El cant dels ocells (katalanisch für ‚Der Gesang der Vögel‘) ist ein altes Volks- und Weihnachtslied aus Katalonien. In diesem Lied feiern mehr als dreißig kleine und große Vogelarten die Geburt Christi. Das Lied ist in der Melodie feierlich getragen, in einem Moll-Ton gesetzt und umfasst einen sehr großen Notenumfang.
Pau Casals beendete alle seine Exilkonzerte seit 1939 mit diesem Lied, wie auch beispielsweise das Konzert am 13. November 1961 im Weißen Haus vor Jackie und John F. Kennedy und geladenen Gästen in einem Arrangement für Cello und Klavier.[1][2] Auf diese Weise wurde dieses Lied in ähnlicher Weise auch wie das Virolai de Montserrat neben der offiziellen katalanischen Hymne Els Segadors zu einem katalanischen Nationalsymbol, einer Art heimlichen Nationalhymne.
Es folgt der Text in einer alten katalanischen Sprache, die manchmal von der aktuellen katalanischen Rechtschreibung abweicht, zusammen mit einer deutschen Übersetzung.
Katalanisch
Deutsch
El cant dels aucells
Cançó de nadal
Al veure despuntar
el major lluminar,
en la nit més ditxosa,
els aucellets cantant
a festejar-lo van
amb sa veu melindrosa.
I l’àguila imperial,
se’n vola cel endalt
cantant amb melodia
dient: – Jesús és nat
per treure’ns de pecat
i dar-nos alegria.
Respon-li bé el pardal
– Avui, nit de Nadal
és nit de gran contento!
El verdum i el lluer
diuen cantant també:
– Oh, que alegria sento!
I canta el passerell:
– Oh, que hermós i que bell
és l’Infant de Maria!
Li respon ara el tord,
– Vençuda és la mort,
– i naix la vida mia!
Murmura el rossinyol:
– És més bonic que el sol,
més brillant
que una estrella.
La cotxa i el bitxac,
festegen al manyac
– i a sa Mare donzella.
Refila el reietó
per glòria del Senyor,
filant amb biçarria.
El canari segueix.
Llur música pareix
celestial melodia.
Ja n’entra el cotoliu
dient: Aucells, veniu
a festejar l’aurora.
I la merla, xiulant,
anava festejant
a la més gran Senyora.
L’estiverola diu:
– Ja no és hivern ni estiu,
sinó que és primavera
puix que és nada una flor
que exhala tal olor
que omple la terra entera.
Cantava el francolí:
– Aucells: qui vol venir
avui, a trenc de dia,
a veure el Gran Senyor
amb sa gran resplendor
a dins d’una establia?
Picots i borroners
volen entre els fruiters
cantant llurs alegries;
la guatlla i el cucut
del molt lluny han vingut
per contemplâ el Messies.
Vé xiluant el puput:
– Eixa nit ha vingut
el Rei de més grandesa.
La tórtora i el colom,
admiren a tothom
cantant sense tristesa.
I canta la perdiu:
– Me’n vaig a fê el meu niu
a dins de l’establia,
per veure bé l’Infant
com està tremolant
en braços de Maria.
La garsa, griva i gaig
diuen: – Ara vé el maig!
Respon la cadernera:
– Tot arbre reverdeix,
tota planta floreix,
com si fos la primavera.
Xiuxiueja el pinsà:
– Glòria avui i demà;
sento immensa alegria,
de veure el Diamant
tan hermós i brillant
en braços de Maria.
El xut, també el mussol,
en veure eixir el sol,
confosos se retiren;
el gamarús i el duc
diuen: – Mirar no puc;
tals resplendors m’admiren.
Der Gesang der Vögel
Katalanisches Weihnachtslied
Während sie aufgehen sehen
das kräftigste Licht
in der glückseligsten Nacht
beginnen die Vöglein singend
zu feiern
mit ihren zierlichen Stimmen.
Und der Kaiseradler
fliegt in den Himmel hinauf
singt eine Melodie
und spricht: – Jesus ist geboren,
um von uns die Sünde wegzunehmen
und uns große Freude zu geben.
Ihm antwortete der Sperling:
Die Weihnachtsnacht heute
ist eine Nacht großer Freude!
Der Grünfink und der Zeisig
sprechen auch singend:
Oh, welche Freude fühle ich!
Und der Hänfling, singt:
Oh, wie schön und wie hübsch
ist das Kind der Maria!
Diesem antwortet nun die Singdrossel
Besiegt ist der Tod
und mein Leben wird geboren!
Die Nachtigall murmelt:
Er ist schöner als die Sonne,
funkelnder
als ein Stern
Der Rotschwanz und das Schwarzkehlchen
feiern den Sanften
und (ebenso) seine Mutter, die Jungfrau.
Das Goldhähnchen zwitschert
zum Ruhme des Herren,
es trillert in Bizarrheit.
Der Kanarienvogel folgt (diesem Beispiel)
Ihre Musik ertönt (erscheint)
als eine himmlische Melodie.
Es tritt die Heidelerche herein
und sagt: Ihr Vögel, kommt,
die Morgenröte zu feiern.
Die Amsel, pfeifend,
feierte immerzu
ihre allerhöchste Herrin.
Die Kohlmeise sagt:
Es ist nicht mehr Winter und auch nicht Sommer.
Es ist nur noch Frühling.
Eine Blume ist geboren,
die einen solchen Duft verströmt,
dass dieser die ganze Erde erfüllt.
Das Frankolinhuhn sang:
Ihr Vögel, wer will kommen,
heute, bei Tagesanbruch
unseren großen Herrn zu sehen
mit seinem großen Glanz
in einem Stall?
Spechte und Gimpel
fliegen zwischen den Obstbäumen hin und her,
und singen ihre Freuden heraus.
Die Wachtel und der Kuckuck
sind von weit her gekommen,
um den Messias zu betrachten.
Der Wiedehopf kommt und pfeift:
Diese Nacht ist gekommen
der König der allergrößten Würde.
Die Turteltaube und die Taube
reizten alle zur Verwunderung
durch ihr Singen ohne jede Traurigkeit.
Und das Rebhuhn singt:
Ich beginne, mein Nest zu bauen,
in diesen Stall,
um das Kind gut sehen zu können,
wie es zittert
in den Armen Marias.
Die Elster, die Misteldrossel und der Eichelhäher
rufen: Jetzt kommt der Mai!
Der Stieglitz antwortet:
Alle Bäume ergrünen wieder,
alle Pflanzen blühen,
als ob es Frühling wäre.
Der Buchfink trillert:
Gloria heute und morgen;
ich fühle außerordentliche Freude
diesen Diamanten sehen zu dürfen,
so schön und brillant
in den Armen Marias.
Die Zwergohreule und auch der Steinkauz,
als sie die Sonne aufgehen sehen,
ziehen sich verwirrt zurück;
der Waldkauz und der Uhu
sprechen: Wir können nicht schauen;
solcher Glanz versetzt uns in Verwunderung.
Somit treten nacheinander 32 verschiedene Vögel auf:
Während des Spanischen Erbfolgekriegs (1701–1714) wurde im Jahr 1705 anlässlich des Besuchs des österreichischen Erzherzogs Karl in Barcelona eine politische Version des Liedes auf Flugblättern in Umlauf gebracht. Der Titel lautete: Cant dels Aucells quant arribaren los vaxells devant de Barcelona, y del desembarch de Carlos III (que Deu guarde), das heißt: „Gesang der Vögel bei der Ankunft der Schiffe vor Barcelona und der Landung von Karl III. (den Gott beschütze)“. In dieser Version bejubeln die Vögel den designierten spanischen Gegenkönig als den künftigen Retter des Landes.[3][4]
Pau Casals und El cant dels ocells
In seinen Memoiren äußert sich Pau Casals unter dem Titel Eine Weihnachtsgeschichte zu seiner Motivation, dieses beeindruckende Weihnachtslied in den Stand einer heimlichen katalanischen Hymne zu heben:
„Als ich nach dem Spanischen Bürgerkrieg bereits im Exil lebte, machte ich es mir zur Gewohnheit, alle meine Konzerte und Musikfestspiele mit einem alten katalanischen Volkslied zu beschließen, das in Wirklichkeit ein Weihnachtslied ist. Es heißt El Cant dels Ocells, ‚Der Gesang der Vögel‘. Seither ist diese Melodie zum Lied der heimwehkranken spanischen Flüchtlinge geworden. Heute besitze ich in dem Dorfe Molitg-les-Bains in den französischen Pyrenäen unmittelbar neben dem Gran Hôtel Thermal […] ein Landhaus […] Der Hotelbesitzer hat in einem Turm fünfzehn Glocken zu einem Glockenspiel anordnen lassen, für das ich den Gesang der Vögel eingerichtet habe; und nun ist diese bezwingende Melodie stündlich zu hören, stündlich werfen die Berge ihr Echo zurück. Auf der größten Glocke sagt eine Inschrift: ‚Ich besinge in diesem Lied Sorge und Heimweh der Katalanen‘. […] Möge es für sie morgen zu einem Lied des Friedens und der Hoffnung werden.“[5]
Pau Casals’ inniger Wunsch sollte nach Francos Tod im Jahr 1975 und der darauf folgenden Transición, der Demokratisierung Spaniens, in Erfüllung gehen.
Literatur
Enciclopèdia Catalana: El cant dels ocells. In: Gran enciclopèdia catalana. 2. Auflage 5. Nachdruck 1992. Band6. Enciclopèdia catalana, Barcelona 1987, ISBN 84-85194-90-X, S.184f. (katalanisch).
Enciclopèdia.cat: El cant dels ocells. Abgerufen am 26. April 2018 (katalanisch).
Pau Casals (Arrangement): El Cant dels Ocells. Für Solostimme und vierstimmigen Chor. 26. April 2018 (el-atril.com [PDF]).
↑Diskographie: Pau Casals: Concierto en la Casa Blanca 13-XI-61 (Konzert im Weißen Haus am 13. November 1961), Sony Music Entertainment, 1962 und 1991. Diese CD enthält El Cant dels Ocells, gespielt von Pau Casals, Cello, und Mieczysław Horszowski, Klavier.
↑El cant dels ocells (1705). Blog des Grup d’Opinió Ara Lliures, 17. September 2013, mit Abbildung des historischen Flugblatts.
↑Pablo Casals: Licht und Schatten auf einem langen Weg. Erinnerungen aufgezeichnet von Albert E. Kahn. S. Fischer, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-10-012801-X, S. 20 f.