Es können zwei Gruppen der ektodermalen Dysplasie unterschieden werden. In der ersten Gruppe finden sich Patienten mit Störungen an mindestens zwei verschiedenen ektodermalen Strukturen. In der zweiten Gruppe wird nur eine der oben angeführten Störungen gefunden, aber in Zusammenhang mit einer anderen ektodermalen Störung etwa der Ohren, Lippen oder Fußsohle.
Die ektodermale Dysplasie ist erblich bedingt, alle Erbgänge kommen vor: autosomal-dominant und -rezessiv sowie X-chromosomal-dominant und -rezessiv. Die Häufigkeit der Erkrankung wird mit etwa 7 auf 10.000 Neugeburten angegeben. Mehr als 150 unterschiedliche Syndrome sind bislang identifiziert worden.
Mittlerweile werden aufgrund der zugrunde liegenden genetischen Veränderungen zahlreiche Formen unterschieden.
Anhidrotische Form
Die häufigste Form ist die anhidrotische ektodermale Dysplasie (Synonyme: Dysplasie, anhidrotische ektodermale; englisch Hypohidrotic ectodermal dysplasia).[1]
Je nach Erbgang können unterschieden werden:
x-chromosomale Form
Dysplasie, ektodermale hypohidrotische, X-chromosomale,[2] das Christ-Siemens-Touraine-Syndrom. Dieser Störung liegen meist Mutationen im Ectodysplasin-1-Gen (ED1) zugrunde.[3] Da das ED1-Gen auf dem X-Chromosom lokalisiert ist, sind Jungen stärker betroffen als Mädchen. Mit Hilfe molekulargenetischer Methoden kann die klinische Diagnose bestätigt werden. Gegebenenfalls werden weitere Familienangehörige auf den Gendefekt hin untersucht.[4]
Ektodermale Dysplasie galt als nicht heilbar und konnte bisher nur symptomatisch therapiert werden. Forscher suchten dennoch nach Heilmethoden. Im April 2018 wurde im New England Journal of Medicine über einen medizinischen Heilversuch berichtet, der zu dem weltweit ersten Heilungserfolg im Rahmen einer experimentellen vorgeburtlichenTherapie der anhidrotischen Form führte. Dabei wurde in der Mitte der Schwangerschaft das ProteinEktodysplasin A1, welches betroffenen Feten fehlt, in das Fruchtwasserinjiziert. Das Protein wurde anschließend von den ungeborenen Kindern zusammen mit dem Fruchtwasser geschluckt.
Um aus dem Darm der Feten in deren Blutkreislauf aufgenommen werden zu können und so an den Wirkort zu gelangen, wurde das Protein mit einer Fc-Komponente menschlicher Antikörper als Transporthilfe verbunden. Für diese Fc-Komponente existiert natürlicherweise ein spezieller Aufnahmemechanismus, um der Immunabwehr dienende Antikörper aus der Muttermilch ins Blut des Säuglings einzuschleusen. Durch die Verbindung mit der Fc-Komponente konnte so das fehlende Ektodysplasin A1 über diesen natürlichen Aufnahmemechanismus in den Blutkreislauf der Feten eingebracht werden.
Alle drei Kinder haben im Zuge des Therapieversuchs ausreichend Schweißdrüsen und mehr Zahnanlagen als sonst bei dieser Krankheit üblich gebildet. Die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung zweijährigen Zwillinge bildeten sogar ebenso viele Schweißdrüsen aus wie gesunde Kinder. Damit gelang, wie das Wissenschaftsmagazin New Scientist später feststellte, die „erste vorgeburtliche Therapie einer genetisch bedingten Krankheit“ mit einem auf die molekulare Ursache fokussierten Ansatz.[46] Angesichts der erfolgreichen Heilversuche wurden weiterführende Studien geplant[47][48] und inzwischen begonnen.
J. E. Van Sickels, T. P. Raybould, E. P. Hicks: Interdisciplinary management of patients with ectodermal dysplasia. In: The Journal of oral implantology. Band 36, Nummer 3, 2010, S. 239–245, ISSN0160-6972. doi:10.1563/AAID-JOI-D-09-00043R1. PMID 20553179. (Review).
F. Clauss, M. C. Manière u. a.: Dento-craniofacial phenotypes and underlying molecular mechanisms in hypohidrotic ectodermal dysplasia (HED): a review. In: Journal of Dental Research. Band 87, Nummer 12, Dezember 2008, S. 1089–1099, ISSN1544-0591. PMID 19029074. (Review).
C. Drögemüller, O. Distl, T. Leeb: X-linked anhidrotic ectodermal dysplasia (ED1) in men, mice, and cattle. In: Genetics, selection, evolution: GSE. Band 35 Suppl 1, 2003, S. S137–S145, ISSN0999-193X. doi:10.1051/gse:2003022. PMID 12927086. PMC 3231755 (freier Volltext) (Review).
↑M. L. Mikkola: Molecular aspects of hypohidrotic ectodermal dysplasia. In: American journal of medical genetics. Part A. Band 149A, Nummer 9, September 2009, S. 2031–2036, ISSN1552-4833. doi:10.1002/ajmg.a.32855. PMID 19681132. (Review).
↑Z. Kibar: The gene responsible for Clouston hidrotic ectodermal dysplasia maps to the pericentromeric region of chromosome 13q. In: Human Molecular Genetics. 5, S. 543–547, doi:10.1093/hmg/5.4.543.
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