Die Entstehung des Textes wird um das Jahr 1926 angenommen. Brecht hatte ursprünglich vor, ihn in die Hauspostille einzubringen, arbeitete ihn aber stattdessen in die Dreigroschenoper ein. Die ursprüngliche Melodie stammte von Brecht und wurde 1926/27 von Franz Bruinier zu einer Orchesterfassung ausgearbeitet.[1] Ab 1927 schuf Kurt Weill die veröffentlichte Musik zur Seeräuber-Jenny unter Beibehaltung der brechtschen Refrainmelodie.[2]
Die Uraufführung erfolgte im August 1928 in der Dreigroschenoper, gesungen von Roma Bahn.[3] Später verwendete Brecht 1933/34 in seinem einzigen abgeschlossenen Roman, dem Dreigroschenroman, die Ballade erneut.[4]
Form
Die Ballade ist in Brechts typischer Ablehnung der geformten Sprache sprachlich einfach gehalten, um der gesprochenen Sprache gerecht zu werden. Die vier Strophen der Ballade umfassen in der Bühnenfassung je zwölf Verse, im Roman hat die zweite Strophe bei gleichem Text durch einen zusätzlichen Zeilenumbruch einen Vers mehr. Die jeweils letzten drei Verse einer jeden Strophe bilden den Refrain.[1]
Vortrag und Inhalt
Das Lied wird in der Dreigroschenoper von der Figur der Polly auf ihrer Hochzeit vorgetragen, wobei Polly nicht mit der Ich-Figur der Ballade identisch ist (1. Szene, 2. Aufzug). In der Verfilmung der Dreigroschenoper von 1931 wird das Lied an anderer Stelle von Lotte Lenya, Kurt Weills Ehefrau, in der Rolle der Spelunken-Jenny gesungen. Im Dreigroschenroman wird es am Anfang des zehnten Kapitel des zweiten Buches als „Träume eines Küchenmädchens“ nicht mehr in Verbindung mit Polly gebracht.
Die Ich-Figur beschreibt ihr armseliges Dasein als Dienstmagd eines billigen Hotels und beschreibt eine phantastische Zukunft, in der ein Piratenschiff ihretwegen vor der Stadt aufkreuzt und alle, die sie verachtet haben, auf ihr Geheiß hin von den Seeräubern getötet werden.
Textauszüge
Meine Herren, heute sehen Sie mich Gläser abwaschen
Und ich mache das Bett für jeden.
Und Sie geben mir einen Penny und ich bedanke mich schnell
Und Sie sehen meine Lumpen und dies lumpige Hotel
Und Sie wissen nicht, mit wem Sie reden.
Und Sie wissen nicht, mit wem Sie reden.
[...]
Und an diesem Mittag wird es still sein am Hafen
Wenn man fragt, wer wohl sterben muss.
Und dann werden Sie mich sagen hören: Alle!
Und wenn dann der Kopf fällt, sag ich: Hoppla!
Und das Schiff mit acht Segeln
Und mit fünfzig Kanonen
Wird entschwinden mit mir.
Coverversionen
Die (zweite) englischsprachige Übersetzung als Pirate Jenny von Marc Blitzstein wurde 1954 bei der Aufführung der Threepenny Opera in New York[5] ebenfalls wie in der Verfilmung von Lotte Lenya in der Rolle der Jenny gesungen.[6][7]
Bertolt Brecht: Gesammelte Werke. Werkausgabe Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 1967.
Albrecht Dümling: Von wem stammt „Die Seeräuber-Jenny“? Quellen, Rezeption und Reaktionen. In: Dreigroschenheft. Informationen zu Bertolt Brecht, 24. Jahrgang, Heft 3, 2017, S. 13–27.
↑Die amerikanische Erstaufführung 1933 beruhte auf einer Übersetzung von Gifford Cochran und Jerrold Krimsky; sie wurde nach zwölf Tagen abgesetzt. Vgl. Kurt Weill Foundation (New York): Threepenny Opera chronology (Memento des Originals vom 30. April 2006 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.threepennyopera.org.
↑Howard Pollack: Marc Blitzstein: His Life, His Work, His World. Oxford University Press, New York 2012, ISBN 978-0-19-979159-0