Egon Hilbert studierte Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität Wien, wurde 1924 zum Dr. jur. promoviert und trat als Polizeijurist in den Staatsdienst ein. Daneben absolvierte er das Studium der Musikwissenschaft, übernahm 1926 das Kulturreferat beim Bundespressedienst und wurde 1935 Presseattaché der österreichischen Botschaft in Prag, wo er vor allem mit kulturpolitischen Aufgaben betraut war.
1945 war Hilbert provisorischer Direktor des Salzburger Landestheaters und als solcher um die Reorganisation der Salzburger Festspiele bemüht. Als Leiter des Österreichischen Bundestheaterverwaltung, 1946–1953, trachtete er, der Wiener Staatsoper wieder Weltgeltung zu verschaffen, und es gelang ihm trotz ungünstigster Voraussetzungen, im Theater an der Wien einen regulären Opernbetrieb und ein erstklassiges Ensemble aufzubauen.[2] 1953 wurde Ernst Marboe zu seinem Nachfolger als Leiter der Bundestheaterverwaltung bestellt.[3]
Von 1954 bis 1959 war er Leiter des neugegründeten Österreichischen Kulturinstituts in Rom, von 1959 bis 1963 Intendant der Wiener Festwochen und ab 9. Juni 1963, als Nachfolger von Walter Erich Schäfer,[4] gemeinsam mit Herbert von Karajan (mit dem er am 16. Juni 1963 das erste entscheidende Arbeitsgespräch führte)[Anm. 1] Direktor der Wiener Staatsoper.[5] Als Karajan infolge der seit Herbst 1963 herrschenden Staatsopernkrise (bzw. Karajankrise) mit 11. Mai 1964 schriftlich demissionierte,[6] erschien die Position des von Karajan offen abgelehnten[7] Hilbert unsicher,[8] da der erst ins Amt gekommene Fachminister Theodor Piffl-Perčević zunächst Karajans Bedingungen für einen Weiterverbleib verhandeln wollte. Jedenfalls kündigte Piffl-Perčević an, dass das Kodirektorat Karajan–Hilbert mit Ablauf der Saison erlöschen würde.[9] – Mit 1. September 1964 wurde Hilbert alleiniger Direktor des Hauses[10] und eröffnete die Saison mit Hochzeit des Figaro.[11]
Am 18. Jänner 1968 wurde nach monatelang gegen Hilbert geführten Intrigen von Bundestheaterverwaltung und Staatsoper dessen (überfälliger)[12]De-facto-Rücktritt[13] bekannt gegeben.[14] Als Hilbert am Abend desselben Tages vor seinem Haus in Wien-Penzing den Dienstwagen besteigen wollte, der ihn zur Aufführung von Don Giovanni in die Staatsoper bringen sollte,[15] brach er mit einem Herzschlag zusammen.[16] Der Vizedirektor (und spätere Nachfolger) Hilberts, Heinrich Reif-Gintl, setzte in der Pause von Don Giovanni das Publikum vom Ableben Hilberts in Kenntnis und erbat eine Trauerminute.[15] Hilbert, dessen Gesundheit seit geraumer Zeit angegriffen gewesen war, hatte im Tauziehen um seine Abberufung bzw. Nachfolge ein Übereinkommen unterzeichnet, demzufolge er bis Ablauf seines Vertrages im Jahre 1970 ab 1. Februar 1968 beurlaubt werden sollte.[5]
Der Roman Der Opernnarr des österreichischen Schriftstellers und Kabarettisten Carl Merz ist eine – durch Pseudonyme getarnte – Biografie Egon Hilberts.[18] Dieser trägt in Merz’ Roman den Namen „Edmund Pleinher“, aus Karl Böhm wird „Karl Schön“, und Herbert von Karajan tritt als „de Zarunian“ auf.
Die Wiener Staatsoper im Theater an der Wien. In: Anton Bauer: 150 Jahre Theater an der Wien. Amalthea-Verlag, Zürich/Wien (u. a.) 1952, OBV, S. 501–512.
An Franz Strauss. In: Franz Strauss: Festschrift Dr. Franz Strauss zum 70. Geburtstag. Schneider, Tutzing 1967, OBV, S. 35–38.
Literatur
Egon Hilbert, österreichischer Theater- und Opernintendant. Pressestimmen. Tagblattarchiv (1950–1973), 17 Blatt, OBV.
↑Bei Karajan-Ehrung: Hohe Opernpolitik. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 21. Juni 1963, S.8.
↑ abDr. Hilbert starb an Herzschlag. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 19. Jänner 1968, S.5, Spalte 5 Mitte.
↑Karajan hat „Nervenkrise“ – Rücktritt. Unterrichtsminister akzeptiert Demission – Verhandlungen Karajans mit der Metropolitan dementiert. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 12. Mai 1964, S.1.
↑Hilbert wartet auf Piffl. Morgen Karajan in Wien. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 13. Mai 1964, S.1. sowie Piffl über Forschungsrat: Mitsprache für die Politik. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 15. Mai 1964, S.2, Spalte 2, unten.
↑Läßt Dr. Piffl Hilbert fallen? Karajan seit Mittwoch in Wien. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 14. Mai 1964, S.1.
↑Piffl: Nach Spielzeit erlischt die Direktion Karajan–Hilbert. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 15. Mai 1964, S.1.
↑F(ritz) W(alden): Der 65. Geburtstag eines Schwierigen. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 20. Mai 1964, S.8, Spalte 1 Mitte.
Anmerkungen
↑Die Unterredung fand auf Gut Buchenhof in Mauerbach statt, einem Anwesen, das Karajan während seiner Wiener Jahre mit seiner Familie bewohnte und das er ein Jahr später bereits Monate vor Ausbruch der Opernkrise verlassen sollte. – Franz Endler: Karajan. Eine Biographie. Deutsche Ausgabe, erste Auflage. Hoffmann und Campe, Hamburg 1992, ISBN 3-455-08432-X, S. 189, sowie Georg Markus: Adressen mit Geschichte. Wo berühmte Menschen lebten. Amalthea, Wien 2005, ISBN 3-85002-542-X, S. 180.