Dragoman

Pierre Amédée Jaubert (links) war der von Napoleon bevorzugte Orientalist und Dragoman.[1] Er begleitete den persischen Gesandten Mirza Mohammed Reza Quazvini in das Schloss Finckenstein für ein Treffen mit Napoleon Bonaparte am 27. April 1807 zur Ratifikation des Vertrags von Finckenstein.
Plate from The Crescent and the Cross by Elliot Warburton entitled "Encampment at Baalbec, lady and dragoman in foreground."
Der Malteser Vincenzo Belluti diente um 1850 britischen Abenteuerreisenden als Fremdenführer in Ägypten und Palästina
Dragoman Joseph Shaar am Tempel von Baalbek (1891)

Ein Dragoman (arabisch ترجمان tarǧumān, turdschuman) ist ein Übersetzer, Dolmetscher oder sprachenkundiger Reiseführer im Nahen Osten, besonders für die Sprachen Arabisch, Türkisch und Persisch.

Bedeutung

Das Wort geht auf die Semitische Wurzel t-r-g-m zurück, die bereits im Akkadischen (als targumannu) und im Aramäischen (als targemana) erscheint. Alle diese Wörter bedeuten Übersetzer, das hebräische Targum bedeutet Übersetzung. Bereits im 6. Jahrhundert vor Christus wurde in Ägypten eine spezielle Berufsgruppe eingerichtet, die besonders aus im Lande lebenden Griechen bestand, die sich um griechische Reisende im Land zu kümmern hatten.

Während des Mittelalters betreuten diese Dolmetscher vor allem christliche Pilger. Diese brachten das Wort nach Europa, wo es im Mittelenglischen (als dragman), im Altfranzösischen (als drugeman), im Mittellateinischen (als dragumannus) und im Mittelgriechischen (als dragoumanos) erscheint.

Unter der Mamluken-Regierung zwischen 1270 und 1510 mussten die Dragomane vom jeweiligen Sultan akkreditiert werden und waren ihm für die Unterbringung und das Verhalten der christlichen Ausländer verantwortlich.

In französischen Reiseberichten des 15. Jahrhunderts erscheint er als „truceman“, in deutschen als „trutzelmann“ oder „drugman“. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts übernahm er von seiner Residenz in Kairo die Betreuung und Unterbringung aller christlichen „Touristen“ in Ägypten.

Nach Europa gelangte dieses Wort ursprünglich von Ägypten aus. Im ägyptischen Arabisch wird der arabische Buchstabe ǧ (Dschim, Ǧīm; anglisiert j) als g gesprochen und nicht, wie in den übrigen arabischen Ländern als dsch.

Im 16. Jahrhundert wurde der Begriff auf das ganze Osmanische Reich ausgedehnt. Weiterhin waren es hauptsächlich Griechen, die diese Arbeit übernahmen und zwischen den europäischen Sprachen einerseits und der arabischen, türkischen und persischen Sprache andererseits dolmetschten.

Nach der diplomatischen Anerkennung des Osmanischen Reichs traten sie den Botschaftern, die in Istanbul residierten, und den Konsuln, die in Alexandria und Kairo ihren Sitz hatten, die diplomatische und konsularische Arbeit, die sie vorher erledigt hatten, ab.

Im 19. Jahrhundert verwendete man diesen Begriff, um einen Dolmetscher speziell für den Verkehr zwischen den Landesbehörden und den Gesandtschaften und Konsulaten im Orient zu bezeichnen.

Dragoman der Grabeskirche

Der Dragoman der Grabeskirche in Jerusalem hat die Aufgabe, den Status quo vor Ort aufrechtzuerhalten. Er vermittelt zwischen den verschiedenen Konfessionen und sorgt für die Beachtung der Aufteilung der Nutzung der Grabeskirche. Der Dragoman ist auch Hauptansprechpartner der israelischen Polizei für die Grabeskirche. Von 1949 bis 1998 war Yacuob Dragoman, seither hat diese Funktion Jiries Majlaton inne.[2]

Literatur

  • Frank Castiglione: „Levantine“ Dragomans in Nineteenth Century Istanbul: The Pisanis, the British, and Issues of Subjecthood. In: Osmanlı Araştırmaları – The Journal of Ottoman Studies, Band 44 (2014), S. 169–195 (online).
  • Istanbul et les langues orientales, édité par Frédéric Hitzel, Editions l’Harmattan, 1997. ISBN 2-7384-5335-X
  • Marie de Testa & Antoine Gautier: Drogmans et diplomates européens auprès de la Porte ottomane, éditions ISIS, Istanbul 2003. ISBN 975-428-258-7
  • Ella-Natalie Rothman: Between Venice and Istanbul: Trans-imperial subjects and cultural mediation in the early modern Mediterranean, Diss., University of Michigan, 2006 (v. a. S. 210–275, Rekrutierung, Training, Beschäftigung in venezianischen Diensten)

Einzelnachweise

  1. Alastair Hamilton, Alexander H. de Groot, Maurits H. van den Boogert: Friends and rivals in the East: studies in Anglo–Dutch relations in the Levant from the seventeenth to the early nineteenth century. BRILL, 2000, ISBN 978-90-04-11854-6, S. 230ff (google.com).
  2. Paul Turban: Der Dragoman: Mittler zwischen Orient und Okzident in Im Land des Herrn, Franziskanische Zeitschrift für das Heilige Land, 75. Jahrgang 2021, Heft 3, S. 8 ff.