Ein bisschen bleiben wir noch

Film
Titel Ein bisschen bleiben wir noch
Produktionsland Österreich
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2020
Länge 102 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Arash T. Riahi
Drehbuch Arash T. Riahi
Produktion Veit Heiduschka,
Michael Katz
Musik Karwan Marouf
Kamera Enzo Brandner
Schnitt Julia Drack,
Stephan Bechinger
Besetzung

Ein bisschen bleiben wir noch (Arbeitstitel Oskar & Lilli) ist ein österreichischer Spielfilm von Arash T. Riahi aus dem Jahr 2020 mit Leopold Pallua als Oskar und Rosa Zant als Lilli. Das Drehbuch basiert auf dem Roman Oskar und Lilli von Monika Helfer (1994).[3][4][5]

Handlung

Der achtjährige Oskar und die 13-jährige Lilli sind zwei tschetschenische Flüchtlingskinder, die seit sechs Jahren mit ihrer Mutter in Österreich leben. Als die drei in Wien von der Polizei gefasst werden und abgeschoben werden sollen, versucht sich die Mutter das Leben zu nehmen.

Der Suizidversuch bewirkt einen Aufschub der Abschiebung, aber auch die Trennung der Kinder, die zu verschiedenen Pflegefamilien kommen. Oskar und Lilli halten trotz ihrer Trennung Kontakt und beschließen, ihre Mutter zu finden und gemeinsam zu fliehen.[6][4]

Produktion und Hintergrund

Die Dreharbeiten fanden vom 2. Juli bis zum 18. August 2018 in Wien und Niederösterreich statt,[3] gedreht wurde unter anderem in Wien-Favoriten.[5] Unterstützt wurde der Film vom Österreichischen Filminstitut, vom Filmfonds Wien und vom Land Niederösterreich, beteiligt war der Österreichische Rundfunk. Produziert wurde der Film von der Wega Film.[6] Für Ton und Sounddesign zeichnete Atanas Tcholakov verantwortlich, für das Kostümbild Monika Buttinger, für das Szenenbild Katrin Huber und Gerhard Dohr.[6][3]

Regisseur und Drehbuchautor Arash T. Riahi sah den Film als zweiten Teil einer „Flucht-Trilogie“, die er mit Ein Augenblick Freiheit (2008) begann und mit einer Tragödie mit dem Arbeitstitel Eine Herzensgeschichte abschließen möchte.[5]

Im Gegensatz zum Film handelt die 1994 erschienene Romanvorlage Oskar und Lilli von Monika Helfer nicht von Flüchtlingskindern: In der Vorlage verloren Oskar und Lilli ihr Zuhause aufgrund einer psychischen Erkrankung ihrer Mutter. Riahi wollte allerdings einen politischen Film machen, er selbst ist als Kind mit seinen Eltern aus dem Iran nach Österreich emigriert. In der Figur des Oskar habe er viel Eigenes wiedergefunden.[5]

Veröffentlichung

Die Premiere erfolgte am 23. Jänner 2020 im Rahmen des Filmfestivals Max Ophüls Preis, wo der Film in den Wettbewerb eingeladen und mit dem Publikumspreis Spielfilm ausgezeichnet wurde.[7][8][9]

Der österreichische Kinostart war ursprünglich für den 17. April 2020 vorgesehen und wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie auf den 2. Oktober 2020 verschoben.[6][10] In Deutschland kam der Film am 2. September 2021 in die Kinos.[11]

Im ORF wurde der Film am 18. Juni 2023 erstmals ausgestrahlt.[12][13]

Rezeption

Dorian Waller schrieb auf DerStandard.at, dass in dem Film eine Überfülle unterschiedlichster Emotionen stecke, auch die Zahl der beackerten Problemfelder sei keine kleine. Aus der kindlichen Wahrnehmung heraus könne der Film zu seinem Ende hin märchenhafte Züge annehmen, die ihn den stellenweise grimmigen Realismus leichter transzendieren lassen als eine Fototapete in der Gemeindebautristesse. Je nach Perspektive der Betrachter ende die Geschichte wie Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern oder bliebe mehr im Diesseits verankert.[14]

Matthias Greuling meinte in der Wiener Zeitung, dass bei dem Film alles stimme. Er schildere eine emotionale Achterbahnfahrt aus der Perspektive von Flüchtlingskindern, erzähle in Wahrheit aber von uns allen und wie wir am Vorsatz, es gut zu meinen mit den anderen und mit uns selbst, fortwährend scheitern. Der Trumpf sei die kindliche Perspektive die das Geschehen aus Kinderaugen miterleben lasse. Das Drama sei aus diesem Blickwinkel auch eines voller hoffnungsvoller und glücklicher Momente.[15]

Ähnlich urteilte Barbara Unterthurner in der Tiroler Tageszeitung, die Geschichte berühre tief, auch weil der Zuseher das Schicksal aus nächster Nähe, vom Gesichtspunkt der Kinder aus, miterlebe. In etlichen magischen Momenten, die den Film so besonders machten, wäre ein Durchatmen vom psychischen Druck möglich. Die Schönheit der Bilder würde aber schnell von der Realität zerschlagen. Mit dem Film „der das Verlorensein bebildert, magisch und brutal real“ füge Riahi seinem Œuvre eine märchenhafte Facette hinzu.[16]

Nora Bruckmüller vergab in den Oberösterreichischen Nachrichten fünf von sechs Sternen. Riahi lege ein Werk vor, das sich wie ein Schlag ins Gesicht jener anfühlen müsse, die Menschen zu Statistiken verkleinern. Und Bruckmüller schrieb: „Wer bei diesem Film nichts fühlt, hat keine Seele, kein Herz.“[17]

Auszeichnungen und Nominierungen

Filmfestival Max Ophüls Preis 2020

  • Auszeichnung mit dem Publikumspreis Spielfilm[7]

Diagonale 2020

  • Auszeichnung mit dem Diagonale-Preis Filmdesign – Bestes Kostümbild (Monika Buttinger)

Filmfestival Kitzbühel 2020

Österreichischer Filmpreis 2021

Romyverleihung 2021

  • Auszeichnung in der Kategorie Bester Film Kino (Arash T. Riahi)[24][25]
  • Auszeichnung in der Kategorie Bestes Buch Kino (Arash T. Riahi)
  • Auszeichnung in der Kategorie Beste Regie Kino (Arash T. Riahi)
  • Auszeichnung in der Kategorie Bester Schnitt Kino (Julia Drack und Stephan Bechinger)

Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2021

  • Auszeichnung als bester Kinder- und Jugendfilm (LEO) (Arash T. Riahi)[26]

Kirchliches Filmfestival Recklinghausen 2021

  • Auszeichnung mit dem Jugendfilmpreis[27]

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Ein bisschen bleiben wir noch. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 201030/K).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Alterskennzeichnung für Ein bisschen bleiben wir noch. Jugendmedien­kommission.
  3. a b c Oskar und Lilli bei crew united, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  4. a b Oskar & Lilli. In: film.at. Abgerufen am 13. Dezember 2019.
  5. a b c d "Es wird kein Opferfilm": Riahi dreht "Oskar & Lilli". In: Salzburger Nachrichten. 27. Juli 2018, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  6. a b c d Ein bisschen bleiben wir noch. In: Österreichisches Filminstitut. Abgerufen am 13. Dezember 2019.
  7. a b Auszeichnung für zwei ORF-kofinanzierte Filme beim 41. Max-Ophüls-Preis. 25. Januar 2020, abgerufen am 25. Januar 2020.
  8. Ein bisschen bleiben wir noch. In: Filmfestival Max Ophüls Preis. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Januar 2020; abgerufen am 10. Januar 2020.
  9. Max-Ophüls-Preis: Arash T. Riahi mit Premiere im Wettbewerb. In: Salzburger Nachrichten. 13. Dezember 2019, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  10. Ein bisschen bleiben wir noch. In: Filmfonds Wien. Abgerufen am 13. Dezember 2019.
  11. Ein bisschen bleiben wir noch. In: Filmstarts.de. Abgerufen am 2. September 2021.
  12. 'Zum Österreichischen Filmpreis 2023' ORF-Premiere: Ein bisschen bleiben wir noch. In: ORF.at. Abgerufen am 31. Mai 2023.
  13. Zum Österreichischen Filmpreis: ORF-Premiere für „Was wir wollten“, „Große Freiheit“ und „Me, We“. In: ots.at. 5. Juni 2023, abgerufen am 5. Juni 2023.
  14. Dorian Waller: "Ein bisschen bleiben wir noch": Kindlicher Blick auf große Krisen. In: DerStandard.at. 30. September 2020, abgerufen am 3. Oktober 2020.
  15. Matthias Greuling: Filmkritik: "Ein bisschen bleiben wir noch": Die Hoffnung noch nicht aufgeben. In: Wiener Zeitung. 1. Oktober 2020, abgerufen am 3. Oktober 2020.
  16. Barbara Unterthurner: „Ein bisschen bleiben wir noch“: Bittersüße Odyssee. In: Tiroler Tageszeitung. 3. Oktober 2020, abgerufen am 3. Oktober 2020.
  17. Nora Bruckmüller: "Ein bisschen bleiben wir noch": Eine Kindheit so traurig wie schön. In: nachrichten.at. 3. Oktober 2020, abgerufen am 3. Oktober 2020.
  18. Filmfestival Kitzbühel zeichnet "Ein bisschen bleiben wir noch" aus. In: Tiroler Tageszeitung. 30. August 2020, abgerufen am 30. August 2020.
  19. Comeback des Kinos: Veronica Ferres macht jungen Filmschaffenden Mut. In: Kurier.at. 30. August 2020, abgerufen am 30. August 2020.
  20. Österreichische Filmakademie: Nominierungen 2021. In: oesterreichische-filmakademie.at. 29. April 2021, abgerufen am 29. April 2021.
  21. Österreichischer Filmpreis 2021: "Hochwald" führt Nominiertenfeld an. In: Wiener Zeitung. 29. April 2021, abgerufen am 29. April 2021.
  22. "The Trouble With Being Born" räumt beim Österreichischen Filmpreis ab. In: Die Presse/APA. 8. Juli 2021, abgerufen am 8. Juli 2021.
  23. Preisträger:innen 2021. In: oesterreichische-filmakademie.at. 8. Juli 2021, abgerufen am 8. Juli 2021.
  24. "Ich und die anderen" bis "Landkrimi": Das sind die Nominierten der Branchen-ROMY. In: Kurier.at. 30. April 2021, abgerufen am 30. April 2021.
  25. Von Ischgl-Doku bis "Unorthodox": Das sind die Gewinner der Branchen-ROMYs 2021. In: Kurier.at. 18. Juni 2021, abgerufen am 18. Juni 2021.
  26. Filmkunstfest MV: "Goldener Ochse" an Ulrich Tukur verliehen. In: ndr.de. 4. September 2021, abgerufen am 5. September 2021.
  27. "Nowhere Special" erhält Ökumene-Filmpreis in Recklinghausen. In: domradio.de. 3. Oktober 2021, abgerufen am 16. Oktober 2021.