Die ARD Degeto Film GmbH (kurz Degeto, auch ARD Degeto; Kunstwort aus Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild)[3] ist die gemeinsame Filmproduktions- und -einkaufsorganisation der ARD. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main auf einem Nebengelände des Hessischen Rundfunks (HR) und beschäftigt 89 Mitarbeiter. Ihre Gesellschafter sind die Landesrundfunkanstalten der ARD bzw. deren Werbetöchter.
Die ARD Degeto erwirbt fiktionale Programme für das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste, die Dritten Programme der Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR, WDR), 3sat, ARTE sowie für One und die weiteren ARD-Spartenkanäle. Die Programmbeschaffung erfolgt durch Auftrags- und Koproduktionen sowie Lizenzkäufe von Spiel- bzw. Fernsehfilmen und Serien in redaktioneller Verantwortung. Daneben leistet die Degeto vertragstechnische und administrative Dienstleistungen für ARD-Gemeinschaftsproduktionen und -Anstaltsbeschaffungen. Ihr obliegt auch die Verwaltung der Programmbestände und deren Bereitstellung für die ARD. 2021 lieferte die ARD Degeto an die Programme 733.774 Sendeminuten für 10.453 Sendetermine.[4]
Geschichte
Das Unternehmen wurde 1928 als Deutsche Gesellschaft für Ton und Film e. V. gegründet und produzierte und vertrieb in den 1930er und 1940er Jahren Propagandafilme für die Reichsregierung Hitlers.[5] Es firmierte seit 1937 als Degeto–Kulturfilm G.m.b.H., ab 1942 als Degeto Film GmbH. Nach der Reaktivierung 1952 durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Hessischen Rundfunk war das Unternehmen ab 1954 zunächst im Besitz der Werbung im Rundfunk GmbH, einem Tochterunternehmen des hr, und wurde 1959 von den ARD-Anstalten gemeinschaftlich übernommen.[6]
Die Degeto erwirbt für ihre Gesellschafter Lizenzen an Fernsehsendungen aller Art, insbesondere Spielfilmen und Serien. Dazu werden auch Sendungen kofinanziert, Produktionsbeteiligungen geleistet, Eigenproduktionen hergestellt und Synchronisationen ausländischer Produktionen in Auftrag gegeben. Hierfür steht der Degeto von ihren Gesellschaftern ein jährliches Budget von zurzeit (Stand 2017) rund 400 Millionen Euro zur Verfügung.[7]
In der Medienkritik wurde gelegentlich auch von einer Degetoisierung oder Degetosierung gesprochen. So beklagte 2006 der Bundesverband Regie (BVR) eine „Degetoisierung“ der Fernsehkultur beim Intendanten des MDR. Eigentlich sei die Degeto für den Einkauf von Filmlizenzen verantwortlich, wandte sich aber seit etwa dem Jahre 2000 zunehmend der Fernsehproduktion zu. Nach Ansicht des BVR sei „die allgemeine inhaltliche und ästhetische Verflachung des Programms mit den Interessen der Degeto verbunden, die mittelbar ein Interesse an einer allgemeinen Trivialisierung [hat] und [der] damit verbunden Depolitisierung des Programms zuarbeitet.“[16] Der Fernsehkritiker Torsten Körner sagte etwa anlässlich der Verleihung des Bert-Donnepp-Preis 2009: „Statt Menschen sehen wir viel zu oft brave Landschaften, pilcherisierte Täler und degetosierte Wälder“.[17]
Die FAZ nannte 2005 Degeto auch als „heimliche Supermacht des Kitschfilms“, die aufgrund des Quotendrucks durch die privaten Sender entstand. So ließ der ARD-Fernsehfilmkoordinator Jürgen Kellermeier „ein Manifest erarbeiten, das von den Programmdirektoren der anderen Anstalten im Jahr 2000 abgenickt wurde“. Eine Filmproduktion solle demnach „attraktiv, unterhaltsam und/oder interessant/relevant (möglichst generationenübergreifend)“ sein. Für Titel galt die Vorgabe „einladend, anziehend, mit attraktivem und interessantem Assoziationsfeld“. Wichtig seien „Emotionalität“ und eine Erzählweise, die „unkompliziert, einfach, klar, auf keinen Fall verwirrend“ sein dürfe. Außerdem seien „Hauptdarsteller mit möglichst hohem Bekanntheitsgrad“ einzusetzen, die sich in einem „attraktiven, zumindest interessanten, nicht abstoßenden Milieu“ zu bewegen haben. Als Negativbeispiel wird in der Kritik häufig die Serie Das Traumhotel (2004–2014) herangezogen.[18]
Rolf Aurich: Die Degeto und der Staat. Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn. edition text + kritik, München 2018.
Nicolas Henning Bräuer: Von ersten Filmen zu Filmen im Ersten. Die Geschichte der Degeto und wie sie zur Spielfilmzentrale der ARD wurde. In: Rundfunk und Geschichte 47 (2021), 1–2, S. 68–83.