Das BMFSFJ unterstützt seit 2001 verschiedene Programme zur Extremismus-Prävention. Demokratie leben schloss sich ab Januar 2015 den zum Ende 2014 auslaufenden Bundesprogrammen Toleranz fördern – Kompetenz stärken und Initiative Demokratie Stärken an.[3]
Mit dem Projekt will das BMFSFJ das zivilgesellschaftliche Engagement für die Demokratie und gegen Extremismus unterstützen.[4] Gefördert werden Projekte von Organisationen, Initiativen, Vereinen und Bürgern. Zu Demokratie leben gehören Projekte auf kommunaler, regionaler und überregionaler Ebene.[5] Die Ziele lauten zusammengefasst: Demokratie fördern, Vielfalt gestalten, Extremismus vorbeugen.[6] Die fehlende Präzision wurde in den Medien kritisiert.[7]
Entwicklung
Die Auftaktkonferenz von Demokratie leben fand im Februar 2015 statt.[3] Das Förderbudget für 2015 betrug 40,5 Millionen Euro. Dadurch wurde die Zahl der Lokalen Aktionspläne (LAP) „für demokratisches Handeln und gegen rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen“ von 170 auf 220 gesteigert.[2] Außerdem wurde die Förderung von „Modellprojekten gegen Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Antisemitismus, Homophobie und Transgender-Diskriminierung sowie für die Demokratieentwicklung im ländlichen Raum“ ausgeweitet, indem bei einem Gesamtbudget von 6 Millionen Euro die Förderzuschüsse von zuvor bis zu 50 % auf bis zu 80 % der Projektkosten erhöht wurden.[2] Zudem sollten Demokratiezentren in den Bundesländern zur „Vernetzung und Förderung von mobiler Beratung und Opferberatung“ mit bis zu 400.000 Euro gefördert werden.[2]
Auch der durch das BMFSFJ geförderte Deutsche Engagementpreis erhielt ein höheres Budget, um in verschiedenen Kategorien, wie „Chancen schaffen“, „Grenzen überwinden“, „Leben bewahren“, „Generationen verbinden“ und „Demokratie stärken“ mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnungen zu verleihen.[8]
2016 wurde das Budget auf 50 Millionen Euro erhöht und anschließend 2017 auf 104,5 Millionen Euro verdoppelt.[9][4] In Kooperation mit Scholz & Friends startete 2017 eine groß angelegte Werbekampagne, um Demokratie leben bekannter zu machen und für demokratisches Engagement zu werben.[7][10][11]
2018 betrug das Gesamtbudget 120,5 Millionen Euro, über 600 Projekte wurden gefördert.[12]
2019 betrug das Gesamtbudget 115,5 Millionen Euro.[13][14]
2023 betrug das Gesamtbudget 182,0 Millionen Euro.[15][16]
2018 geriet Demokratie leben in die Kritik, als bekannt wurde, dass das BMFSFJ insgesamt 51 Projektträger heimlich durch das Bundesamt für Verfassungsschutz durchleuchten ließ.[18][12]
2024 wurde die mangelnde Kontrolle der einzelnen Projekte kritisiert. Weiter kam Kritik an der Förderpraxis auf, die ab 2025 Projekte mit Finanzierungen für bis zu 8 Jahre, über die Legislaturperiode der folgenden Bundesregierungen hinaus, ausstatten soll.[19][20]
Evaluation
Das Programm wird in wesentlichen Teilen durch die Außenstelle des Deutschen Jugendinstituts in Halle an der Saale, welches bereits seit 2001 auch die Vorläuferprogramme begleitet, evaluiert. Es hat die wissenschaftliche Begleitung im Handlungsbereich Land, im Handlungsbereich Bund, im Handlungsfeld „Demokratieförderung“ und „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe“ inne sowie die Gesamtevaluation des Programms.[21]
Kürzungsdiskussion, Umstrukturierungen, Forderung nach Demokratie-Fördergesetz
Ende September 2019 wurde bekannt, dass BundesfinanzministerOlaf Scholz und die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und JugendFranziska Giffey eine Kürzung um 8 Millionen Euro planten.[24][25] Darüber hinaus könnten viele seit Jahren etablierte und erfolgreich arbeitende Projekte nicht weiter gefördert werden, da die Förderung dieser sogenannten Modellprojekte nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen auslaufen müsse.[26][27] Franziska Giffey forderte deshalb ein sogenanntes Demokratie-Fördergesetz, was bisher auf Ablehnung der CDU/CSU stieß.
Am 9. Oktober direkt nach dem Mordattentaten von Halle erklärten Scholz und Giffey dann, die geplante Kürzung für ein Jahr zurückzunehmen und auf der gleichen Höhe wie 2019, die nächsten fünf Jahre fortzuführen. Zum angestrebten Demokratie-Fördergesetz soll die CDU/CSU nun Gesprächsbereitschaft erklärt haben.[28][29][30] Da jedoch viele etablierte und erfolgreiche Programme nicht weiter verlängert wurden und nun vor dem Aus stehen, verfassten 120 Organisationen der Zivilgesellschaft sowie rund 120 Unterstützer[31] unter Federführung der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD), einen gemeinsamen offenen Brief an Franziska Giffey.[32][33]
Auch nach dem Anschlag in Hanau 2020 wurde erneut über die sogenannte „Demokratieförderung“ diskutiert; ein mögliches Gesetz zur Ermöglichung von dauerhaften Förderungen für Demokratieprojekten sei durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion blockiert worden.[34]
↑ abcdMiriam Hollstein: Manuela Schwesig: „Linksextremismus ist ein aufgebauschtes Problem“. Hrsg.: Die Welt. 30. Juni 2014 (welt.de [abgerufen am 11. September 2019]).
↑ abSusanne Gaschke: Werbekampagne: 100 Millionen Euro für „Demokratie-Projekte“ – doch was bringen sie? Hrsg.: Die Welt. 7. Mai 2017 (welt.de [abgerufen am 11. September 2019]).
↑Konrad Litschko: Förderung von Anti-Rechts-Projekten: Nur noch bis zum Jahresende. In: Die Tageszeitung: taz. 21. Mai 2019, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 11. September 2019]).
↑Bundesregierung: Bundeshaushaltsplan 2023, Einzelplan 17, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 5. Dezember 2022, abgerufen am 27. August 2024 (In einer Pressemitteilung vom 14.12.2022 schrieb die Bundesregierung von 200 Millionen Euro für das Programm. Der Einzelhaushalt weist 182 Millionen Euro für Demokratie Leben aus, weitere 18 Millionen für das Programm "Menscen stärken Menschen" – zusammen die Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie in Titel 684 01-165.).