Dr. Martens

Dr. Martens

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Rechtsform PLC
ISIN GB00BL6NGV24
Gründung 1947
Sitz London, Vereinigtes Königreich
Leitung Paul Mason (Vorsitzender)

Kenny Wilson (CEO)

Mitarbeiterzahl 1.720
Umsatz £672,2 Mio.[1]
Branche Schuhhersteller
Website https://www.drmartens.com/
Stand: 2020
Rote und schwarze Stiefel der Marke
Halbschuh, hergestellt nach 2003
Charakteristischer gelber Nähfaden

Dr. Martens, umgangssprachlich auch als Docs oder Doc Martens bezeichnet, ist eine Schuhmarke des gleichnamigen britischen Unternehmens Dr. Martens PLC.

Geschichte

Die Anfänge

Die Dr. Martens wurden von dem deutschen Arzt Klaus Märtens entwickelt, dem sie ihren Namen verdanken. Klaus Märtens, der als Arzt in der Wehrmacht gedient hatte, konstruierte die ersten Prototypen 1945, wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Weil er aufgrund eines Skiunfalls Knieprobleme hatte, wollte er stabile Schuhe entwickeln, die eine weniger harte Schuhsohle haben als die konventionellen Sicherheitsstiefel, die er als Arbeiter tragen musste.[2] Er selbst beschreibt die Realisierung seiner Idee später:

„Der Krieg ging zu Ende und jeder stürmte nach draußen und begann zu plündern. Doch während die meisten Leute nach Wertgegenständen wie Schmuck und Pelzen suchten, suchte ich mir einen Leisten, etwas Leder, Nadeln und Nähfäden und machte mir daraus ein Paar Schuhe mit den dicken luftgepolsterten Sohlen, die ich mir ausgedacht hatte.“

Klaus Märtens

Märtens und sein Studienkollege Herbert Funck,[3] der als gebürtiger Luxemburger von den Handelsrestriktionen im Nachkriegsdeutschland nicht betroffen war, gingen eine Partnerschaft ein und begannen 1947 in Seeshaupt[2] bei München damit, mit Gummi der ausgedienten deutschen Luftwaffe Sohlen herzustellen. Auch die anderen Bestandteile der ersten Schuhe bestanden aus Armeeresten. Als Einlagen dienten die Schulterstücke (Epauletten) der Uniformjacken, das Leder von den Hosen der Offiziersuniformen. Nach eigenen Aussagen des Erfinders war der Zeitpunkt perfekt, um nach dem Krieg bequeme Sicherheitsstiefel herzustellen. Die Schuhe wurden sehr schnell populär, so dass Märtens und Funck 1952 eine Fabrik in München eröffneten.[3] Im Verlauf der 1950er Jahre verkauften sie Schuhe in 200 unterschiedlichen Ausführungen. 1959 bewarb das Team die Idee erstmals in internationalen Magazinen.

Griggs Company und die frühen 1960er

Eine Anzeige in Shoe & Leather News, einem britischen Katalog für Schuhe und Lederbekleidung, erregte die Aufmerksamkeit von Bill Griggs, dem Geschäftsführer des Schuhherstellers R. Griggs & Co.[4] Der englische Schuhmarkt war hart umkämpft, Marktführer waren die so genannten Tuf Boots, und wie viele andere suchte Griggs nach einem innovativen neuen Produkt. Griggs erwarb eine Produktionslizenz von Märtens und Funck zum Fertigen von Sicherheitsstiefeln. Da ihm jedoch die Technologie und die Werkzeuge fehlten, um die Sohlen herzustellen und zu befestigen, entwickelte Griggs mit der Northamptonshire Productive Society Ltd. (NPS) einen Schuh, der aus einer Solovair-Sohle und Griggs' Obermaterial bestand.[5] Er änderte das Design der Schuhe in einen konservativeren Stil, da er die Schuhe als strapazierfähige Arbeitsstiefel produzieren und vermarkten wollte. Hinzu kam die gewölbte Lederkappe auf den Zehen sowie ein gelber Nähfaden, der bis heute das Markenzeichen der Dr. Martens ist. Am 1. April 1960 gingen die Dr. Martens als Stiefel mit acht Löchern für das Schnürband in Produktion. Von 1960 bis 1995 wurden Dr. Martens von NPS unter dem Namen „Dr. Martens by Solovair“ hergestellt.[6] Nach Ablauf der Schutzfrist stellte Griggs eigene Sohlen für die, ab diesem Zeitpunkt als „Dr. Martens AirWair“ bezeichneten, Schuhe her und kreierte das Logo mit dem Slogan „with bouncing soles“.[7][8]

Wie geplant verkauften sich die Stiefel, deren Sohlen unempfindlich gegen Öl, Benzin oder Säuren waren, zu Beginn sehr gut als Arbeitsschuhe an Soldaten, Postboten, Polizisten und Fabrikarbeiter. Aufgrund der von Beginn an hohen Popularität brachte Griggs sehr schnell auch die Schuhvariante mit drei Schnurlöchern auf den Markt, die vor allem bei der britischen Post sehr gut aufgenommen wurde. Durch eine Wachsschicht waren die Lederteile wasserabweisend. Bis heute hat der Dr. Martens seine charakteristische Form behalten, wurde aber in unterschiedlichen Größen, Höhen und Farben produziert.

Der erste populäre Träger der Dr. Martens war Tony Benn, der als Sozialist im britischen Parlament saß. Er war ein Verfechter der Rechte von Arbeitern und Gewerkschaften und wollte auf diese Weise die Verbundenheit demonstrieren. Bis heute wird dieses Symbol von vielen politisch Engagierten eingesetzt, die sich der Arbeiterklasse verbunden fühlen. Als Element der Mode war dieser Stiefel zu diesem Zeitpunkt noch nicht geeignet, gerade zu einer Zeit, als London als Modestadt berühmt wurde und viele spektakuläre Schuhmodelle den Markt überfluteten.

Gegenwart

Am 1. April 2003 wurden die Fabriken von Dr. Martens AirWair im Vereinigten Königreich geschlossen, womit über tausend Angestellte ihre Arbeit verloren. Alle Dr. Martens AirWair-Schuhe und -Stiefel werden aktuell in Vietnam, der Volksrepublik China und Thailand produziert. Dazu wurden die Maschinen nach Asien gebracht.[9] Die Frage der Qualität wird unterschiedlich beurteilt: Einerseits wird auf eine angeblich höherwertige Verarbeitung in England verwiesen, andererseits gilt die Verarbeitung heutzutage als gleichmäßiger als dies früher der Fall war. Die Sohlen sind etwas heller und durchsichtiger als die in England produzierten und es wird ein anderes Leder verwendet, welches das Eintragen der Schuhe verlängern soll.

Seit 2007 gibt es unter dem Namen „The Vintage Collection“ eine Neuauflage klassischer Dr.-Martens-Schuhe, die in England hergestellt werden. Die Schuhe der „The Vintage Collection“ sind nicht mit den vor 2003 gefertigten Schuhen identisch. Der Verkaufspreis dieser Exemplare ist um einiges höher als der der regulären Schuhe.

AirWair International / R. Griggs Group Limited wurde im Oktober 2013 vom Finanzinvestor Permira übernommen,[10]

Seit 2016 bietet Dr. Martens vom Großteil seiner Modelle auch vegane Varianten an, die aus überwiegend synthetischen Materialien erzeugt werden.[11]

Der Hersteller bietet in der Regel die gesetzliche Gewährleistung unter Ausschluss von Abnutzung, passendem Sitz und Komfort auf seine Produkte.[12] Für die Serie Dr. Martens For Life wurde bis 2018 eine lebenslange Garantie in Form einer Reparatur oder eines neuen Schuhs gewährleistet.

Im Januar 2021 erfolgte der Börsengang, wobei Permira 40 % der Aktien in den Streubesitz verkaufte.[13]

Kulturelle Bedeutung

Sondermodell 2020 Docs for Pride

Die Schuhe dieser Marke spielen in diversen Subkulturen eine wichtige Rolle, so u. a. in der Skinheadszene, im Punk, in der Wave- und Dark-Wave-Szene, in der EBM-Szene oder auch in der BDSM- und der Kink-Szene. In Verbindung steht damit oft eine bewusste Anknüpfung an einen Arbeiterklasse-Stil.[14] Als Markenzeichen mancher gewalttätiger oder rassistischer Gruppen wurden die Schuhe außerdem oft mit Gewalt und Rassismus assoziiert.[15][16]

Arbeitsschuhe und schwere Stiefel werden auch als Erkennungszeichen von queeren Personen getragen,[17] die Geschlechterrollen hinterfragen. Die Marke unterstützt dieses Statement auch durch gezielte Werbung und Sondermodelle.

Literatur und Musik

Commons: Dr. Martens – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  • Offizielle Website von Dr. Martens
  • Dr. Martens: Geschichte
  • Vergleich zwischen einem Paar Dr. Martens vor 2003 und der „Vintage Collection“-Neuauflage
  • Schuhe von Doc Martens. Schritt für Schritt um die Welt. Bayerischer Rundfunk, 29. Mai 2016, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 31. Mai 2016 (auch als YouTube-Video unter youtube.com).@1@2Vorlage:Toter Link/www.br.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)

Einzelnachweise

  1. Prospectus January 2021, Dr. Martens plc, abgerufen am 2. Juli 2021.
  2. a b Wolfgang Schütz: Das Phänomen Dr. Martens: Der Kult ist tot. In: Augsburger Allgemeine. 5. Oktober 2023, abgerufen am 13. März 2024.
  3. a b Doc Martens: Die Kultschuhe aus Seeshaupt. In: Merkur. 7. Dezember 2015, abgerufen am 13. März 2024.
  4. Chris Pyke: The rise, fall, and rise again of British icon Dr Martens. In: Northants Live. 8. Oktober 2021, abgerufen am 13. März 2024 (englisch).
  5. L’incroyable histoire des Solovair, des Docs Martens qui n’en ont pas le nom. In: lecatalog.com. 13. Januar 2018, abgerufen am 5. Oktober 2020 (französisch).
  6. History. In: NPS Solvair. Abgerufen am 13. März 2024 (englisch).
  7. History. In: eu.nps-solovair.com. Abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch, Geschichte von NPS und Solovair).
  8. Embodying a county’s heritage. In: business-times.co.uk. 24. April 2017, abgerufen am 5. Oktober 2020 (englisch).
  9. Lena Jakat: Kultstück auf Luftpolster. In: Süddeutsche Zeitung. 1. April 2010, abgerufen am 13. März 2024.
  10. Finanzinvestor schluckt Kult-Schuhmarke Dr. Martens. In: WAZ. 24. Oktober 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Dezember 2013; abgerufen am 22. November 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.derwesten.de
  11. Vegane Dr. Martens. In: Vegane-Schuhe.org. Abgerufen am 19. Juli 2019.
  12. http://www.drmartensforlife.com/
  13. Schuhmarke Dr. Martens legt erfolgreichen Börsenstart hin. In: n-tv Nachrichten. Abgerufen am 5. Juni 2021.
  14. Die Geschichte von Dr. Martens: Des Doktors bequeme Stiefel, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. November 2020; Zugriff am 10. September 2023
  15. Sarfraz Manzoor: Dr Martens at 50: these boots were made for… everyone, The Observer, 31. Oktober 2010, abgerufen am 28. Juni 2021.
  16. «Ein zu Schuh gewordenes ‹Fuck you›»: Warum Dr. Martens jetzt wieder Trend sind, Aargauer Zeitung vom 21. November 2020; Zugriff am 10. September 2023
  17. How Doc Martens Became a Staple in Lesbian’s Closets. 19. Oktober 2021, abgerufen am 22. März 2023 (englisch).
  18. Madball-Bandseite des Labels „Nuclear Blast“. Abgerufen am 23. Dezember 2014.