setzen sich die Franziskanerinnen von Reute zum Ziel, „Gott in der leidenden Menschheit (zu) dienen“.

Anmerkungen

  1. Siehe Werner Williams-Krapp: Frauenmystik und Ordensreform im 15. Jahrhundert. In: Joachim Heinzle (Hrsg.): Literarische Interessenbildung im Mittelalter. DFG-Symposion 1991. Metzler, Stuttgart / Weimar 1993, S. 301–313, hier: S. 308–310
  2. Achler (1932), S. 106 f., neuhochdeutsche Übertragung in Frenken (2002); S. 261.
  3. Vgl. hierzu Frenken (2002), S. 261ff.
  4. Beispielsweise ist die Versicherung eines Autors, etwas selbst gesehen zu haben, ein legendarischer Topos im Sinne der Glaubwürdigkeitsversicherung und muss in jedem einzelnen Falle daraufhin überprüft werden, ob sie rein topologisch oder auch als persönliche Aussage zu verstehen ist.
  5. Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern Reute e. V. (Hrsg.): Gute Beth von Reute. Erste Auflage 1968. Johann Josef Zimmer Verlag GmbH, Trier, S. 7.

Literatur

  • Ruth Banzhaf, Michael Barczyk: Selige gute Beth von Reute. Kunstverlag Fink, Lindenberg 2003, ISBN 3-89870-131-X
  • Friedrich Wilhelm BautzAchler, Elisabeth. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 18.
  • Karl Bihlmeyer: Die schwäbische Mystikerin Elsbeth Achler von Reute († 1420) und die Überlieferung ihrer Vita. In: Georg Basecke, Ferdinand Joseph Schneider (Hrsg.): Festgabe Philipp Strauch. Niemeyer, Halle (Saale) 1932, S. 88–109 (mit Edition von Küngleins Vita; Digitalisat).
  • Anton Birlinger: Leben heiliger alemannischer Frauen des XIV XV Jahrhunderts, in: Alemannia, 9. Jg. 1881, S. 275–292 (Edition von Küngleins Vita; Digitalisat); 10. Jg. 1882, S. 81–109 (Anmerkungen; Digitalisat); S. 128–137 (Innsbrucker Handschrift; Digitalisat)
  • Ottokar BonmannAchler, Elisabeth Maria. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 33 (Digitalisat).
  • Arno Borst: Elsbeth Achler, Franziskanerin in Reute, in: Mönche am Bodensee. 610-1525. Thorbecke, Sigmaringen 1978, ISBN 3-7995-5005-4, S. 301–319
  • Peter Dinzelbacher: Elisabeth Achler von Reute. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 3. Artemis & Winkler, München/Zürich 1986, ISBN 3-7608-8903-4, Sp. 1842.
  • Peter Dinzelbacher: Deutsche und niederländische Mystik des Mittelalters. Berlin 2012.
  • Ralph Frenken: Kindheit und Mystik im Mittelalter. (= Beihefte zur Mediaevistik. Band 2). Frankfurt am Main 2002.
  • Karl Füller: Die selige Gute Betha – Reute und Gaisbeuren. Hrsg. v. Pfarramt Reute. 4. erw. Aufl. 1974 (mit nhd. Wiedergabe der Vita von 1421)
  • Ulrich Knapp: Die Selige Beth von Reute in Baindt. In: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg, 26. Band. Deutscher Kunstverlag, München 1989
  • Werner Köck: Vita der seligen Elisabeth von Reute. Text, Wortindex und Untersuchungen. Dissertation, Universität Innsbruck 1972 (synoptischer Abdruck von Kügelins Vita aus den Handschriften Staatsbibliothek Berlin mgq 194, Universitätsbibliothek Augsburg Cod. III.1.4° 8 und Erzbischöfliches Archiv Konstanz Hs. 380)
  • Paulin Link: Die Gute Beth. Passionsblume Oberschwabens. (= Schwäbische Heilige). Schwabenverlag, Ostfildern 1992, ISBN 3-7966-0712-8
  • Siegfried Ringler: Kügelin, Konrad. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon (VL²). Bd. 5 (1985), Sp. 426–429 (mit Quellen und Sekundärliteratur)
  • Paul Schurer: Gute Beth von Reute 1386-1986. Ausstellungsführer zur 600-Jahr-Feier. Stadt Bad Waldsee, Bad Waldsee 1986
  • Hermann Tüchle: Elisabeth Achler, die gute Beth. (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bad Waldsee : Reihe B, Darstellungen; 3). Stadtarchiv, Bad Waldsee 1984
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